Justiz im Dienst des Angriffskriegs. Militärjustiz durch die Hintertür?

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Auszug aus einer Veröffentlichung in: OSSIETZKY. Zweiwochenzeitschrift für Politik, Kultur, Wirtschaft. Nr. 25 vom 12.12.2009, 936 – 941:
Dass die alte Forderung nach einer Sondergerichtsbarkeit fürs Militär heute wieder aufkommt, ist kein Zufall in einer Zeit, da in den besetzten Ländern zunehmend die Zivilbevölkerung Opfer von Bombenangriffen wird. Denn in einem bewaffneten Konflikt hat die Bundeswehr die Strafgesetze und das humanitäre Völkerrecht (die Genfer Konventionen) zu beachten.

Was nach den Erfahrungen der Bundeswehr bis vor kurzem noch als Tabu galt, wird jetzt vom Bundeswehrverband mit Nachdruck gefordert: die Wiedereinrichtung einer Militärjustiz. Denn es könne nicht sein, dass einem Soldaten wegen ziviler Opfer in Afghanistan der Prozess gemacht werde (s. taz vom 12.9.09). Gemeint ist die vom Bundeswehrverband schon nach der Erschießung eines afghanischen Jugendlichen im Jahre 2006 angedachte „Militärgerichtsbarkeit mit Staatsanwälten, die mit in den Einsatz entsandt werden“ (Süddeutsche Zeitung vom 21.7.09), sozusagen eine embedded justice.

Nach dem Grundgesetz sind Richter unabhängig und nicht an Weisungen gebunden. Doch gerade im Fall der Leipziger Wehrdienstsenate ist die richterliche Unabhängigkeit in Frage gestellt. Eine auf den ersten Blick unauffällige, aber eindeutig verfassungswidrige Vorschrift (Paragraph 80 Absatz 2 der Wehrdisziplinarordnung) ermöglicht es nämlich, diese Senate mit der Bundesregierung genehmen Juristen zu besetzen: Das Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts darf die Wehrdienstsenate nur mit solchen Richtern besetzen, die das Bundesjustizministerium speziell für diese Aufgabe bestimmt hat.

Den vollständigen Artikel finden Sie unter:

http://www.kramerwf.de/Justiz-im-Dienst-des-Angriffskrieges.249.0.html

Veröffentlichungen:

  • Braunschweig unterm Hakenkreuz. Bürgertum, Justiz und Kirche (Braunschweig 1981)

  • Helmut Kramer und Wolfram Wette: Recht ist, was den Waffen nützt. Justiz und Pazifismus im 20. Jahrhundert. (Aufbau Verlag, Berlin 2004)

  • Helmut Kramer, Jens Wagner, Karsten Uhl: NS-Zwangsarbeit und Justiz, Düsseldorf 2007

Weitere Information zur NS-Justizgeschichte und deren Aufarbeitung finden Sie unter: http://www.justizgeschichte-aktuell.de

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