Von Christoph Krämer
Zeitenwende?
Die Menschen, die der geforderten „Kriegstüchtigkeit“ skeptisch gegenüberstehen, sind viel mehr, als uns die „Leitmedien“ einhämmern wollen. Viele haben sogar regelrecht Angst vor der Eskalation des Krieges, der seit jetzt fast 3 Jahren um die Ukraine geführt wird – mit immer mehr NATO-Waffen und mit inzwischen dreistelligen Milliardensummen an Dollar bzw. Euro aus westlichen Steuergeldern. U.a. die Shell-Jugendstudie 2024 sagt: 81% der Jugendlichen in Deutschland haben Angst vor einem Krieg in ganz Europa. Und andere Untersuchungen wie etwa die INSA-Umfrage zum Ukrainekrieg von August 2024 zeigen: EineÜber-2/3-Mehrheit will Verhandlungen (die „Emma“ vom 23.08.24 hat ihre Ergebnisse sehr übersichtlich dokumentiert). Und in der Ukraine selber gibt es eine große Sehnsucht nach
Frieden, die Unterstützung für Selenskyjs kompromisslosen Sieges-Kurs ist viel dünner, als hier tagtäglich dargestellt.
Friedenspolitischer „Wind of Change“ aus den USA?
Vor dem beschriebenen Hintergrund wundert es keineswegs, dass nicht Wenige inständig auf Donald Trump und sein Wahlkampfversprechen hoffen, er werde den Ukrainekrieg „binnen 24 Stunden“ beenden. Trotz aller Zweifel an der Verlässlichkeit von PolitikerInnen-Versprechen im Allgemeinen und Trump-Parolen im Besonderen. Grund dieser Hoffnung: Die Folgen dieses Krieges – ganz besonders für die Menschen in der Ukraine – werden immer schrecklicher, und die Gefahr seiner Ausweitung auf ganz Europa wird immer größer. Von den wirtschaftlichen Folgen – auch für uns hier – ganz zu schweigen.
Zur Erinnerung:
Auf dem Ukrainekriegs-Podium der Braunschweiger Zeitung am 26.02.24 hatte der Autor dieses Beitrags seinen Podiumskollegen, den Brigadegeneral a.D. Klaus Wittmann gefragt, ob er es eine gute Idee fände, kaum 80 Jahre nach der Kapitulation des Hitler-Faschismus wieder Krieg mit deutschen Waffen nach Russland zu tragen. Worauf sich dieser gegen die Frage verwahrte – sich dann aber vorlesen lassen musste, was der Bundestag gerade vier Tage zuvor als Resolution eben diesen Inhalts verabschiedet hatte (eingebracht von der damals noch unangefochten agierenden Ampelregierung).
Am 31.05. kam dann der dazu passende Beschluss mehrerer NATO-Regierungen – darunter der USA und Deutschlands: Lieferung von Waffen an Selenskyj zur Zerstörung strategischer Ziele im Innern Russlands. Schon vor diesem Datum hatte die ukrainische Armee das bereits einmal geprobt – mit Angriffen auf Radarstationen der russischen Nuklearabwehr. Ungeeignet zur Verteidigung der Ukraine gegen russische Luftangriffe, jedoch sehr geeignet zur Provokation einer Antwort Russlands auf diese Gefährdung seiner Nuklearsicherheit, die die NATO ganz direkt in den Krieg mit Russland hätte hineinziehen können. Wovon sich Russland bis jetzt zum Glück enthielt. Die Eskalation durch die NATO ging aber weiter: Der greise – und bereits angezählte – Biden lieferte Selenskyj US-Raketen vom Typ ATACMS, zunächst mit Reichweitenbeschränkung. Im November 2024 änderte er dann, kurz vor Ende seiner Amtszeit, plötzlich seine Meinung und ließ die Raketen von Offizieren der US-Armee entsprechend umprogrammieren. Mit dem Resultat, dass Moskau erklärte, es als direkten Kriegseintritt gegen Russland zu werten, wenn NATO-Staaten so etwas tun, und ihnen mit einer „symmetrischen Antwort“ drohte. Und dies mit dem Abfeuern einer Hyperschall-Mittelstreckenrakete vom Typ Oreschnik auf ein strategisches Ziel in der ukrainischen Stadt Dnipro unterstrich.
Für Deutschland würde das bedeuten: Falls ein künftiger Bundeskanzler Merz deutsche „Taurus“-Marschflugkörper an Selenskyj liefern würde – was er wiederholt von Kanzler Scholz gefordert hatte, der das mit Verweis auf die Weltkriegsgefahr bisher stets ablehnte – und Selenskyj Moskau damit angreifen würde (die Taurus-Sprengkraft und Reichweite von 500 km würde dafür taugen), müssten wir damit rechnen, dass Russland mit einem „symmetrischen“ Angriff auf Berlin antwortet. Was wiederum den NATO-Bündnisfall nach sich ziehen würde, mit völlig unabsehbaren Konsequenzen.
