Diskriminierung in der Stadtverwaltung

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Foto: Uwe Meier

Antidiskriminierungsstelle bei der Volkshochschule
Seit dem 1. Juni dieses Jahres gibt es eine Antidiskriminierungsstelle in Braunschweig. Zuvor veranstaltete die Stadt Braunschweig 2019 den Fachtag „Antidiskriminierungsarbeit in der Stadt Braunschweig“. Gut 120 Personen aus über 20 Institutionen und Vereinen beschäftigten sich auf Einladung der Stadtverwaltung mit dieser Thematik. Knapp drei Wochen später fand die Vorstellung der Ergebnisse im Ausschuss für Integrationsfragen statt. Unabhängig arbeitende Antidiskriminierungsstellen können für Betroffene einiges bewirken. Da ein unabhängiger Träger nicht vorhanden ist, sei die Übertragung auf die Volkshochschule als Träger für drei Jahre eine gute Lösung, so verlautete es unisono im Braunschweiger Rat. Die Volkshochschule ist eine hundertprozentige Tochter der Stadt. SPD und CDU begrüßten die Einrichtung der Stelle. Die Vertreterin der Grünen wies im Verlauf der Ratssitzung darauf hin, dass das Ausmaß des Bedarfs anfangs nicht bewusst gewesen sei. Sie verwies auf eine ihrer Ansicht nach eindrucksvolle Ausstellung im Haus der Kulturen: Die Ausstellung „Wir melden uns zu Wort“ zeigte damals schon anschaulich die Benachteiligungen und Folgen von Rassismus. Jedoch eines der für diese Ausstellung eingereichten Alltagsbeispiele fehlte:

Rassismus in der Stadtverwaltung
Im selben Jahr 2019, in dem nach außen über Antidiskriminierungsarbeit konferiert wurde, sah die Wirklichkeit innen, im Fachbereich Schule, anders aus. Ein leitender Angestellter forderte ihm unterstellte Mitarbeiterinnen Anfang August 2019 unverhohlen auf, eine ihrer Kolleginnnen „…kopfüber über dem Bohlweg aufzuhängen“ und sie „zu steinigen“. Der vermeintliche Geburtsort der Betroffenen war für ihn der Beweis, dass diese Behandlung für so eine Frau passend wäre. Einer Mitarbeiterin, die ihm widersprach, offenbarte er Gründe dafür, weshalb man solche Frauen aufhängen und steinigen dürfe und lieferte sein rassistisches Gedankengut der Nazi-Zeit gleich hinterher: Seinen Rassismus begründet er mit der Scharia, der vermeintlichen „Herkunft“ und den „Wurzeln“ der Betroffenen. Wird etwa dieses Gedankengut im öffentlichen Dienst bis heute toleriert? Damit würde doch der strukturelle und institutionelle Rassismus begünstigt, fragt sich nicht nur die Betroffene.

Der Rassist bleibt
Das Tolerieren menschenverachtender, rassifizierender Aussagen von Seiten der Verantwortlichen in der Stadtverwaltung Braunschweig widerspricht nicht nur den gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers gemäß dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG). Genau dieser Eindruck entsteht, nachdem die Betroffene den rassistischen Vorfall auf allen Hierachieebenen über Monate vergeblich ansprach, um Schutz und Konsequenzen zu fordern. Der Vorgesetzte ist bis heute im Amt, auf einen Antrag jedoch, mit dem die Betroffene um ihre Versetzung ersuchte, erhielt sie bis zu ihrem Ausscheiden Mitte 2021 keine Reaktion. Zentraler Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht einer Dienststelle ist der Schutz bedrohter Mitarbeitender. Hat die Verwaltung ihrer Verpflichtung genüge getan?

Strafanzeige
Auch wegen der fehlenden Konsequenzen seitens der Stadt erstattet die Betroffene im Februar 2020 Strafanzeige wegen „Rassismus und Sexismus“. Anfang 2021 räumt die Staatsanwaltschaft dem leitenden Beamten gegen Auflage einer Geldzahlung in Höhe von 750 € an gemeinnützige Einrichtungen die Möglichkeit ein, ein öffentliches Hauptverfahren abzuwenden. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelt es sich somit bei dem zur Anzeige gebrachten Vorgang um ein Vergehen, das andernfalls zu einem öffentlichen Hauptverfahren mit einer öffentlichen Verhandlung geführt hätte und bei einer Wiederholung geradewegs führen würde. Diese Auflage nimmt der städtische Mitarbeiter an und gesteht damit seine Schuld ein.

Die Betroffene muss gehen
Der Täter bleibt in führender Position, während die Betroffene nicht weiterbeschäftigt wird. Die nach dem Angriff gebotene Fürsorge gegenüber der Diskriminierten fand nicht statt – im Gegenteil. Dienstrechtliche Konsequenzen gegenüber dem Täter sind bis heute nicht bekannt. Eine Anhörung der Betroffenen fand nicht statt. Drei Jahre hätte die Stadtverwaltung dazu inzwischen Zeit gehabt. Ebenso wurden Anfragen des Anwalts der Betroffenen bei der Stadtverwaltung auf Akteneinsicht kontinuierlich abgelehnt. Welches der für die Ausstellung im Haus der Kulturen eingereichten Alltagsbeispiele bereits im Vorfeld aussortiert wurde? Genau das dieser Mitarbeiterin, deren Vorgesetzter während seiner Tätigkeit für die Stadtverwaltung zur Steinigung aufforderte, toleriert von all seinen Vorgesetzten.

Kundgebung der BIBS vor der Ratssitzung am 27.9.22. Den Ratsparteien ist der Fall seit Jahren bekannt. Wann handeln sie endlich? Foto: Peter Rosenbaum

Kommentar:
Die Verwaltung könnte ihre Versäumnisse und Verfehlungen wiedergutmachen und endlich angemessen handeln. Das ganze schöne offizielle Antirassismus-Blabla bleibt ein Lippenbekenntniss, wenn die Wirklichkeit ganz anders aussieht. Der Täter dürfte nicht weiter in Führungsposition arbeiten! Stattdessen versucht die Stadt jegliche Veröffentlichung zu unterdrücken und wehrt sich mit Händen und Füßen und fragwürdigen Rechtsmitteln dagegen. Das nenne ich strukturellen Rassismus! Von allen anderen Ratsparteien kommt – leider nur betretenes Schweigen…

1 Kommentar

  1. Im Kommentar auch gerne die Namen:

    Täter: Knut Goedecke

    Vorgesetzte: Sozialdezernentin Arbogast und Ordnungsdezernent Kornblum, heute Oberbürgermeister

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