Verhandlungsfuchs nach Gutsherrenart? Wie OB Hoffmann Alexander Otto über den Tisch zog

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Der Leser der Braunschweiger Zeitung konnte am gestrigen Tage (Artikel: „Schloss-Bau stand zwei Mal vor dem Aus“) zum wiederholten Male nachlesen , wie geschickt Herr Hoffmann den Preis für das Schlosspark-Grundstück nach und nach hochverhandelt hätte bis über die Schmerzgrenze hinaus, jenseits derer das Schloss-Arkaden-Projekt für die ECE unwirtschaftlich geworden wäre. Die ECE habe ursprünglich nur 20 Mio € für das Grundstück bezahlen wollen. Wegen der Schlossfassadenrekonstruktion habe er aber für die Stadt mehr für das Grundstück herausholen und insgesamt 35,4 Mio € verlangen müssen.
Das passt zu der Aussage eines ECE-Managers, der mir einmal versicherte: Wenn Alexander Otto nicht die Kultur so sehr lieben würde, hätte er sich von dem Braunschweiger Projekt längst zurückgezogen.

Eine moderne Heldensaga also: Auf der einen Seite ein Bürgermeister, der sich anschickt, einen Großkonzern über den Tisch zu ziehen, auf der anderen Seite ein Konzernchef, der aus Liebe zur Kultur schließlich klein bei gibt.

Bei näherer Betrachtung bekommt die schöne Geschichte Risse.

Städtische Grundstücke dürfen eigentlich nicht frei nach Oberbürgermeisters Gusto veräußert werden. Für ihre Veräußerung gelten strenge Regularien. Diese besagen, dass diese Grundstücke, wenn sie nicht auf dem freien Markt angeboten werden, in ihrem Wert von einem unabhängigen Gutachter geschätzt werden müssen und mindestens zu diesem Preis auch veräußert werden müssen.

Eine Wertermittlung hat im Falle des Schlossparkgrundstücks auch tatsächlich stattgefunden (allerdings nicht durch einen unabhängigen Gutachter, sondern durch einen Untergebenen von Herrn Dr. Hoffmann). Gemäß dieser im Juli 2003 nach den Verhandlungen mit ECE veröffentlichten Wertermittlung war das Schlosspark-Grundstück 33,5 Millionen € wert.

Der unbefangene Leser stellt sich angesichts dieses Umstandes folgende Frage: Wie konnte Herr Hoffmann mit ECE überhaupt darüber verhandeln, ob er das Schlossparkgrundstück vielleicht für 20 Millionen € übereignen könnte? Und wie kann er behaupten, dass er ECE nach und nach hochverhandelt hätte, wenn doch das Gesetz eine Veräusserung unter Wert ohnehin verbietet?

Wenn alles rechtens zugegangen ist, muss doch wohl am Anfang der Verhandlungen der Grundstückswert objektiv ermittelt worden sein. Diese Wertermittlung hätte eine übereignung des Grundstücks an ECE -z.B. für die besagten nur 20 Millionen € – a priori verboten.

Worin besteht nun Herrn Hoffmanns große Verhandlungsleistung, wenn er das Grundstück doch nicht billiger abgeben durfte als er es tatsächlich getan hat?

Der OB aber erzählt immer neu von solchen Verhandlungen und beharrt auf seinen Verhandlungsleistungen. Weiß der OB eigentlich, was er damit behauptet? In der Konsequenz ergibt sich folgendes Szenario:

Zunächst wurde -unter Ausschluss von potentiellen Mitbietern, die den Preis in die Höhe hätten treiben können- mit ECE ein Preis für das Schlossparkgrundstück ausgehandelt. Er (der OB) wäre eigentlich bereit gewesen, das Grundstück ECE auch für 20 Millionen € zu übergeben, aber vor allem der Wunsch, die Schlossfassade zu bauen, nötigte ihn dazu, diesen Preis auf letztlich 35 Millionen € zu treiben. Nachdem man sich auf diesen Preis geeinigt hatte, wurde ein Untergebener von Herrn Hoffmann damit beauftragt, für das Schlosspark-grundstück den entsprechenden Wert „objektiv“ zu ermitteln. Wenn man sich auf einen Preis von 20 Millionen € geeinigt hätte, hätte man den Untergebenen entsprechend gebeten, einen Wert von 20 Millionen € „objektiv“ zu ermitteln; bei 50 Millionen € einen Wert von 50 Millionen, usw.

Besonders bedenklich stimmt der Umstand, dass in der städtischen Lokalpresse solche Heldengeschichten erscheinen, die den Schluss aufdrängen, dass der OB die Stadt nach Gutsherrenart verwaltet und Mechanismen, die sicherstellen sollen, dass städtisches Vermögen nicht verschleudert wird, zur Farce verkommen sind, ohne dass es die leiseste Irritation gibt.

Was weiter irritiert, ist der Umstand, dass Herr Hoffmann diese Geschichten immer wieder zum Besten gibt. Ich frage nochmals: Weiß er überhaupt, was er da behauptet? Oder -auch das will ich nicht ausschließen- sehe ich Gespenster? Um Aufklärung aus berufenem Mund wird gebeten.

Demnächst ein weiteres Kapitel zum „Verhandlungsgeschick“, mit dem Hoffmann immer wieder prahlt.

P. S. Administrator
Auf einige Früchte oberbürgermeisterlicher Verhandlungskunst wurde hier schon verwiesen, so in:
„Dümmer als die Polizei erlaubt“ oder die Metamorphose von Eigentum zu Schulden, oder in:
Geniale Erschließungen oder die Verschiebung von Zahlungspflichten

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