Vorbemerkung der Redaktion: Im laufenden Wahlkampf fällt auf, dass das Thema Außen- und Friedenspolitik bei den meisten Parteien stark unterbelichtet ist. Das ist erstaunlich, wo der Ukrainekrieg doch in der Bevölkerung sehr umstritten ist, und das nicht nur, weil er erhebliche Milliardenzahlungen verschlingt, die anderswo fehlen. Das BSW dagegen will dieses Thema in den Mittelpunkt stellen. Die Gastautorin stellt nun die politischen Vorstellungen des BSW in Abgrenzung zu denen der Parteien CDU, SPD und Die Grünen dar, und zwar aus einer Position der Sympathie mit dem BSW. Der Braunschweig-Spiegel ist grundsätzlich parteipolitisch unabhängig. Wir bringen den Beitrag in der Hoffnung, dass die angesprochenen anderen Parteien sich aufgefordert fühlen, selber dazu Stellung zu nehmen. Der Braunschweig – Spiegel wird die entsprechenden Beiträge ebenfalls veröffentlichen. Wenn sich daraus eine lebendige Diskussion ergäbe, würden wir uns freuen. a.m.
Von Kerstin Lindner
„Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“ (Willy Brandt)
Bundeswehr und Verteidigungsbündnisse
Die Friedenspolitik des BSW steht im deutlichen Gegensatz zu der Orientierung der anderen wahrscheinlich in den Bundestag einziehenden demokratischen Parteien CDU/CSU, Grüne und SPD.
Alle drei Parteien stehen ohne Wenn und Aber zur transatlantischen Verteidigungsallianz NATO. Nur aus einer Position der Stärke dieses Bündnisses heraus sei die Wahrung von Frieden möglich, so die SPD. Deutschland müsse Verantwortung in einer Welt im Umbruch übernehmen. Um den Bedrohungen des 21. Jahrhunderts die Stirn zu bieten, empfiehlt die CDU/CSU unsere Verteidigungsfähigkeit durch eine aufwachsende Wehrpflicht zu stabilisieren und durch Investieren von mehr Steuergeld zu stärken. Das BSW lehnt eine Wehrpflicht ab. Das Zwei-Prozent-Ziel für die Finanzierung der NATO wird von CDU/CSU und SPD als Untergrenze der Verteidigungsausgaben gesehen. Das liegt ganz im Sinne der Grünen, deren Chef sich sogar für 3,5 Prozent ausspricht, wobei sich diese Partei dahingehend outet, dass für diese Finanzierung eine höhere Kreditaufnahme (Lockerung der Schuldenbremse?) notwendig sei.
Die Militarisierung der internationalen Politik führt zur Feindseligkeit statt zu mehr Frieden zwischen den Völkern.
Das BSW vermittelt in seinem Programm hingegen, dass statt des Machtinstruments NATO für geopolitische Ziele unter Führung der USA ein defensiv ausgerichtetes Verteidigungsbündnis anzustreben ist, das die Grundsätze der UN achtet, Abrüstung vorsieht, statt zur Aufrüstung verpflichtet und den Mitgliedern auf Augenhöhe begegnet. Als einzige Bundespartei setzt sich das BSW für Abrüstung und umfassende Rüstungskontrolle ein bei gleichzeitiger Gewährleistung einer verteidigungsfähigen eigenen Armee entsprechend dem Verteidigungsauftrag im Grundgesetz unter dem Motto: friedensfähig statt kriegstüchtig.
Multipolare Welt statt Hegemonie
Vor dem Hintergrund des Buches: „Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft und der Kampf um Eurasien“ des brisanten US-amerikanischen Strategen Zbigniew Brzeziński erscheinen die Wahlprogrammaussagen der durch die Atlantikbrücke eng mit den USA verbundenen Parteien SPD, CDU/CSU und Grüne wie deren detaillierte Umsetzungspläne in der Gegenwart.
Die Vereinigten Staaten als vermeintlich absteigende Supermacht kämpfen zumeist ohne Rücksicht auf ihre Verbündeten um ihren Einfluss in der Welt, was Brzezińskis These bezüglich des Kampfes der USA um Vorherrschaft in der Welt bestätigt. Die Europäische Union scheint aktuell unfähig, europäische Interessen zu vertreten.
Das BSW will in der Tradition von Willy Brandt eine Politik der Entspannung, des Interessensausgleichs und der internationalen, auf Gleichberechtigung orientierten Zusammenarbeit im Sinne des Multilateralismus umsetzen. Mit CDU/CSU, SPD oder mit den Grünen in Regierungsverantwortung ist zu erwarten, dass sich Deutschland gegen eine multipolare Welt zugunsten einer Hegemonie der USA orientiert.
In den Programmen dieser Parteien werden Russland und China, wie von Brzeziński bereits 1997 in seiner geopolitischen Analyse beschrieben, als geostrategische Rivalen der USA herausgearbeitet. Dreh- und Angelpunkt im Kampf um die Vorherrschaft in Eurasien ist die Ukraine. Diese Auseinandersetzungen zwischen den USA und Russland sind im Ukrainekrieg kulminiert, in dem Russland die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen hat.
