Task Force Innenstadt: Es geht voran! Oder?

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Es ist bald ein Jahr her, dass Oberbürgermeister Dr. Kornblum eine Task Force Innenstadt eingesetzt hat. Der Begriff „Task Force“ stammt ursprünglich aus dem militärischen Bereich, er steht für Schlagkraft und für die gezielte, effiziente Lösung einer Aufgabe. Die Aufgabe besteht darin, das Problem der Leerstände in der Innenstadt zu lösen. 

Das ehemalige Galeria Kaufhaus steht leer, ebenso das ehemalige Karstadt-Einrichtungshaus und die Burgpassage; die Braunschweiger Zeitung meldet, dass in der Innenstadt seit Längerem jeweils um die 20 Läden leer stehen und dass die Zahl der Leerstände in den Randbereichen stark zugenommen hat (auf 75). Inzwischen hat die rotgrüne Mehrheit im Rat zwar ein Einsehen entwickelt und möchte nun auch das angestrebte neue Konzerthaus im Ex-Karstadt-Einrichtungshaus unterbringen, was vermutlich ein Schritt in die richtige Richtung wäre und zur Belebung der Innenstadt beitragen würde. Allerdings droht schon wieder die Schließung von Galeria-Karstadt in der Schuhstraße; die Insolvenz ist angemeldet, ob sich neue Käufer finden und welche Filialen sie gegebenenfalls am Leben halten würden, steht in den Sternen. Das Problem ist also schwerwiegend.

OB Dr. Kornblum hatte der Task Force ein Strategiepapier an die Hand gegeben, das im Wesentlichen darauf ausgerichtet ist, das die Innenstadt „stärker als bisher ein Ort der Bildung, der Kreativwirtschaft, der Begegnung und des Austausches und der Kultur“ werden soll. Dafür wurden zehn mögliche Projekte benannt, die tatsächlich sehr interessant sind (oder wären). Die Aufgabe der Task Force wurde so beschrieben:

„Alle diese Optionen werden jetzt kurzfristig geprüft, erläuterte der OB. Sie würden dann in Einzelvorschläge münden und dem Rat vorgelegt.“ (Strategiepapier März 2023, S.6)

Der Braunschweig-Spiegel hat bei der Stadtverwaltung nachgefragt, was nun an Ergebnissen erzielt wurde. Wenn es tatsächlich um eine kurzfristige Prüfung gehen sollte, wäre da jetzt eine ganze Menge zu erwarten. Die Antworten des städtischen Referates Kommunikation erfüllen den aufmerksamen Bürger nicht gerade mit Zuversicht:

Die Erweiterung des Gymnasiums Kleine Burg? Man stehe „nach wie vor im Austausch mit allen Eigentümern der großen Leerstände“.

Die Bündelung von Räumen der Volkshochschule? „Es haben sich bisher keine Standortoptionen aufgetan“.

Die Verlagerung des Hauses der Familie in die Innenstadt? Es „wird weiterhin nach einem geeigneten Standort gesucht“.

Die Verlagerung der „halle 267-städtische Galerie Braunschweig“ ins Zentrum? „Ein Umzug würde weitere Potentiale heben“. Ja klar, aber was wurde bisher erreicht? Keine Angabe dazu.

Auch in Sachen städtisches Museum und weiterer Museen haben sich „bislang noch keine Optionen ergeben“.

In Hinsicht auf die Projekte „Atelierflächen der HBK“ und „Wissenschaftsgalerie der TU“ werden noch einmal die zu erwartenden Vorzüge dargelegt, aber nichts zu bisher umgesetzten Schritten. 

Task“ zu groß, „Force“ zu klein?

Das Projekt einer „Kulturraumzentrale“ immerhin hat eine ausgearbeitete Konzeption erbracht, auf die nun Schritte zur Umsetzung folgen sollen, die im Herbst dieses Jahres in einem „noch zu identifizierenden Leerstand an den Start gehen wird“. Und für das Projekt eines Jugendparlamentes (das demnächst gewählt werden soll) soll in Räumlichkeiten in der Innenstadt untergebracht werden. Aber in welchen? Das wird nicht gesagt. In einem Papier zur Beschreibung des sehr sinnvollen Projektes heißt es dazu, ersatzweise sei „auch für den Übergang die Unterbringung in alternativen Räumen denkbar“. 

