Gedenken an jüdische Opfer in Wolfenbüttel

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Mahnmal (links) zur Erinnerung an die von den Deutschen getöteten wolfenbütteler Juden. Foto Jürgen Kumlehn

Lässt unser Rechtssystem die Verhöhnung jüdischer Opfer zu? Die Rede von Jürgen Kumlehn am Montag auf der Gegendemonstration in Wolfenbüttel.

Mit diesem Mahnmal, das von Schülerinnen und Schülern der hiesigen Kunstschule Rundumkunst entworfen worden ist, erinnern wir uns an jüdische Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbütteler, die 1933 hier noch gewohnt haben. Viele von ihnen konnten ins Ausland fliehen, mehr als sechzig von ihnen sind in der Shoa ermordet worden.

Vor 77 Jahren, fünf Tage nach meiner Geburt, haben Soldaten der Roten Armee die Menschen im Konzentrationslager Auschwitz und Birkenau befreit. Als ich vor 37 Jahren Auschwitz besuchte durchschritt ich das Eingangstor unter dem Schriftzug „Arbeit macht frei“. Diese zynische Aussage kündigte Ausbeutung, Erniedrigung und Ermordung durch Arbeit an.

Eingangstor zum Konzentrationslager Auschwitz I mit Schranke und berühmter Inschrift „Arbeit macht frei“. Foto: Uwe Meier

Auf der Website des AFD-Kreisverbandes Wolfenbüttel fand ich den Schriftzug auch, allerdings zynisch umformuliert in „Impfung macht frei“. Dieser widerliche Missbrauch einer Todesdrohung im Holocaust wurde hier in Wolfenbüttel nun zu der Drohung: Tod durch Impfung.

Ebenfalls auf der AfD-Website, die bis vor kurzem bis zur angeordneten Schließung hunderte von widerlichsten Darstellungen gegen Menschen und Menschlichkeit enthielt, fand ich eine weitere Verunglimpfung der Erinnerung an die Judenverfolgung: Ab 1941 mussten alle Juden sichtbar auf ihrer Kleidung den sogenannten gelben Stern tragen, der sie kenntlich machte als Menschen, die ermordet werden sollten.

Was geht in Köpfen von Menschen vor, die diese wohl schlimmste Markierung von Menschen zur vorgesehenen Tötung – einschließlich Kinder – nun dafür öffentlich missbrauchen. Die sich gegen eine Corona-Impfung zu wehren, die doch Menschenleben retten soll: In Fernseh-Nachrichten hört man die Aussage von Impfverweigerern, sie seien die Juden von heute. Das ist eine perverse Verhöhnung der jüdischen Opfer!

Wie ist es zu bewerten, dass ein Teil unseres Rechtssystems angibt, diejenigen Personen, die diese unglaubliche Verhöhnung aller Opfer des
Nationalsozialismus und auch uns, die wir an sie erinnern, juristisch nicht zur Verantwortung ziehen zu können?

Polizisten begleiten unsere Veranstaltung. Auf der AfD-Website wurde ein Polizeibeamter von heutzutage – der angeblichen „Corona-Diktatur“ – mit einem SS-Mann der Nazi-Diktatur gleichgestellt. Ist das kriminell oder nur eine simple politische Meinungsäußerung?

Ich bin jedoch angeklagt, einen hiesigen AfD-Mann in seiner Ehre verletzt zu haben. Dafür habe ich von unserem Amtsgericht einen Strafbefehl bekommen mit einer Strafe von 1000 Euro oder 10 Tagen Gefängnis.

Es gibt unter uns auch hier in Wolfenbüttel Menschen, die mit ihrer sie begleitenden Minderheit so tun, als seien sie die überwältigende Mehrheit der gesamten Bevölkerung. Ich freue mich sehr und halte es für unbedingt wichtig, dass besonders junge Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbütteler dieser Verhöhnung der Demokratie ihr Engagement für Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit entgegensetzen.

Macht unbedingt weiter! Danke

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