Die Brunonia, eine Fehlkonstruktion? – Rätselhafter Osten, Teil 2

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Wie in der BZ vom 27.6.07 zu lesen war, verzögert sich die Aufstellung der Brunonia bis in den Herbst hinein. Schuld sei laut Expertenmeinung der Umstand, dass die Statik der Großskulptur den europäischen Normen entsprechen müsse. Zitat BZ vom 25.5.07: „Offen ist vor allem das Ergebnis der statischen Berechnungen, die erst nach Fertigstellung des Gesamtobjektes möglich seien, so Richard Borek.“ (Hervorhebung M.W.)

Wieder einmal rätselhafter Osten: Wie ein Fachmann für Tragwerkskonstruktionen mir versicherte, würden natürlich auch die statischen Berechnungen für Großplastiken üblicherweise vor der Herstellung des Gesamtobjektes ausgeführt. Das sei nur logisch, da man ansonsten Gefahr liefe, dass das fertige Objekt -wenn es den statischen Normen nicht entspräche- kostenträchtig nachgebessert werden müsse. Es wäre nicht anders als beim Bau eines Gebäudes, das man ja auch nicht erst planlos errichte, um dann im Nachhinein über die Berechnung der Statik die Konstruktionspläne zu erstellen.

Warum also wurde bei der Fertigstellung der Brunonia angeblich der zweite Schritt vor dem ersten getan?

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Ein Anruf bei der Gießerei ‚Dekorative Bronze Articles Kosicki’, die die Brunonia hergestellt hat, ergab folgendes:
Laut Herrn Kosicki seien von seiner Firma die notwendigen statischen Berechnungen vor dem Guss der Brunonia durchgeführt worden -allerdings nach polnischen Normen. Sein Auftraggeber, die Borek-Stiftung, hätte an statischen Problemen kein größeres Interesse gezeigt, sondern sich mit ihm vor allem über ästhetische Fragen ausgetauscht. Erst nach dem Guss der Skulpturen hätte der Auftraggeber Zweifel an den statischen Berechnungen angemeldet, die nicht den EU-Normen entsprechen würden. Zur Zeit würden deshalb von einer Firma in Wroclaw/Breslau neue Berechnungen nach den EU-Normen vorgenommen. Auf Grundlage dieser Berechnungen, die nicht vor August vorliegen würden, würde seine Firma dann ein Stützgestänge für die Brunonia erstellen, mit dessen Hilfe die Skulpturen dann noch zu einer EU-normgerechten Statik kämen.

Die Ausführungen von Herrn Kosicki bieten eine plausible Erklärung dafür, was es mit den ominösen statischen Berechnungen nach dem Guss der Figuren auf sich hat. Andererseits werfen sie irritierende Fragen auf:

– Die Firma Kosicki muss sich fragen lassen, wie sie so naiv sein konnte, Berechnungen für eine in Deutschland aufzustellende Skulptur nach polnischen Normen durchzuführen.

– Die Borek-Stiftung muss sich fragen lassen, wieso sie die statischen Berechnungen zur Brunonia nicht vor dem Guss der Figuren dem Bauamt zur Prüfung vorgelegt hat. Sie war doch durch den jüngst verstorbenen Prof. Weber öffentlich gewarnt worden, dass die Brunonia –in Bronze gegossen statt wie ursprünglich in Kupfer getrieben- erhebliche statische Probleme aufwerfen würde.

War es Terminnot, weil ein Herr Hoffmann seine Jubelfeier bereits auf den 6. Mai 2007 terminiert hatte und die Zeit bis dahin schon so knapp war, dass man mit dem Guss nicht mehr warten konnte, bis das Bauamt sein Placet gegeben hätte?

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Ging man davon aus, dass das Bauamt vorab gar nicht konsultiert werden müsste, wenn die gewaltige Borek-Stiftung das Originalschloss mit authentischen Bronzeartikeln dekorieren will? Oder war es schlicht Schlamperei?

Herr Borek gab freundlich, aber bestimmt zu verstehen, dass er sich diesbezügliche Fragen nicht einmal anhören wolle. Statt dessen gab er nur ein kurzes vorbereitetes Statement, in dem er seine bereits von der BZ verbreiteten Aussagen wiederholte: die Gießerei habe sich terminlich völlig verschätzt, es läge aber keine Fehlkonstruktion vor. Es gäbe Probleme mit den polnischen und den EU-Normen. Aber nun bildeten alle ein Team und kämen gut voran.

Keine Fehlkonstruktion. Nur nicht normgerecht. Dann ist ja alles gut.

(Fotos, K. Eckhardt)
Siehe auch: Rätselhafter Osten, Teil 1)

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