Preussag/TUI: „Geld unter dem Tisch“

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Dr. Wolf-Dieter Zumpfort ist ein „ehrenwerter“ Mann. Er war Mitglied des Bundestages für die FDP. Heute ist er Cheflobbyist der Preussag/TUI AG. Er bringt „dem Abgeordneten oder Beamten mit guten, opulenten Essen oder Veranstaltungen, etwas Abwechslung in seinen sonstigen tristen Alltag“. „Aber die klassische Politik nämlich, Geschenke machen, Geld in Umschlägen unter dem Tisch mit „WG“. Das ist vorbei.“ („Bericht aus Berlin“ ARD 19.09.2003)

Da sind wir aber beruhigt! Unsere Abgeordneten werden endlich sinnvoll beschäftigt und Herr Zumpfort besticht sie nicht mehr direkt! „Klassische“ Bestechung, wie sie früher – so Zumpfort im sicherlich ungewollten Umkehrschluss – an der Tagesordnung war. Genau so gut hätte ein „klassischer Krimineller“ sagen können: „Herr Kommissar, Banküberfälle sind für mich ab so-fort passe, ich mache das in Zukunft eleganter.“ Da kommt doch beim Bundesbürger Freude auf. Hatten sich nicht viele schon Sorgen gemacht, den heimischen Abgeordneten ins triste Bonn oder Berlin geschickt zu haben? Ein deutscher Beamter oder Angehöriger des öffentlichen Dienstes gilt als bestochen, wenn er Geschenke mit einem Wert von mehr als 10 Euro angenom-men hat. Für unsere Abgeordneten, die ja in aller Regel ebenfalls Beamte oder Angehörige des öffentlichen Dienstes sind, müssten demnach – eigentlich – identische Regeln gelten.

Herr Zumpfort hat, seinem ungewollten Geständnis zufolge, unsere Volksvertreter „klassisch“ bestochen. Genauso machte es sein Konzern mit den Wirtschaftsprüfern von Pricewaterhouse und C&L. Bilanz- und Urkundenfälschungen, Hantieren mit Schwarzgeld, Bestechung, Erpres-sung, Untreue, etc. waren bei der Preussag „klassisches“ Tagesgeschäft. Vielleicht sind ja die Regeln auch für unsere Abgeordneten zwischenzeitlich bereits der Realität angepasst worden, damit sie ohne schlechtes Gewissen auch mal einen Umschlag unter den Tisch annehmen können oder sich ganz „legal“ etwas Abwechslung in ihren tristen Alltag bringen lassen dürfen.
In Bonn habe man „Frühstücksdirektoren“ gehabt, sagt der Parlamentarische Sprecher der FDP-Fraktion, Jörg van Essen – nun aber „ausgebuffte Profis“. Da sind wir Bürger noch beruhigter, dass nun auch beim Schmieren Professionalität Einzug gehalten hat! Herr Zumpfort ist nämlich, wie wir ebenfalls erfahren, gleichzeitig Chef des „Kollegiums“. In diesem Kollegium spielen die Cheflobbyisten der 30 Dax-Unternehmen in der höchsten deutschen Lobby-Liga und lassen die Politiker antanzen. Wie die offenen Worte des Herrn Zumpfort zeigen, haben diese Herrschaften mittlerweile jegliche Zurückhaltung abgelegt, denn sie hatten bislang nichts zu befürchten. Die Politiker, die das Schwarzgeld beziehen, können in Deutschland auch gleich die Staatsanwälte abbestellen. Das will der Deutsche Richterbund nun ändern, um auch in Deutschland zukünftig „Regierungskriminalität“ bekämpfen zu können. Bis es so weit ist, können unsere Staatsanwälte ja schon einmal ein wenig üben.

Wenn ich z. B. Staatsanwalt wäre, würde ich Herrn Dr. Zumpfort folgende Fragen stellen:

  • Welchen Beamten und welchen Bundestagsabgeordneten, lieber Herr Dr. Zumpfort, haben Sie Geld im Umschlag unter dem Tisch „über“-reicht bzw. Geschenke gemacht?
  • Wie hoch waren die Summen, die Sie überreicht haben, wie teuer die „Geschenke“?
  • Haben die Beamten, bzw. die Bundestagsabgeordneten diese Geldsummen/Geschenke ihrem jeweiligen örtlichen Finanzamt gemeldet?
  • Woher, lieber Herr Dr. Zumpfort, hatten Sie das Geld?
  • Handelte es sich eventuell um Geld aus einem der Schwarzgeldpools der West LB/Preussag-Gruppe, aus denen auch die Vorstände der Preussag Stahl AG zur Jahreswende 97/98 einige Millionen „auf die Hand“ bekommen sollten? (siehe dazu auch „Die Welt“ vom 14. März 2002, in der von einem Schwarzgeldpool berichtet wird, aus dem allein für den Anlagenbau „im Jahr so ungefähr 20 Millionen Mark“ verteilt wurden.)
  • Was wollten Sie, lieber Herr Dr. Zumpfort, außer der Verschönerung des tristen Alltags unserer Beamten und Volksvertreter, mit dem Geld bzw. den Geschenken erreichen?

Diese unschuldigen Fragen stelle ich nicht nur auf meine(r) homepage, sondern schicke sie auch per Fax an die Staatsanwaltschaften in Berlin, Bonn und Celle, denn sicher ist sicher!

Peine, den 06. November 2003

gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz

http://www.hans-joachim-selenz.de

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