7 + 1 Fragen an: Leonie Catharina Blank

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1. Wer bist Du? Beschreib Dich in einem Satz!

Ich bin das kleine Mädchen mit der rot–weiß-gepunkteten Lackregenjacke, der Musiker, der sich nie gut genug fühlt, weil seine Eltern ihm nie ausreichend Liebe gaben, die Ökoliebhaberin mit den silbernen Haaren die sonntags beim Biobäcker Brötchen kauft, der bärtige Säufer aus der Kneipe an der Ecke, die Chicka, die dieser falschen Bitch gestern die Fresse poliert hat, und die liebevolle Hausfrau und Mutter, die ihr Leben für ihre Kinder und ihren Mann opferte, manchmal bin ich der Racker mit der Zwille, der alten Omis mit Kirschkernen gegen die Krampfadern schießt.

Im wahren Leben bin ich Leonie Catharina Blank die für „liebe und son Scheiss“ Texte schreibt und versucht, ihren durchgeknallten Kopf mit Würde auf zeitweise herabhängenden, dann wieder gestrafften Schultern zu tragen.

 

2. Warum lohnt es sich, eine Lesung von Dir zu besuchen?

Es gibt ja noch nicht viele Erfahrungsberichte. Ich frage mich selber immerzu warum! Mir wurde gesagt, dass es schön sei, mir zuzuhören, ich vermute allerdings, dass die meisten heimlich Freude daran finden, mir beim nervösen Schwitzen und Verhaspeln zuzusehen. Was davon zutrifft, muss jeder für sich beurteilen.

Am 6. Juli ist der nächste Termin, wo ich mit Marc Domin lese. Musikalisch begleitet werden wir von Zitrone Rock. Das Ganze läuft im Rahmen der von mir veranstalteten Leseabend-Reihe, die sich an jene unter uns richtet, die in dieser schnellen und von flimmernden Kästen geprägten Zeit einen nicht medien-orientierten Ruhepol vermissen. Ich bin für diese Eventreihe immer auf der Suche nach Singer/Songwritern und Text-Liebhabern, die mich begleiten wollen. Wenn ihr Lust habt, mit zu machen, oder jemanden kennt, der einen kennt, der wen kennt, Bewerbung bitte an: Liebeundsonsch..ss@gmx.de oder über Facebook .

 

3. Welchen Text/Texte von Dir möchtest Du hier präsentieren und warum?

Was „altes“ von mir: „Liebe an der Leine“, mein erstes erfolgreiches Baby sozusagen. Von diesem Text habe ich am wenigsten erwartet und am meisten gekriegt. Mit dem hab ich meinen ersten Auftritt gehabt weshalb ich ihm eine besondere Bedeutung beimesse. Der Text wird in der Videobeschreibung angezeigt.

 

 

 

Außerdem hier noch eine kleine Geschichte über das Leben: „Helga“.

Helga ist so diese Art von Mensch, die jeder irgendwie kennt und die allen auf den Sack geht, mir jedoch irgendwie ans Herz gewachsen ist. Mir ist dabei erst im Nachhinein aufgefallen, dass der ich Erzähler schon Anzeichen zeigt, selber die Helga zu werden die er so sehr hasst. Das gefällt mir irgendwie.

http://liebeundsonscheiss.blogspot.de/2012/04/helga.html

 

4. Was war Dein spannendstes Literaturerlebnis?

Mein spannendstes Literaturerlebnis … das könnte so vieles sein. Von Lesungen, auf denen ich war, über meinen ersten Auftritt, bis hin zu Büchern, in die ich hineingetaucht bin und dann verschlungen habe. Aber ich glaube, am spannendsten waren tatsächlich immer die selbst erfundenen Geschichten meiner Mutter die sie vor dem schlafen gehen erzählte. Sie hat immer Teile der Geschichten gesungen, und ich hatte die schönsten und deutlichsten Bilder vor Augen, bevor ich dann eingeschlafen bin.

 

5. Wo findet man Dich im Internet?

Die Blog und Facebook Seiten:

www.facebook.com/LiebeundsonScheiss

liebeundsonscheiss.blogspot.de/

www.facebook.com/Leoniecatharinablank

Mein Videokanal:

www.youtube.com/channel/UCyyj0amKj6pMp0vWO0UX-lA/videos

Naja und dann gibt es noch eine Webseite, die allerdings noch nicht online ist, aber hoffentlich in den kommenden Wochen online gehen wird:

www.liebeundsonscheiss.de

 

6. Welche Unterstützung wünschst Du Dir für Schriftsteller von der Stadt Braunschweig?

Im Allgemeinen wüsste ich nicht, was man sich von der Stadt für Schriftsteller wünschen sollte. Ich glaube, man organisiert sich in Braunschweig untereinander als lyrisch/künstlerisch aktive Front schon ziemlich gut. Ich bin allerdings noch neu in der Szene, also frag mich das in einem Jahr nochmal 😉

