Mit Kleister überschüttet

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Sie kämpfen für Grundrechte auf der Basis von GrundrechtenSollen sie nach Kornblum Strafe zahlen oder das Bundeverdienstkreuz bekommen?

„Wir versinken lieber im Kleber als in Flutkatastrophen!”

Von Carla Hinrichs, München, 14.12.2022, 10:15 Uhr

In der Münchner Innenstadt (auf der Von-der-Tann-Straße) haben zwei Unterstützer:innen der Letzten Generation sich heute neben einem UHU-Fass mit Kleber überschüttet. Sie trugen Neoprenanzüge und hielten ein Banner, das ein bisher noch unveröffentlichtes Ereignis in der nächsten Woche ankündigt: „Was wird Dienstag wohl passieren?”

Die Handlung zeigt die Absurdität der am 09.12.2022 von der Bayerischen Landeshauptstadt erhobenen präventiven Allgemeinverfügung gegen Klebe-Versammlungen. Diese verbietet jeglichen Protest, bei dem sich Klimaaktivist:innen auf der Straße fixieren. [1]

Von Verboten und Gefängnisstrafen lassen sich die Menschen der Letzten Generation nicht abhalten – weiterhin befinden sich neun

Unterstützer:innen in bayerischen Gefängnissen in Präventivhaft.

„Das Klebe-Verbot ändert gar nichts. Wir werden uns weiterhin so oft und mit so viel Kleber wie nötig auf Münchens Straßen kleben. Das Verbot einer demokratischen Protestform zeigt lediglich die Unfähigkeit der Regierung, angemessen auf die drohende Klimahölle zu reagieren und unseren einfachen, überlebenswichtigen Sicherheitsmaßnahmen nachzukommen. Der Widerstand wird weitergehen. Menschen, die die Verfassung schützen wollen, kann man nicht verbieten”, stellt Sprecher der Letzten Generation Jakob Beyer klar.

Antonia Vollbrecht, die heute in der Nähe des Prinz-Carl-Palais in Kleber gebadet hat, erklärt: „Wir gehen täglich für das Überleben unserer Kinder auf die Straße. Es ist absurd zu denken, man könnte uns von diesem überlebenswichtigen Vorhaben durch ein einfaches Verbot abhalten. Es ist fünf vor zwölf – wir können nicht warten, bis die Deiche brechen. Ich versinke lieber jetzt in Kleber, als in drohenden Flutkatastrophen.”

Im Juli 2021 verloren tausende Menschen aufgrund des Hochwassers im Ahrtal ihre gesamte Existenz – und mehr als 130 von ihnen auch ihr Leben. [2] Wissenschaftler:innen zufolge trägt der drohende Klimakollaps Mitschuld an der Flutkatastrophe. [3] Extremwetterereignisse wie Sturzfluten und Rekordniederschläge sind somit die unweigerliche Konsequenz der unverantwortlichen Politik der Bundesregierung.  

Ebenso wurden einige Stunden zuvor in Berlin an 4 Orten friedlich Autobahnausfahrten blockiert. Die Forderungen nach ersten Sicherheitsmaßnahmen gegen den drohenden Klimakollaps bleiben dabei unverändert: die Rückkehr des 9-Euro-Tickets und ein Tempolimit von 100 km/h auf allen deutschen Autobahnen.

Sprecherin der Letzten Generation Aimée van Baalen fragt sich: „Wann untersagt endlich jemand der Bundesregierung die aktive Befeuerung der Klimakatastrophe? Wann untersagt jemand riesigen Konzernen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen? Wir untersagen weiterhin unseren Gehorsam in einem System, das uns umbringt! Was wirst du tun?”

[1] Aktionen von Klimaaktivisten: München untersagt Klebeproteste | tagesschau.de
[2] Video: Staatsakt für Flutopfer: Rheinland-Pfalz erinnert an die mehr als 130 Toten | tagesschau.de
[3] www.klima-allianz.de/news/detail/die-flutkatastrophe-im-juli-2021-in-deutschland-und-die-klimakrise
Hintergrundinformationen:

Die UN sieht keinen glaubhaften Kurs mehr, auf dem die 1,5-Grad-Grenze noch eingehalten werden kann. Um die schlimmsten Folgen der Klimakrise noch zu begrenzen, braucht es, so heißt es im kürzlich veröffentlichten Umweltbericht, einen radikalen gesellschaftlichen Wandel.[1] Alle Szenarien des IPCC ergeben, dass wir die 1,5-Grad bereits um das Jahr 2030 herum erreichen werden.[2] [3] Mit dem Überschreiten der 1,5-Grad-Grenze wird das Auslösen von fünf Klimakipppunkten wahrscheinlich, fünf weitere können ab diesem Punkt ebenfalls ausgelöst werden. Die selbstverstärkenden Effekte, die durch den Menschen dann nicht mehr kontrollierbar sind, treiben die Temperatur noch viel weiter nach oben, sodass wir durch das Verfehlen der 1,5 Grad-Grenze automatisch auf 2-3 Grad globale Erwärmung zusteuern. Was wiederum das Kippen weiterer Elemente begünstigt. [4] 
UN-Klimachef Simon Stiell wendet sich mit deutlichen Worten an die Vereinten Nationen:”Die Entscheidungen der Regierungen müssen jetzt die Dringlichkeit und das kleine Zeitfenster widerspiegeln, das uns noch bleibt, um die verheerenden Folgen eines ungebremsten Klimawandels zu vermeiden.“ [5]

[1] Climate crisis: UN finds ‘no credible pathway to 1.5C in place’ | Climate crisis | The Guardian
[2] Analysis: What the new IPCC report says about when world may pass 1.5C and 2C – Carbon Brief
[3] 148cb0_544aaa3eb24e450ca39c1f9ea5b0f6e7.pdf (climaterealitycheck.net)
[4] World on brink of five ‘disastrous’ climate tipping points, study finds | Climate crisis | The Guardian
[5] UN-Bericht: Welt ist „nicht ansatzweise in der Nähe“ des 1,5-Grad-Ziels – Umwelt, Landwirtschaft & Klima – derStandard.at › Wirtschaft
Pressekontakt der Letzten Generation

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