Wer das nicht glauben mag, ist eingeladen zu einer Veranstaltung mit einem hochrangigen Experten, der am 23.01.25 in Braunschweig zur NATO-Russland-Konfrontation sprechen wird:
Harald Kujat – vormals Spitzengeneral der Bundeswehr (als deren Generalinspekteur) sowie auch der NATO (als Vorsitzender ihres Militärausschusses sowie des NATO-Russland-Rats und der NATO-Ukraine-Kommission ihrer Generalstabschefs).
Zurück zu Trumps bevorstehender Amtseinführung:
General a.D. Kujat wird auch darauf eingehen. Was bisher von Trump und seinen künftigen (Grusel-)Kabinett zum Thema zu hören war, ist widersprüchlich. Da er Großes gegen China plant, wäre zur Vermeidung eines Zwei-Fronten-Krieges eine Deeskalation gegenüber Russland vernünftig. Ebenso drohte Trump aber auch bereits mit einer noch viel massiveren Eskalation, wenn Russland (das summa summarum immer mehr im Vorteil ist) seine Friedensbedingungen nicht akzeptieren würde.
Klar ist nur: Die finanziellen Lasten des Krieges will Trump umgehend loswerden. Die jüngsten Berliner Kapriolen zur Steigerung der Selenskyj-Hilfen kurz vor der Bundestags-Neuwahl wirken somit wie ein Durchdrehen in vorauseilendem Gehorsam. Orchestriert von Promotion für die AfD-Chefin durch einen US-Milliardär. Der gleich doppelte inhaltliche Widerspruch – Alternative? Für Deutschland? – scheint weder ihrer Basis noch den „Leitmedien“ aufzufallen. So wenig, wie dort der Begriff „völkerrechtswidrig“ im Kontext von Trump Groff nach Grönland und sogar Kanada zu lesen ist.
Was nun aber tun – hier in Deutschland, in Europa?
- Merz mag für die Anhäufung von Milliarden in den Händen Weniger hoch-kompetent sein. Von außenpolitischer Sicherheit und den Risiken von Massenvernichtungswaffen scheint er aber keine Ahnung zu haben. Der wahrscheinlichste neue Bundeskanzler wäre für Deutschland somit die gefährlichste Wahl. Sie zu verhindern, sollten wir mit allen Mitteln versuchen.
- Verlass auf Trump ist nur in einem Punkt: „America first!“ Das ist keine Binsenweisheit, sondern eine Warnung, in puncto Russland falsche Umkehrschlüsse zu ziehen.
- Eigene Interessen zu haben ist nicht böse, sondern lebensnotwendig. Als Deutsche und EuropäerInnen sollten wir uns nicht blindlings einer Supermacht jenseits des Atlantiks unterwerfen, deren immer gewaltsamerer Kampf gegen ihren Niedergang die ganze Menschheit in den Abgrund reißen kann. Gegen die Doppelmoral ihrer deutschen Zauberlehrlinge sollten wir die Moral der Bewahrung der Erde als Lebensraum und der Bewahrung einer Unzahl von Menschenleben vor ihrer Auslöschung setzen – in der Ukraine, in Russland und auch HIER.
- Was wir brauchen, ist ein eigenständiges, auf Frieden und Kooperation orientiertes Europa – und hierfür eine gemeinsame europäische Zeitenwende statt US-Hyperschall-Raketen in unserem Land (die UNS statt die USA zur Zielscheibe machen). Hin zu einer neuen Sicherheitsarchitektur, gegründet auf die Formulierung unserer eigenen, europäischen Interessen, deren Ausgleich mit denen ALLER europäischen Nachbarn (incl. Russlands), Deeskalation bestehender Konflikte durch Verhandlungen sowie Abrüstung und Um-Investition von Steuermilliarden in vernachlässigte kritische Infrastruktur und ökologische Transformation.
Verhandlungen mit RUSSLAND, ist das nicht illusorisch?
Wer sich näher dafür interessiert, ob und wie das gehen könnte, ist eingeladen zu der o.g. Veranstaltung mit Harald Kujat, der als Spitzengeneral der NATO ganz praktische Erfahrungen damit gemacht hat. Er wird am 23.01. in Braunschweig sein und hier zu den
Themen NATO, Russland, Ukrainekrieg und neue US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland sprechen – um 19:00 Uhr in der Martini-Kirche sprechen (Einlass ab 18:30 h!).
Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten: Anmeldung auf der Akademie-Website (geht auch per mail:“sekretariat.thz@lk-bs.de“, oder per Telefon: 0531 12054 11) – ist nicht obligat, aber empfehlenswert, das Interesse ist groß.
Christoph Krämer