Man sollte mir allerdings bitte ein Denkmal erstellen! Nichts großes, so ein drittes Pferd vor den Schloss-Arkaden vielleicht. Oder besser noch: mich als Reiterin eines beflügelten Mastschweines. Das wäre dann zu interpretieren als „Die Beflügelung vor dem Schlacht-Termin oder: Wie ich dem totgeweihten Körper des mit Brot und Spielen ruhiggestellten Schweines wieder Sinn verlieh! Das Schwein stünde natürlich für die RTL II guckende und kein Müll trennende Menschheit, die sich mehr mit der Liebe zum Materialismus beschäftigt, als das Leben zu leben.

 

7. Welche Botschaft hast Du mit Deiner Literatur?

Ich bin kein Buddha, Jesus oder schlimmer noch: Gott … Ich schreibe einfach über das, was mich beschäftigt. Mein Kopf ist da recht variabel. Wenn dann als Ergebnis eine Botschaft mitschwingt, die irgendwie hilft, schön! Wenn es völlig sinnloser kram ist, auch gut. Hauptsache es gefällt und löst emotional oder körperlich was aus. Ich denke von lächelnden Augen über Panik und Ekstase bis hin zu Kotzreiz ist sicher für jeden was dabei.

 

+1 Was hat es mit dem Text „während du schliefst“ auf sich?

 

Download: „Während du schliefst“, PDF

 

Ich bin tatsächlich das Opfer einer Vergewaltigung gewesen. Das ist schon viele Jahre her und ich habe mittlerweile die Fähigkeit entwickelt, darüber sprechen zu können. Teile meiner Geschichte sind meine eigenen Erfahrungen, andere Dinge wurden mir von anderen Frauen erzählt. Leider ist es in der Gesellschaft so, dass wir als Opfer nur ernst genommen werden, wenn wir nicht über die schlimmen Sachen reden, weil man sich als normaler Mensch nicht traut, über solche Dinge zu sprechen. Dass ein solches Geschehen allerdings die Psyche eines ’normalen‘ Menschen verändert, vergessen dabei viele! Ich habe schon viele Frauen erzählen gehört und die meisten erzählen ihr Erlebtes mit einem beschämten Lachen. Sie grenzen sich so von ihren schlimmen Erlebnissen ab, versuchen das Erzählte aus einer außen stehenden Perspektive wieder zugeben, damit sie überhaupt darüber sprechen können. Klar ist das für Außenstehende auf der einen Seite schwer zu verstehen, auf der anderen müsste jedem klar sein, dass solche Dinge nicht einfach auszusprechen sind und das jedes Opfer eine gewisse ‚Taktik‘ entwickelt, um sich mitteilen zu können, was letzten Endes für den Verarbeitungsprozess unerlässlich ist! Ich finde es ein Verbrechen der Gesellschaft an die Opfer solcher Taten, diese aus einer „das-gehört sich-nicht“-Einstellung heraus zum Schweigen zu bringen. Die Gesellschaft MUSS lernen, offener damit umzugehen. Es muss jedem klar sein, dass sexueller Missbrauch überall ist und dass es keine Lösung geben wird, solange man sich so sehr fremdschämt, dass wir als Opfer schweigen. Dadurch schlucken wir die Dinge und fühlen uns damit falsch und allein, dabei ist es unheimlich wichtig darüber zu reden und zu lernen, damit umzugehen. Mir hat eine Therapie geholfen, aber noch wichtiger war es für mich zu wissen, dass ich nicht alleine bin und dass ich mich dafür nicht schämen muss. Das konnte ich nur erfahren, indem ich mich geöffnet und andere Opfer kennengelernt habe. Ein sexuell missbrauchtes Kind muss im Durchschnitt zu acht Personen gehen, bevor ihm seine Erzählungen geglaubt werden! Das ist furchtbar schlimm. Für mich gab es nichts Schlimmeres und Erniedrigenderes, als weggeschickt zu werden, nachdem ich all meinen Mut zusammen genommen hatte, um mich anzuvertrauen. Ich habe dann sehr lange geschwiegen. Als ich mich vor kurzem meinem Freundeskreis in einer Notsituation öffnete, haben diese später hinter meinem Rücken gelästert und erzählt, ich würde lügen, um Aufmerksamkeit zu bekommen, denn so was würde man ja nicht einfach so erzählen. Heute bin ich Selbstbewusster und hab mich davon nicht unterbuttern lassen! Mich hat es wütend gemacht und verletzt, dass Menschen, die mir so nah sind, trotzdem nicht hinter mir gestanden haben! Das war dann der Anlass für diesen Text, mit dem ich allen sagen will: Ihr macht euch zu Mittätern, wenn ihr wegschaut, verleugnet und euch fremdschämt!

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