„..und es ward Licht!“ 24.000 Lichter weisen den Weg

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Es war wie immer. Man überlegt sich als Reporter für den Braunschweig-Spiegel wie es möglich ist, von einem flächendeckenden Ereignis zu berichten. Ich entschied mich für die Kampagnenzentrale in Salzgitter. Von dort will ich berichten. Einige Freunde hatte ich gebeten, von der Stecke, immerhin über 80 km, Ereignisse und Fotos per e mail zu übermitteln.

Und es begann wie so oft mit einer Enttäuschung. Um Punkt 17:00 war auf dem Schlossplatz nichts los. Ein LKW, gesponsert von Solvis, mit Bühne und ein paar Leute. Das sollte sich ändern. Um 17:30 waren es etwa 400 Demonstranten, die sich zu Protestreden und Musik einfanden. Wie sollte das nur enden? 80 km???

Konrad-Haus 18:15


Ich betrat einen Raum mit gespannter Ruhe. Fünf junge Leute am Tisch, vor sich einen Labtop. Kabelgewirr und viele leckere Dinge auf dem Tisch. Dazwischen Thomas Erbe, der Koordinator von Robin Wood. Freundliche Stimmung.

18:16 FFN ruft an.  Peter gibt geduldig Auskunft. Ja, die ganze Region ist mobilisiert. Tausende sind auf den Straßen. Nein, es besteht kein Anlass etwas zu glauben was aus der Politik kommt. Auch Röttgen ist bisher nicht glaubwürdig. …..

Steffi am Lifeticker – konzentriert. Peter Dickel daneben. –Interview, dann wieder Blick auf den Bildschirm. Überall Ruhe! Keinerlei Aufregung.

Jeder Infopunkt, von denen es auf der Strecke150 gibt, soll die Anzahl der Menschen per sms  bis 19:10 an die Zentrale hier vor mir melden, direkt in den Computer.

Doch noch ist es nicht so weit. Letzte Missverständnisse werden in der Gruppe in Ruhe geklärt. Alle kauen sie gespannt: Nur Apfel ist angesagt. Gummiwürmer liegen unberührt.

Erste Anrufe 18:29: Gibt es noch Fackeln? Natürlich nicht. Wie genau müssen die Zahlen sein? Ist die Adresse ok? SZ12, Code für die Kanaldörfer: Wie sollen die gezählt werden, von wo bis wo genau? Hinweis: Alle Teilnehmer so genau wie möglich zählen. Möglichst auch die Nicht-Fackelträger, die im Dunkeln im Hintergrund oder abseits stehen.

 

Um 18:39 hat Thomas das Programm scharfgeschaltet (vorher nur Testversion zum Üben für alle). Die Spannung steigt! Telefonanruf: Ja, Fotos@lichterkette2012.de für die Fotos zum direkten reinstellen für alle. Thomas freut sich, dass seine Telefone nicht klingeln. Scheint auf der Strecke alles in Ordnung zu sein. Anruf aus Thune bei Steffi. Dort soll der „Bär toben“. 250 Leute vor Eckert & Ziegler.

Mehrere Info-Punkte melden sich: Stimmung ist hervorragend! Einfach geil!

Nun geht es los:

  1. Meldung: 18:54 WF 20: BI Morsleben am Asseschacht:  60 Demonstranten
    • Die Stimmung entlädt sich durch lachen.
    • Meldungen  111, 39, 370, 260, 370, 125, 98, 90, 28, 90, 124, 180, 200 usw, usw. Die Meldungen fliegen auf die Computer. Arbeitsame  Ruhe. Niemand kaut mehr! Alle arbeiten angestrengt und übertragen die Werte in die gemeinsame Exeltabelle hinter die Codes der Infostände. Die seltenen Telefonanrufe werden weggeklickt.
    • 19:00 Die Glocken der Kirche nebenan läuten
    • 19:08 die Zahlen fliegen verstärkt ein.  Nur Peter und Steffi telefonieren noch leise im Nebenzimmer.
    • 19:11 noch eine Zahl. Schluss!
    • Nun die vereinbarte Telefon- Aktion für spezielle Infostände.  Abfrage:  Hallo, hier Lichterkettenbüro…Klaus 65, ….
    • 19:18 endgültig Schluss
    • Thomas: „Jetzt kommt der Moment“. Wie viele sind es?
    • Thomas: Mehr als 24.000. Kein Jubel! Ruhe Peter und Steffi kommen rüber. Beraten kurz gemeinsam.

 

Alles hoch professionell!

Info an alle Info-Stände: 24.000 sind`s!

Anruf bei der Polizei um 19:20: Mindestens 24.000. Die sind gezählt!

Polizei meint: Das waren mehr. Wie viele denn? Sage ich nicht! OK, egal.

 

 

Hallo Niedersachsen-Bericht

19:30: Nun aber Aufbruch: Rasch zur Pressekonferenz nach Wolfenbüttel. Die Fackeln an den  Seitenstreifen der Straßen brennen noch. Kaum noch Menschen Eine einzige Lichterkette an den Straßen mit halbwegs abgebrannten Fackeln. Menschen stehen an den Feuertonnen.

Oh je, Straßensperre. Lasse das Fenster runter, blicke dem Polizisten ins Gesicht und sage cool: „Muss da durch, Presse, Braunschweig-Spiegel „  mit leichter Betonung auf Spiegel. Werde durchgewunken. Pressekonferenz im Parkhotel. Interviews: NDR: Gigantische Lichterkette gegen die Atomkraft

21:30: Bin wieder zu Hause. Jetzt beginnt die Arbeit. Sehe eine Nachtschicht vor mir.

