Diskriminierungsfall: Herbe Klatsche für die Stadt am Amtsgericht Braunschweig

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Eingangsbereich des Amtsgerichts. Das Plakat auf den Treppenstufen nimmt Bezug auf einen Fall von Rassismus in der Stadtverwaltung, der auch im Bußgeld-Prozess eine Rolle spielte. Foto: Hans-Georg Dempewolf

Von Arbeitskreis Antidiskriminierung

Das Ziel der Stadt Braunschweig, eine Aufklärung durch die BIBS-Fraktion zu verhindern und die Aufklärenden zu bestrafen, endete mit einem Fiasko am Amtsgericht Braunschweig – vor allem für den Personaldezernenten, Dr. Tobias Pollmann (SPD), der den Deckel auf einen gravierenden Fall rassistisch motivierter Diskriminierung in der Schulverwaltung legen wollte, der seit vier Jahren in der Verwaltung unter den Teppich gekehrt wird.

Denn bereits im August 2019 forderte der damals stellvertretende Leiter im Fachbereich Schule gegenüber Kolleginnen einer Mitarbeiterin, man müsse diese kopfüber über dem Bohlweg aufhängen und steinigen (siehe auch unseren Bericht „Diskriminierung in der Stadtverwaltung„). Auf Nachfragen begründete das der SPD-Politiker mit der Herkunft und den der Betroffenen zugeschriebenen „Wurzeln“ sowie der Scharia,
nach der diese Maßnahmen üblich seien.

Die Betroffene erhielt auf allen Hierarchieebenen trotz intensiver Anstrengungen keinerlei Unterstützung innerhalb der Stadtverwaltung. Am Ende wurde der Täter noch als weisungsbefugter Dienstvorgesetzter der Betroffenen eingesetzt, während die betroffene Soziologin ihre Stelle verlor. Sie lebt inzwischen in einem anderen Bundesland.

Mehrere Medien berichteten über diesen Fall – mit ausweichenden Stellungnahmen der Personalverwaltung (TAZ am 17.10.2022, BZ vom 5.11.2022, Radio Okerwelle am 7.11.2022, RegionalHeute am 16.11.2022, Braunschweig-Spiegel am 7.10.22).

Als einzige Ratsfraktion bemühte sich die BIBS mit mehreren Anfragen um Aufklärung. Doch anstatt mit einer wahrheitsgemäßen und vollständigen Beantwortung der gestellten Fragen reagierte die Stadtverwaltung mit der Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die BIBS-Ratsleute – mit Zustimmung fast aller anderen Ratsfraktionen. Zwei der Ratsleute legten gegen den Bußgeldbescheid über
200,- € Widerspruch ein. Das Amtsgericht Braunschweig hat jetzt die beiden Verfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG wegen fehlender Konkretisierung der vorgeworfenen Handlung eingestellt.

Dieser konkrete Fall steht nur beispielhaft für massive strukturelle Defizite und institutionellen Rassismus in der Verwaltung, die nicht ans Licht der Öffentlichkeit kommen sollten. Daher bleiben viele Fragen offen:

  1. Wer ist für diese Fehlleistungen der Verwaltung verantwortlich und kann ggf. dafür zur Rechenschaft gezogen werden?
  2. Aus welchem Grund hat sich der nahezu versammelte Rat der Stadt vor einem Jahr für solch ein ungewöhnliches Vorgehen gegen eine seiner Ratsfraktionen hergegeben?
  3. Gab es überhaupt ein Disziplinarverfahren gegen den Diskriminierer und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Eine kürzlich erfolgte Fallakteneinsicht der Betroffenen ergab jedenfalls keinen solchen Hinweis.
  4. Wie kann dieses System von Vertuschung und Einschüchterung seitens der Verwaltung im Fall von Rassismus und Diskriminierung in den eigenen Reihen unter der Führung des damals verantwortlichen Personaldezernenten und heutigen Oberbürgermeisters Dr. Thorsten Kornblum (SPD) durchbrochen werden?
  5. Was nützt den Betroffenen eine neu eingerichtete Antidiskriminierungsstelle, die nicht unabhängig handeln kann? (Die Antidiskriminierungsstelle ist über die VHS dieser Stadtverwaltung unterstellt).

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