Hurra – es darf wieder einmal gefeiert werden!

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Allen fröhlichen Braunschweigern sei zur ungetrübten Freude versichert. Es darf wieder einmal gefeiert werden und wieder einmal zur Schlosseinweihung. Dieses Mal soll, wie auch schon gehabt, wieder einmal die Indienststellung der Quadriga, die Krönung der Schlossfassade gefeiert werden (wenn nicht ein Vorhang wieder einmal klemmt).

Mit § 2 Abs. 4 des Schenkungsvertrages zwischen der Stadt Braunschweig („vertreten durch Herrn Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann“) und der Richard Borek Stiftung wird unumstößlich festgeschrieben:

Anlässlich der übergabe der Quadriga wird an einem noch abzustimmenden Termin ein Festakt durchgeführt.

Hurra, es darf gefeiert werden! Wer hätte das gedacht? – Anderes ist aber doch noch mit einem Fragezeichen zu versehen.

Vorab ein Fragezeichen zum Procedere: wieder einmal soll der öffentlich tagende Rat außen vor bleiben: die Angelegenheit einer Schenkung der Quadriga soll abschließend im Verwaltungsausschuss entschieden werden. Die Gemeindeordnung sieht aber vor, dass der Rat zuständig ist für:

… den Abschluss von Gewährverträgen, … sowie diejenige Rechtsgeschäfte, die den vorgenannten Verpflichtungen oder der Aufnahme von Krediten wirtschaftlich gleich zu achten sind; …

Und auch wenn „Schenkungsvertrag“ über dem besagten übergabe-Vertrag steht, so hat die „Schenkung“ doch eine Kette von kostspieligen Verpflichtungen zur Folge, für welche die Stadt geradestehen muss. (Siehe den vorstehenden Beitrag von Peter Rosenbaum) Zuständig für solch ein Rechtsgeschäft, dass die Stadt auf unbestimmte Zeit finanziell verpflichtet und bindet, ist nach § 40 Abs. 1, Ziffer 13a NGO aber der Rat.

Nun zu der Transaktion, die da gefeiert werden soll. Paragraph 2 Abs. 1 des Schenkungsvertrages legt fest:

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Eigentum an der Quadriga mit der standsicheren Anbringung der Quadriga auf der Schlossrekonstruktion auf die Stadt übergeht.

Hier wird es schon problematisch, denn dummerweise sieht das Gesetz Anderes vor. § 946 BGB bestimmt:

Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstück dergestalt verbunden, dass sie ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, so erstreckt sich das Eigentum an dem Grundstück auf diese Sache.

was – Vertrag hin, Vertrag her – bedeuten muss, dass mit der „standsicheren Anbringung der Quadriga auf der Schlossrekonstruktion“ die Quadriga flugs in das Eigentum der Credit Suisse übergeht.

„Wesentliche Bestandteile“ von Grundstücken werden durch § 94 BGB definiert und dazu gehören Gebäude. Zu den Gebäuden gehören wiederum die wesentlichen Bestandteile der Gebäude, und das sind auch die Bestandteile, die zur Herstellung in das Gebäude eingefügt werden:

Entscheidend ist nicht der Zeitpunkt (vor oder nach Herstellung des Gebäudes) oder die Art der Verbindung (fest oder lose), sondern die Erforderlichkeit für die Herstellung unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung des Gebäudes. … über den Wortlaut hinaus werden auch die im Zuge eines Umbaus oder einer Renovierung eingefügten Sachen erfasst … sowie sämtliche Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände, die dem Bauwerk ihr Gepräge geben … (Barbara Völzmann-Stickelbrock zu § 94, in Prütting, BGB-Kommentar)

Zweckbestimmung von Fassade und Quadriga ist aber die Ansicht, der schöne Schein, und Befürworter wie Gegner der Fassadenrekonstruktion werden zugeben müssen, dass es sich bei der Quadriga um einen der Ausstattungsgegenstände handelt, die „dem Bauwerk ihr Gepräge geben“. Effektiv wird damit die Quadriga genau zu dem Zeitpunkt, zu dem es der Stadt vertraglich übereignet werden soll, qua Gesetz Eigentum der Credit Suisse:

Der Grundstückseigentümer erwirbt mit der Verbindung Eigentum an der verbundenen Sache und ist damit Eigentümer der Gesamtsache. Wer die Verbindung vorgenommen hat, ob sie gut- oder bösgläubig erfolgt, ist gleichgültig. Die Verbindung ist kein Rechtsgeschäft, der Eigentumserwerb tritt kraft Gesetzes ein. Der Eigentumsverlust ist endgültig. Wird die Verbindung später wieder aufgehoben, so lebt das frühere Eigentum an der beweglichen Sache nicht wieder auf. (Josef Scherer zu § 946, in Prütting, BGB-Kommentar)

Aber was solls! Wenn womöglich auch „das Eigentum an der Qudriga mit der standsicheren Anbringung der Quadriga auf der Schlossrekonstruktion“ gar nicht erst, wie vertraglich vorgesehen, „auf die Stadt übergeht“, weil das Eigentum an der Quadriga gleich zur Credit Suisse weiterrutscht, so wird doch mit Sicherheit – Hoffmann sei Dank, darauf konnte man sich noch immer verlassen – eine andere vertragliche Verpflichtung erfüllt werden:

Anlässlich der übergabe der Quadriga wird an einem noch abzustimmenden Termin ein Festakt durchgeführt.

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Zur Quadriga und die Pressearbeit um die Quadriga siehe besonders die Broschüre von Andreas Matthies: Vier Rösser, ein Sponsor und viele Esel

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