Über 20.000 Menschen demonstrierten für Frieden und Diplomatie

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Mehr als 20000 Menschen versammelten sich gestern vor dem Brandenburger Tor in Berlin, um für Frieden und Abrüstung zu demonstrieren. Das Bild verrät es: Das Wetter war kalt, trübe und regnerisch. Fotos: Hans-Georg Dempewolf

Update 29.11.23: Die meisten Redebeiträge sind inzwischen durch Video-Mitschnitte auf der Homepage der Initiator:innen der Demonstration anzusehen bzw. zu hören: https://nie-wieder-krieg.org/

Ein breites Bündnis hatte zu dieser Demonstration in Berlin aufgerufen: „Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten“ war das Motto des Aufrufs. Und gut 20000 Demonstrierende hatten sich gestern vor dem Brandenburger Tor für die Auftaktkundgebung versammelt. Auch aus Braunschweig war ein Bus für die Fahrt nach Berlin organisiert worden.

Einige der aus Braunschweig angereisten Aktiven für Frieden und Abrüstung

Rainer Braun begrüßte die Versammelten zu Beginn der Kundgebung. Seiner Meinung nach ist gerade diese Demonstration enorm wichtig, um der ungehemmten Aufrüstungsorgie der Bundesregierung etwas entgegenzusetzen. Er sprach auch von dem sozialen Krieg, der gegen die Bevölkerung geführt wird und der beendet werden müsse. Dieser enge Zusammenhang zwischen ungehemmter Aufrüstung und gleichzeitigem Sozialabbau war auch so etwas wie ein roter Faden, der in praktisch allen Redebeiträgen der Kundgebung immer wieder aufgegriffen und problematisiert wurde.

Sahra Wagenknecht übte scharfe Kritik an der Bundesregierung. Sie beklagte unter anderem, dass die Bundesregierung selbst dann noch einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg ablehnte, als die US-Regierung unter Biden genau dies forderte, um humanitäre Hilfe in Gaza zu ermöglichen. „Was ist nur aus der Partei Willy Brandts geworden?“ – so ihre bittere Anklage. Aber auch ihre Kritik an den grünen Regierungsmitgliedern fiel nicht weniger scharf aus: Die von der Außenministerin in einem Interview geäußerte Ansicht „Es ist nicht Sache der Politik zu sagen, dass die Waffen schweigen sollen“ kann man nur in aller Form zurückweisen.

Gabriele Krone Schmalz erklärte, dass sie eigentlich ungern auf solchen großen Kundgebungen spricht. Aber es in dieser Zeit nicht zu tun würde heißen, sich vor der Verantwortung zu drücken, und das könne sie natürlich nicht. Sie ging unter anderem auf die ständigen Waffenlieferungen der Bundesregierung ein und stellte fest, dass diese Waffenlieferungen eigentlich eine Bankrotterklärung der Politik sind: Denn durch Waffenlieferungen werden andere Möglichkeiten zur Lösung einen kriegerischen Konflikts von vornherein schlicht ausgeschlossen.

Ein weiterer Punkt ihrer Ausführungen war die Kritik an Aussagen wie: In der Ukraine werde auch unsere Demokratie verteidigt. Die sei grundfalsch, genauso wie es grundfalsch gewesen ist zu behaupten, dass unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt werde. Grundsätzlich kann die Demokratie nie irgendwo im Ausland, sondern immer nur im eigenen Land verteidigt und gestärkt werden.

Pablo Miro, ein Musiker, geboren in Argentinien und wegen der Militärdiktatur dort nach Deutschland emigriert, bereicherte die Kundgebung mit einigen Liedern. Eines davon hat er für Julian Assange geschrieben und auf der Kundgebung vorgetragen.

Julian Assange, Gründer der Wikileaks-Plattform, hat dafür gesorgt, dass viele der Kriegsverbrechen des US-Militärs im Irakkrieg öffentlich geworden sind. Sein Name ist untrennbar mit der Friedensbewegung verbunden und die Forderung nach seiner sofortigen Freilassung (er ist immer noch im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh inhaftiert) wurde mehrfach aufgegriffen. Auch auf vielen Transparenten oder Schildern tauchte diese Forderung auf.

Michael von der Schulenburg, der als Diplomat in vielen Ländern auf praktisch allen Kontinenten tätig gewesen ist, fragte zu Beginn seines Beitrags: „In welcher Welt wollen wir leben?“. Er erklärte, dass es eigentlich nur eine Antwort darauf gibt: Eine Welt der Kooperation, eine friedliche Welt ohne Kriege. Leider sieht die Realität anders aus. Zum NATO-Bündnis erklärte er: Es gibt weltweit kein anderes Staatenbündnis, das jemals so viele Kriege geführt hat wie die NATO. Und seit es die NATO gibt ist bis jetzt kein einziger Tag vergangen, an dem nicht einer der NATO-Staaten irgendwo Krieg geführt hätte.

Ein weiterer Punkt seiner Ausführungen war die enorme Bedeutung des Wortes „verstehen“. Für die Lösung eines Konfliktes ist es unerläßlich, die Position und Sichtweise der jeweils anderen Seite zu verstehen. Nur dann ist es möglich, sich in der Diskussion einander anzunähern und einer Lösung näherzukommen. „Verstehen“ hat hier aber nichts zu tun mit „rechtfertigen“, das sollte dabei immer beachtet werden.

Update 29.11.23: Der Redebeitrag ist auf Telepolis vollständig dokumentiert.

Demonstration durch das Berliner Regierungsviertel. Die Forderung nach mehr Diplomatie fand sich auch auf sehr vielen Transparenten und Schildern.

Die Abschlusskundgebung nach der Demonstration war schon etwas in die Zeit der Dämmerung gerutscht. Michael Müller sprach für die Naturfreunde. Zu denen gehörten auch schon so bekannte Persönlichkeiten wie Georg Elser (der schon früh ein (allerdings erfolgloses) Attentat auf Hitler durchführte) sowie der Nobelpreisträger und Bundeskanzler Willy Brandt. Auch er thematisierte den Zusammenhang zwischen Aufrüstung und Sozialabbau, aber auch die Folgen der Aufrüstung für das Klima. Geld, das für die Aufrüstung ausgegeben wird, fehlt für Investitionen gegen den Klimawandel. Und die Menschen werden von einem doppelten Kollaps bedroht: Von Kriegen, die bei Eskalation mit Atomwaffen geführt werden könnten, aber auch vom fortschreitenden Klimawandel mit all seinen Folgen, falls die Erderwärmung nicht schnell genug gestoppt werden kann.

Eine sehr kämpferische Rede am Ende der Kundgebung hielt Ates Gürpinar, stellvertr. Vorsitzender DIE LINKE. Er erinnerte an die enge Verbindung zwischen Faschismus und Krieg: „Der Faschismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen“. Er bedankte sich bei den Initiatoren der Veranstaltung für die klare Abgrenzung zu rechten Gruppen und Parteien. Es kann keine Zusammenarbeit zwischen der Friedensbewegung und rechten Kräften geben.

Kurz vor dem Ende der Abschlusskundgebung. Ein Blick auf die Display-Wand neben der Bühne. Normalerweise werden hier die Rednerinnen und Redner gezeigt, zwischendurch aber immer mal auch ein Blick auf die Menschenmenge von der Bühne in Richtung Siegessäule.

Weitere Bilder, Videomitschnitte und anderes mehr findet sich auf der Homepage der Initiatoren: https://nie-wieder-krieg.org/

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