Vorgehen im Ukrainekrieg
Das BSW wird für einen Waffenstillstand und Verhandlungen über einen realistischen Friedensplan eintreten. Sie unterstützt die diplomatischen Bemühungen Chinas und der Länder des globalen Südens. Das BSW wird sich für eine stabile Sicherheitsarchitektur einsetzen, die längerfristig auch Russland einschließen sollte. Kein weiteres deutsches Steuergeld (wie z.B. die 3 Mrd. Euro, die von den Grünen, der FDP und von Teilen der SPD noch in der laufenden Legislaturperiode für Waffen gefordert werden) soll zur Verfügung gestellt werden, um den Krieg zu verlängern. Im Gegensatz dazu bekunden CDU/CSU, Grüne und SPD ihre vollumfängliche finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine. Vertraut mit dem Wording des Afghanistankrieges verteidigt die Ukraine auch uns, so das Programm der CDU/CSU. Angst schürend vermittelt das Programm: fällt die Ukraine, droht der russische Angriff auf ein weiteres europäisches Land, ungeachtet dessen, dass das dann ein EU- oder NATO Mitgliedsstaat sein müsste. Das Militärbudget der NATO, selbst ohne das der USA, ist bereits heute, so eine jüngste Greenpeace-Studie, deutlich höher als das russische; die NATO insgesamt verfügt über eine wesentlich höhere Schlagkraft als Russland.
Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland
Die Zusage von Kanzler Scholz zur Stationierung 2026 von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland wird von den Parteien außer dem BSW nur sehr vage kommentiert, alle drei scheinen dahinter zu stehen. CDU/CSU verpflichtet sich bei Übernahme von Regierungsverantwortung, Deutschland zur führenden Kraft beim Aufbau eines nuklearen europäischen Raketenabwehrschirms zu machen. „Russland soll vor uns Angst bekommen. Russland hat jetzt gesagt: Die Waffen in Deutschland sind eine Gefahr für uns.“ (ARD-Bericht in einfacher Sprache). Es ist anzunehmen, dass sich durch die Präsens US-amerikanischer-Mittelstreckenraketen nahe Wiesbaden das Risiko für Deutschland, in einen Krieg einbezogen zu werden, deutlich erhöht und nicht als Friedenssicherung gewertet werden kann. Das BSW lehnt die Stationierung dieser Waffen auf deutschem Territorium ab.
Rüstungsexporte
Auch das Thema Rüstungsexporte in Kriegsgebiete wird von den Parteien unterschiedlich gesehen, was am Beispiel des Marschflugkörpers Taurus deutlich wird. CDU/CSU und die Grünen werden den Taurus in die Ukraine schicken. Das Programm der SPD bezieht sich hingegen auf Kanzler Scholz, der den Marschflugkörper Taurus aus den Beständen der Bundeswehr nicht liefern wird. Wobei aus den Erfahrungen der letzten 3 ½ Jahren vor dem „nicht“ des letzten Satzes vielleicht ein (noch) zu positionieren wäre? Das einzig klare Bekenntnis, sich konsequent gegen diesen Rüstungsexport zu richten, kommt vom BSW.
Frieden im Nahen Osten
Alle vier Parteien treten für eine Befriedung im Nahen Osten ein, für einen sofortigen Waffenstillstand und ernsthafte Verhandlungen über eine Zwei-Staatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern. Als einzige Partei fordert das BSW darüber hinaus, Waffenlieferungen Deutschlands an Israel zu stoppen.
Keine der angesprochenen Parteien stellt die gegenwärtige Ausrichtung, Ausrüstung und Zusammensetzung der NATO in Frage.
Allein dies widerspricht dem BSW.
Keiner der möglichen (wahrscheinlichen) Koalitionspartner (CDU, SPD und Grüne) der nächsten Bundesregierung glaubt, dass nach einer Friedenslösung (in der Ukraine) der Expansionsdrang Russlands mit kriegerischen „Spezialoperationen“ aufhören wird.
Deshalb ist (leider) auch weiterhin ein Ausbau der Verteidigungsfähigkeit der NATO-Staaten notwendig. Die Iron-Dome-Beschaffung und auch die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen sind ebenso notwendig, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands bzw. Europas/EU zu gewährleisten.
Nur die USA als starker Partner im Militärbündnis können den Angriffskrieg in der Ukraine stoppen.
Aber nur zu den Bedingungen des angegriffenen souveränen Staates (Ukraine) kann eine solche Entscheidung getroffen werden.
Wer bezahlt das?
[Scherzmodus ein]
Die Nato ist ein Friedensbuendnis, das hat sie immer wieder bewiesen:
Lybien zu bombardieren hat dem Land Frieden gebracht.
Um den Irak zu bombardieren, haben sie sich extra fuer die UNO einen guten Grund ausgedacht.
Afghanistan sieht besser aus als jemals zuvor.
Der Nato-Militaerhaushalt ist zehn Mal so gross wie der russische, vielleicht waere ein Faktor zwanzig oder dreissig angemessen?
Die Sozialausgaben in Europa sind sowieso viel zu hoch, sagt die CDU.
„Nur die USA als starker Partner“? – Fritz Maerz sagt es doch: Europa verlangt nach deutscher Fuehrung.
Mit der Unterstuetzung von Polen, England, Frankreich und Italien koennen die Russen in der Ukraine bekaempft und besiegt werden.
[Scherzmodus abschalten]
‚Iron Dome‘ ist genauso wenig in der Lage, Oreschnik-Raketen abzufangen (wg. deren hohen Geschwindigkeit) wie THAAD, Patriot oder sonst ein FlaRak-System.
Und nun? Warten auf Amerika? Russland angreifen? Schuldenbremse abschaffen und Waffen bauen? Muenze werfen?