Damit kein Missverständnis entsteht: die angestrebten Projekte bieten viele Vorteile, auch die Grundrichtung des Strategiepapiers leuchtet durchaus ein. Es ist auch klar, dass viele Gespräche, Verhandlungen und Entscheidungsprozesse ihre Zeit brauchen. Aber immer wieder taucht beim geneigten Leser und Bürger die bange Frage auf: Könnte es sein, dass  viel geredet wird, ohne greifbare Ergebnisse zu erreichen? Dass vielleicht das Meiste im Sand verläuft? Mit anderen Worten: dass die „Task“ zu groß ist oder die „Force“ zu klein? 

Es ist an der Stadt und OB Dr. Kornblum, die Bürger vom Gegenteil zu überzeugen.  

Damit sich der Leser selbst eine Meinung bilden kann, hier die Antworten des Referates Kommunikation; die Antworten der Stadt sind jeweils kursiv gesetzt:

Presseanfrage des Braunschweig-Spiegel zum Stand der Umsetzung der Innenstadtstrategie der Stadt

Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist bald ein Jahr her, dass Oberbürgermeister Dr. Kornblum ein Strategiepapier vorgelegt hat, das darauf ausgerichtet ist, einer Verödung der Innenstadt entgegenzuwirken. Nun droht erneut die Schließung des Warenhauses von Galeria Karstadt, das Problem könnte sich dadurch weiter verschärfen (ungeachtet des neuen Plans, ein Konzerthaus im ehemaligen Karstadt Einrichtungshaus unterzubringen). Umso wichtiger ist es, zu erfahren, welche Ergebnisse bzw. ersten Umsetzungsschritte das oben genannte Strategiepapier auf Grundlage der vom Rat beschlossenen Innenstadtstrategie inzwischen gezeitigt hat.  

Wir bitten Sie deshalb, folgende Fragen zu beantworten, die sich alle auf das genannte Strategiepapier vom 20.03.2023 beziehen:

1.     Welche Ergebnisse (bzw. erste Schritte der Umsetzung) sind bisher erzielt worden?

a.     in Bezug auf das Gymnasium Kleine Burg und die Johannes-Selenka-Schule

Die Stadt steht in Sachen Gymnasium Kleine Burg in Taskforce Innenstadt nach wie vor im Austausch mit allen Eigentümern der großen Leerstände. Zu den Gesprächen wurde Vertraulichkeit vereinbart. Für die weitere Entwicklung der Johannes-Selenka-Schule hat man entschieden, dass diese am bestehenden Standort am Inselwall verbleiben und dort, wie geplant, weiterentwickelt wird. Grund hierfür ist, dass das als optionaler Standort betrachtete Karstadt-Haus am Gewandhaus zwischenzeitlich für andere Nutzungen vorgesehen ist. Weiterhin spielten auch Zeit- und Kostenaspekte in diese Entscheidung hinein.

b.     in Sachen Volkshochschule

Für die Volkshochschule bzw. das „Haus der Familie“ läuft noch die Suche nach einem geeigneten Standort. Es haben sich bisher keine Standortoptionen aufgetan.

c.     in Sachen Haus der Familie

Um das Haus der Familie an einem neuen Standort in der Innenstadt gemäß dem Bildungsauftrag weiterzuentwickeln, wird weiterhin nach einem geeigneten Standort gesucht.

d.     in Sachen „halle 267“

Als Teil des städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerbs „Wohn- und KreativQuartier Großer Hof“ ist geplant, der „halle 267 – städtische galerie braunschweig“ einen Platz im Zentrum der Stadt zu geben, um die Besucherfrequenz für Ausstellungen und Innenstadt zu erhöhen. Die Kulturverwaltung würde die Städtische Galerie „Halle 267“ an der Hamburger Straße aufgeben und mit den dann weitaus größeren und attraktiveren Räumlichkeiten in der Innenstadt die Möglichkeit haben, u.a. der HBK und ihren Studierenden Ausstellungsflächen anzubieten. Überdies würden die Voraussetzungen geschaffen, namhafte Künstlerinnen und Künstler in unserer Stadt ausstellen zu lassen, für die die bisherige Halle an der Hamburger Straße nicht geeignet war. Die städtische Galerie an der Hamburger Straße hat sich inzwischen zwar kuratorisch einen Namen gemacht, aber ein Umzug in die Innenstadt würde weitere Potenziale heben, damit die Stadt zukünftig eine etablierte Ausstellungshalle für Bildende Kunst in ihrer kulturellen Infrastruktur anbieten kann.

