Schwurgerichtssaal im Landgericht Braunschweig darf nicht nach Fritz Bauer benannt werden

0
Bronzener Charakterkopf Der Berliner Künstler Pavel Feinstein hat eine Büste von Fritz Bauer geschaffen – sie soll an Recht und Menschlichkeit erinnern. Foto: Jüdische Allgemeine

„Nichts gehört der Vergangenheit an, alles ist noch Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.“ Fritz Bauer

Von Udo Dittmann

Der geschichtsträchtige große Schwurgerichtssaal im Landgericht Braunschweig, in dem der legendäre Generalstaatsanwalt Fritz Bauer den wegweisenden Remer-Prozess geführt hat, darf nicht nach Fritz Bauer, dem großen deutschen Juristen in der Nachkriegszeit, benannt werden. Gegen diese unverständliche Entscheidung regt sich nun Widerstand in der Zivilgesellschaft.

Erst vor wenigen Tagen, am 20 Juli, hat am Tag des Widerstands im Bendlerblock die Bundesministerin der Justiz, Frau Christine Lambrecht, die Büste von Fritz Bauer enthüllt und eine beeindruckende Rede gehalten. Seltsamerweise findet man nur in der „Jüdische Allgemeine“ einen Bericht zur Enthüllung der Fritz Bauer-Büste (Dazu ein kritischer Beitrag). Im braunschweiger Justizgebäude ist das anscheinend alles nicht angekommen. Helmut Kramer, früher Richter am Oberlandesgericht, schreibt aus diesem Grunde einen deutlichen Brief (siehe PDF unten) an den Absender der Ablehnung, Herrn Bauer-Schade, und erteilt ihm eine Lehrstunde.

Am 16.04.2019 schrieb ich im Namen des Fritz Bauer Freundeskreises in Braunschweig einen Brief an die Präsidentin des Landgerichts Braunschweig, Eva Moll-Vogel, mit der Anfrage, den großen Sitzungssaal im Landgericht, in dem 1952 auch der Remer-Prozess stattgefunden hatte, in Fritz Bauer Saal umzubenennen. In anderen Städten wie Stuttgart oder Frankfurt a.M. hatte es solche Saalumbenennungen nach Fritz Bauer gegeben.

Am 18.09.2019 erhielt ich ein Antwortschreiben von RiLG Dr. Bauer-Schade, der von Frau Moll-Vogel beauftragt worden war, mir zu antworten. In einer ausführlichen Stellungnahme erklärte er, dass eine Saalumbenennung nach Fritz Bauer abgelehnt werde. Ein Argument sei u.a., dass der Remer-Prozess nicht so bedeutend gewesen sei wie der Auschwitz-Prozess. Lesen Sie hier das eindrucksvolle Plädoyer von Fritz Bauer im Remerprozess.

Am 13.01.2020 nahm ich in einem Schreiben dazu Stellung und bekräftigte mein Anliegen einer Saalumbenennung. Insbesondere die kleine Gedenktafel, die neben dem Saal hängt und auf die Verdienste jüdischer Juristen hinweise, sei unscheinbar und unpassend.

Schon nach einer Woche (am 21.01.2020) erhielt ich von Dr. Bauer-Schade eine kurze Antwort, dass er nach erneuter Prüfung der Argumente bei seiner bereits mitgeteilten Entscheidung bleibe, dass eine Umbenennung des Saales 141 derzeit nicht vorgesehen ist. Sofern es keine neuen gewichtigen Argumente gebe, sähe er den Fall als abgeschlossen an.

Im Rundbrief des Fritz Bauer Freundeskreises vom Juni 2020 machte ich auf die Ablehnung aufmerksam und fügte im Anhang mein Schreiben von 13.01. bei. Da der Bauer-Rundbrief bundesweit – auch in Juristenkreisen – wahrgenommen wird, sah sich Helmut Kramer, ehemaliger Richter am Landgericht Braunschweig i.R. und Mitbegründer des Forum Justizgeschichte, veranlasst, in einem neuen Schreiben vom 25.06.2020 das Anliegen einer Saalumbenennung nach Fritz Bauer noch einmal aufzugreifen und zu unterstützen. Auch das Kulturmagazin „Weltexpresso“ in Frankfurt a.M. berichtete darüber: „Der richtungsweisende Remerprozeß ist in Braunschweig nicht mehr richtungsweisend„.

Das Schreiben von Helmut Kramer sowie das Ablehnungsschreiben vom 21.01.2020 wurden im Bauer-Rundbrief (Juli 2020) veröffentlicht. Es ist zu hoffen, dass das Anliegen trotzdem weiter diskutiert – und letztlich vielleicht doch noch positiv entschieden wird. Fritz Bauer (und auch der Saal) würden in Braunschweig eine weitere angemessen Würdigung finden.

Immerhin war schon im September 2012 der Teil des Domplatzes vor der Generalstaatsanwaltschaft in Fritz Bauer Platz umbenannt worden. Der Vorschlag war von Prof. Gerd Biegel vom Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte gekommen (nach einer ursprünglichen Idee des Bauer-Freundeskreises). Ich selber hatte den Vorschlag (mit Unterstützung von Herrn Biegel und der Generalstaatsanwaltschaft) im Feburar 2012 beim Bezirksrat Mitte der Stadt eingereicht und schon im April eine positive Antwort erhalten.

Während 2012 in Braunschweig ein großes Interesse an Fritz Bauer herrschte (sogar noch vor den umfangreichen Bemühungen in Frankfurt) und im Juli 2012 ein großes Symposium zu Fritz Bauer und dem Remer-Prozess – gerade in diesem Saal 141 – stattfand (auch der niedersächsische Justizminister Busemann war gekommen), ist inzwischen die Aufmerksamkeit in Braunschweig eher gering. Die Ablehnung der Saalumbenennung ist dafür ein sichtbares Zeichen.

Weitere Infos dazu auch auf der Webseite des Fritz Bauer Freundeskreises

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.