 

Die erste Mail ist überraschend.

„Kirche ist großartig!“ wird mir aus der St. Thomas Gemeinde (Heidberg) geschrieben. „Wir sind nach einer kurzen Andacht und Gebet zum Altar gegangen, Dona nobis pacem und Christus dein Licht singend (begleitet von Gitarre und  kleinem Taize-Chor) und haben unsere Kerze oder unsere Fackel an der Altarkerze erleuchtet – welch ein Symbol! – und haben uns dann singend in die Lichterkette eingereiht.

Und dann das Gebet!

 

 

Kurt-Schumacher-Straße bis Ecke Salzdahlumer Straße vor dem Ring Center  standen die Menschen meistenteils in Zweierreihen – so um die 500 Leute!
Die Sambagruppe IGM Simon Bolivar  sorgte für den musikalischen Rahmen – sie waren mit Teilnehmern aus Osnabrück und Wolfsburg angetreten – mit 25 Leuten in Rekord-Besetzung. So viele waren sie wohl noch nie.

Fotos Braunschweig-online

Radio Okerwelle

 

 

Bahnhof Richtung Viehwegs Garten

Am Bahnhof

Fotos von der Lichterkette

You Tube: Lichterkette vom Mittelweg zur Frankfurter Straße

 

Sambattac spielte am Gymnasium Wenden ganz im Norden am Beginn der Lichterkette auf.

 


 

Zu guter Letzt wieder der Schlossplatz mit einem Gespräch mit einem Demonstranten

Die Enttäuschung war ihm ins Gesicht geschrieben. Er hielt seine Demo-Fahne in der Hand (Atomsonne auf gelbem Feld) und er kam extra aus Verden/Aller, um an dieser Demo und an der Lichterkette teilzunehmen. Es war nicht seine erste Demo; seit etwa drei Jahren sei er dabei, wie er sagte. Und wieso das so plötzlich, fragte ich den etwa Sechzigjährigen. Das sei eine problematische Geschichte, meinte er. Aber früher, zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn hätte er bei der KWU (Kraftwerks Union) gearbeit, um Atomkraftwerke zu bauen. So kenne er Brunsbüttel, Krümmel und andere Atomkraftwerke von innen. Ich mochte nicht weiter fragen und er nicht erzählen. Schön, dass es so etwas gibt, dachte ich mir.

Offizielle Pressemitteilung aus dem Kampagnenbüro

MINDESTESNS 24.000 MENSCHEN BEI FUKUSHIMA LICHTERKETTE IM BRAUNSCHWEIGER LAND

Mindestens 24.000 Menschen haben heute mit einer 80km langen Lichterkette zum 1. Fukushima Jahrestag Atommüll-Brennpunkte in der Region Braunschweig verbunden und demonstrieren damit regionale Geschlossenheit gegen den verantwortungslosen Umgang mit Atommüll.

„NACH DEN PROTESTEN HEUTE IM GANZEN LAND, KANN NIEMAND MEHR ERNSTHAFT GLAUBEN, DIE AUSEINANDERSETZUNG UM ATOMENERGIE SEI ZU ENDE. GORLEBEN UND KONRAD MüSSEN ALS ENDLAGER-STANDORTE AUFGEGEBEN UND DER ATOMMüLL AUS DEN LAGERN ASSE II UND MORSLEBEN HERAUS GEHOLT WERDEN!,erklärt Peter Dickel.

Vom Lichterketten-Büro: „Gerade in den Regionen Braunschweig und Gorleben haben die Menschen jahrzehntelange Erfahrung mit dem politischen Umgang mit Atommüll. Sie akzeptieren nicht, wenn von ?Neuer Endlager-Suche? geredet wird, während bei KONRAD und in Gorleben einfach alles weiterläuft oder wenn versprochen wird, die ASSE II zu räumen, aber nur die Flutung praktisch vorbereitet wird“.

Die Lichterkette verband die Fa. Eckert&Ziegler, wo im Norden von Braunschweig Atommüll mitten im Wohngebiet lagert mit der vom Absaufen bedrohte Altlast ASSE II im Kreis Wolfenbüttel und dem geplanten Atommüll-Lager Schacht KONRAD in Salzgitter. Unter den 247 Unterstützern der Aktion waren IG Metall und DGB, Kirchengemeinden, Firmen und Kommunen. So riefen u.a. die Städte Braunschweig und Wolfenbüttel auf. Zahlreiche Landwirte beteiligten sich mit Traktoren. Über weite Strecken standen die Menschen dicht an dicht, es gab viele phantasievolle Aktionen.

BUNDESWEIT hatten bereits heute mittag mehr als 20.000 tausend Menschen an den Atomkraftwerke Gundremmingen (Bayern), Neckarwestheim
(Baden-Württemberg) und Brokdorf (Schleswig-Holstein), in Hannover (AKW Grohnde) und an der Urananreicherungsanlage im Nordrhein-Westfälischen Gronau demonstriert.

INTERNATIONALfanden Aktionen auf allen Kontinenten statt, so ein nationaler Aktionstag gegen Uranabbau in Australien und in Frankreich erstmals eine 235 km lange Menschenkette von Lyon nach Avignon, an der sich 60.000 Menschen beteiligten.

PRESSEKONTAKT:
Peter Dickel
0531 – 89 56 01
dickel@ag-schacht-konrad.de

Fotos vom Schacht und dem letzten Infopunkt „Windstrom“

 

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