Der Park gehört uns …

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Erinnerungen werden wach. Durch die aktuellen Ereignisse in Stuttgart ist unser Kampf zum Erhalt des Braunschweiger Schlossparks wieder gegenwärtig geworden und damit unsere Ohnmacht, unsere Wut und das Schlimmste: Der Umgang mit uns Bürgern.

Das Abwürgen des Bürgerbegehrens im Stadtrat, das weit über 30.000 Unterschriften brachte, und das formaljuristische Austricksen des Bürgerbegehrens, wiesen den Weg zu einer Kommunaldemokratie, unter der die Stadt immer noch leidet.

In der Braunschweiger Zeitung mit Ausgabe 02.10.2010 schreibt der Chefredakteur Herr Maus zu den Ereignissen in Stuttgart: „Sind diese Regeln so geschaffen, dass sie die Bürger rechtzeitig einbinden? Stimmt der Spielraum für Konsensbildung?“ Mit Verlaub, Herr Maus, Ihre Fragen sind richtig, aber sie interessieren die Entscheidungsträger nicht mehr. Bürgerbeteiligung ist was für Soziologenseminare und getragene Präsidialreden. Es werden Entscheidungen getroffen in Kungelrunden, Anwaltskanzleien und Industrie-Staats-Kanzleien oder dem Industrie-Kanzleramt. Bürgerbeteiligung, Herr Maus, ist allenfalls etwas für die Einteilung des Dienstplans für Suppenküchen oder Bürgerbrunch.

In Braunschweig hatten wir nur eine geringe Chance, denn einige wohlhabende Bürger dieser Stadt, darunter federführend Herr Richard Borek, hatten sich vorgenommen, die Träume ihrer Väter Wirklichkeit werden zu lassen. „Das Schloss wird wieder aufgebaut, Original 1 zu 1.“ Das wurde von der örtlichen Presse leider auch so begleitet, und ist in die Köpfe getrichtert worden. Der Preis dafür war fast geschenkt, es war der Schlosspark.

Dazu braucht es einen neuen Bürgermeister, der was durchzieht. Mit der Parole „Sauberes Braunschweig“ wurde gewählt. Im Rat entstand eine Pattsituation, die Stimme des Oberbürgermeisters war also die entscheidende. Damit bekam er die Gestaltungsmöglichkeiten. Ein Schloss sollte es nur geben, wenn ein Kaufhaus in das Schloss integriert sei. Das waren die Bedingungen. Und was gab es: Ein Riesenkaufhaus mit vorgehängter Fassade und einigen teuren Mieträumen.

Gut sieben Fußballfelder war der Park groß. Er war nach dem Abriss der Schlossruine entstanden – der Innenstadtpark, der an dieser sowohl historisch als auch ökologisch belasteten Stelle seine berechtigte Funktion hatte und wichtig war. Sogar das einzig Originale aus der Feudalzeit, die gut 200 Jahre alten Platanen aus dem früheren Schlosspark, mussten dran glauben.

Am 18.Mai 2005 gegen 7.30 Uhr wurde die Katastrophenmeldung weitergegeben, dass die Bäume gefällt werden. Zuvor haben wir erleben müssen, dass ein riesiger aufwendiger Bauzaun um den Park entstanden war. Dieser Zaun hatte uns zu sagen: Wir werden das drinnen schon machen, wie wir das wollen. Ihr seid außen vor. Wer an diesem Vormittag dabei war, wird es in seinem Leben nicht wieder vergessen. Plattmachen im wahrsten Sinne des Wortes (Filmdokumentation). So wie nun in Stuttgart.

Vorher wurde schon in großer Eile zu einer Menschenkette aufgerufen, um den Bauzaun zu umrunden. Konnte man mit genug Protestlern rechnen? Diese Sorge war umsonst. Es kamen sehr viele Menschen und es standen ihnen die Trauer und auch der Zorn in den Gesichtern, denn alle Bäume lagen umgehauen auf dem Boden und der Schredder ließ nicht lange auf sich warten. Wütend wurde gegen den Zaun geschlagen. Ein grausames Bild der Zerstörung.

Heutiges Bild an gleicher Stelle: Ein Kaufhaus mit vorgehängter Fassade mit 30.000 qm Verkaufsfläche. Inhalt: Kettenläden, wie auf der ganzen Welt. Die Gleichmacherei wird als „Shopping in Elegance“ den Bürgern verkauft. Marketing soll der Peinlichkeit abhelfen. Dazu teuer angemietete Räumlichkeiten für die Stadt.

In einer Traueranzeige stand: Wir trauern um den Schlosspark. 270 Bäume mussten durch einen Willkürakt sterben. Am 18.Mai 2005 starb der Erholungsort für viele Braunschweiger Bürgerinnen und Bürger, Brut und Nistplatz für zahlreiche Vögel.

Nach gut sechs Jahren gibt es weiterhin die „Schlossparkfreunde“. Sie sehen und beobachten wachsam, was in dieser Stadt geschieht. Wir veröffentlichen an dieser Stelle den schleichenden Prozess der Ent-Demokratisierung in unserer Stadt und die Übernahme unserer Kommunaldemokratie durch die wenigen und nicht legitimierten, jedoch einflussreichen Bürger.

Den Stuttgartern wünschen wir Kraft, Phantasie, Ausdauer und Mut. Wir in Braunschweig wissen – Stuttgart ist überall!

 

 

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