e.     in Sachen städtisches Museum und weiterer Museen

Der Bedarf an zusätzlicher Depotfläche für das Städtische und weitere Museen besteht weiterhin. Entsprechend läuft die Suche nach geeigneten Standorten. Bislang haben sich noch keine Optionen ergeben.

f.      in Sachen Atelierflächen der HBK

Insbesondere für TU und HBK, beide eher in Randlagen der City angesiedelt, könnten sich Möglichkeiten ergeben, an zentraler Stelle ihre Arbeit zu präsentieren, wichtig auch für ein junges Publikum. So sucht die HBK Atelierflächen, die TU Lehr- und Lernräume. In diesem Kontext hat die Stadt ein Atelierförderprogramm – auf der Grundlage von Befragungen in Kooperation mit der HBK sowie unter Auswertung von Studien, aufgelegt, das aktuell mit einer ersten Förderperiode umgesetzt wird und junge Kunstabsolventen unterstützen soll.

g.     in Sachen Projekt Wissenschaftsgalerie der TU

Die TU verfolgt das Ziel einer Wissenschaftsgalerie (Arbeitstitel), die die hochkomplexen Forschungsschwerpunkte der TU und ihrer Fakultäten im Zentrum der Stadt abbildet und sowohl für Bürgerinnen und Bürger aber auch für Gäste der Stadt nachvollziehbar werden lässt. Hier treffen sich die Intentionen von TU und HBK, die das Ziel intensiverer Begegnungen mit der Stadtgesellschaft verfolgen. In der gemeinsamen Nutzung einer Innenstadt-Immobilie entstünde potenziell kreatives Milieu für Startups, ebenso wie für eine künstlerische Karriere. Die Federführung hat neben Prof. Dr. Tatjana Schneider das Projekthaus der TU Braunschweig inne.

    2.       Inwieweit ist das Konzept Kultur. Raum. Zentrale (September 2023) bisher 

umgesetzt werden?

Für die Umsetzung des Konzeptes Kultur.Raum.Zentrale Innenstadt wurde eine Antragsstrategie entwickelt. Vorgesehen ist, zur Umsetzung des Projektes zwei Anträge im Rahmen des Förderprogramms Resiliente Innenstädte (Laufzeit bis Ende 2027) zu stellen. Ermöglicht wird dies vor dem Hintergrund, dass das Land Niedersachsen die Braunschweiger Bewerbung um die Teilnahme an dem Förderprogramm „Resiliente Innenstädte“ positiv beschieden hat. Damit können zusätzlich zu den Mitteln aus dem Programm „Perspektive Innenstadt!“ weitere Mittel in Maßnahmen zur Stärkung der Braunschweiger Innenstadt fließen. Die Konzeption einer Kulturraumzentrale wurde bereits mit 45.000 Euro aus diesem Programm gefördert. Hierfür wurden von der Stadt Braunschweig für die erste Bewerbungsphase zunächst 10 Projekte identifiziert. Zu diesen zählt auch die Kultur.Raum.Zentrale Innenstadt. Antrag 1 zielt auf die Realisierung der Pilotphase der Kultur.Raum.Zentrale Innenstadt ab, wie im Konzept vorgesehen. In einem innerstädtischen Leerstand soll zunächst ein Büro eingerichtet und die Grundlagen für (Zwischen-)Nutzungsprojekte in innerstädtischen Leerständen und im innerstädtischen Stadtraum erarbeitet werden. Im Rahmen von Antrag 2 soll ein Gebäude ertüchtigt werden, das neben einem Büro auch einen Veranstaltungsraum bietet und so Raum nicht nur für Beratungen rund um Projekte gibt, sondern auch Besuchsanlässe in der Innenstadt generiert. Die Antragsstrategie wurde, wie im Kontext der Antragstellung im Rahmen des Programmes Resiliente Innenstädte vorgesehen, im ersten Schritt im Dezember 2023 der Steuerungsgruppe Resiliente Innenstädte vorgestellt. Gegenwärtig steht nun die Vorbereitung von Antrag 1 im Fokus. Nach aktuellen Zeitplanungen und eine positive Bescheidung des Antrags vorausgesetzt, wird davon ausgegangen, dass die erste Phase der Umsetzung der Kultur.Raum.Zentrale Innenstadt im Herbst 2024 in einem noch zu identifizierenden Leerstand an den Start gehen wird. Vom avisierten Gesamtförderbetrag (s.o.) entfallen 686.000 Euro auf das durch die Kulturverwaltung koordinierte Projekt „Einrichtung einer Kulturraumzentrale“ für die Innenstadt.

