Zum HAZ-Artikel „Das Wunder von Braunschweig“

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Leserbrief über den Artikel von Klaus Wallbaum in der HAZ vom 21.01.2006 „Das Wunder von Braunschweig“

Es ist schon erstaunlich, wie ein renommierter Journalist wie Klaus Wallbaum jegliche kritische Distanz verliert, wenn er über das „Wunder von Braunschweig“ und über den OB Dr. Hoffmann im Stile eines Hofberichterstatters berichtet. Soll hier vielleicht in Zeiten des kommunalen Vorwahlkampfes das sog. Modell Braunschweig gepriesen werden, um Wege zur hannoverschen Haushaltssanierung aufzuzeigen? Etwas mehr kritische Distanz zum „Wunder“ und etwas mehr kritische Recherche, auch in den Kreisen der Freunde unseres Braunschweig, sind Herrn Wallbaum anzuraten.
Es ist nicht erkennbar, worin das Wunder liegt, wenn der zentrale Schlosspark ohne internationale Ausschreibung unter Wert an einen Kaufhauskonzern verkauft wird und als historisierendes Beiwerk noch eine Schlossfassade vor dem Kaufhaus hängt. Dabei ist auch bezeichnend, dass sich einige Kultureinrichtungen Braunschweigs zukünftig in einem Kaufhaus befinden werden.
Es ist auch nicht erkennbar, worin das Wunder liegt, wenn kommunales Eigentum verkauft wird und mit dem Erlös teilweise Schulden abgebaut werden. Der Braunschweiger Bürger wird beim Abwasserverkauf jedenfalls nicht finanziell entlastet sondern belastet. Wie sich zukünftig trotz Verträgen über 30 Jahre der Braunschweiger Abwasser-Monopolist verhalten kann, wird schon heute an den Gaspreis-Diktaten und an der Pflege der überlandleitungen des Stromversorgers RWE ersichtlich.
Entscheidend ist die Frage, was für eine Stadt wir zukünftig wollen. Einen „Konzern Stadt“, wie OB Hoffmann ihn propagiert, in der die Daseinsvorsorge für den Bürger von Monopolisten an den internationalen Börsen gehandelt wird und bei Verlusten letztendlich wieder der Staat einzuspringen hat oder wollen wir in unseren Kommunen gelebte bürgernahe Demokratie der Werte, in der nicht nur das Haushaltsbuch diktiert und schon gar nicht nur dem Gewinn verpflichtete Unternehmen (siehe Conti). Wollen wir einen Vorstandvorsitzenden oder einen Bürgermeister in unserer Stadt?

Dr. Uwe Meier
Braunschweig

Zitat aus dem Artikel „Das Wunder von Braunschweig“ von Klaus Wallbaum:

„Wenn sich in zehn Monaten die fünfjährige Amtszeit von Braunschweigs Oberbürgermeister Gert Hoffmann dem Ende zu neigt, klingt seine Bilanz wie aus einem Märchenbuch: Die kommunalen Schulden haben sich mehr als halbiert, die Stadt schreibt schwarze Zahlen, es wird tüchtig investiert und ein kühnes Projekt gedeiht im Stadtzentrum: Dort wird das alte, im Krieg zerstörte und 1960 abgerissene Schloss als Einkaufs- und Kulturzentrum wieder aufgebaut. Diese Baustelle ist derzeit ein Touristenmagnet – fast so wie in Dresden, wo der Aufbau der Frauenkirche den Geist des Aufbruchs vermittelte.
Goldene Zeiten in Braunschweig – während reihum die Kommunen klagen, sie würden im Strudel wegbrechender Steuereinnahmen untergehen. Was macht die zweitgrößte niedersächsische Stadt so erfolgreich? „Ein wenig Glück war auch dabei“, räumt der Oberbürgermeister ein.“

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