3.     Existiert die im März 2023 eingesetzte Task Force weiterhin?

Ja, die Task Force Innenstadt findet nach wie vor regelmäßig statt.

4.     Sind in der Zwischenzeit weitere Aktivitäten entwickelt worden, die noch nicht im genannten Papier enthalten sind?

Ja. Bekanntlich gibt es für das Haus der Musik einen neuen Lösungsansatz. Geplant ist, eine Stiftung ins Leben zu rufen, die den Gebäudekomplex des ehemaligen Karstadt Hauses am Gewandhaus zu einer städtischen Musikschule mitsamt Konzerthaus umbaut. Weitere Infos hier: https://www.presse-service.de/data.aspx/static/?ID=1147029f.html

Die Innenstadtstrategie beschreibt im wesentlichen Leitlinien bzw. Schwerpunkte zur Innenstadtentwicklung, in deren Rahmen kontinuierlich Maßnahmen entwickelt und realisiert werden.

Neben der Umsetzung eines vielseitigen Veranstaltungsprogramms zur Schaffung zusätzlicher Besuchsanreize (insbesondere über die Braunschweig Stadtmarketing GmbH) sowie der Entwicklung von Immobilien auf Grundlage des Handlungs- und Investitionspakets Bildungs- und Arbeitsort Innenstadt, fokussiert sich die Verwaltung aktuell vor allem auf die Umsetzung von Projekten im Förderprogramm „Resiliente Innenstädte“.

Eine Maßnahme aus diesem Programm betrifft die Umsetzung eines Jugendparlaments und Jugendbüros. Dies soll Jugendlichen mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten bei der Stadtgestaltung und -entwicklung einräumen. Zudem sollen die Räumlichkeiten als Treffpunkt in der Innenstadt dienen.

Darüber hinaus ist geplant, das Nutzungs- und Besuchsverhalten der Braunschweiger Innenstadt durch datenschutzkonforme Erfassung und Auswertung von Besucherdaten genauer zu erfassen, damit auf dieser Basis weitere zielgerichtete Maßnahmen zur Innenstadtstärkung ergriffen werden können.

Ein speziell auf innenstadtaffine Gründungsideen und -vorhaben ausgerichtetes Gründungsprogramm gehört ebenfalls zu den geplanten Projekten. Im Vordergrund sollen soziale, kulturelle und ökologische Gründungsideen stehen. Vorgesehen ist, dass Gründungsinteressierte sich bei einer Jury bewerben und bei erfolgreicher Aufnahme ein Workshop-Programm durchlaufen.

Viele der Aktivitäten werden aus dem Förderprogramm „Resiliente Innenstädte“ (40% Fördermittel, 60% Eigenmittel) finanziert.

Zusätzlich zu den in der Innenstadtstrategie genannten Aktivitäten sollen Maßnahmen zur Belebung und Stärkung des Magniviertels umgesetzt werden. Dazu sollen mehr Fußgänger- und Radbereiche entstehen und mit Begrünung mehr Aufenthaltsqualität geschaffen werden.

Aktuelle Informationen finden Sie stets unter www.braunschweig.de/innenstadtentwicklung

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