Zu den Plänen der Stadt, ein „Schlossmuseum“ einzurichten und zu finanzieren

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– Zutiefst undemokratisch

Da gibt es einen Oberbürgermeister, der mit dem neoliberalen Zeitgeist auf Du und Du steht. Das öffentliche Eigentum seiner Stadt, sofern noch vorhanden, privatisiert er konsequent und lässt sich dafür republikweit als Vorbild anpreisen. Nun weiß er aber als ein mit allen Wassern gewaschener Kopf, dass Macht auch durch weiche Werte, z.B. Kultur, abgestützt werden muss, wenn sie emotional ankommen soll.

Aber eine Kultur des Neoliberalismus existiert nicht. Die strenge Kunst der Moderne ist zu asketisch, zu reflektiert und selbstkritisch. Und die bunte Beliebigkeit der Postmoderne, das multikulturelle “Anything goes“ eignet sich noch weniger als Ausdruck einer Macht, die dank konsequenter Durchökonomisierung aller Lebensbereiche zu schrankenlos Herrschaft tendiert. Also greift er zurück zu längst historisch gewordenen Formen: der Wilhelminismus lässt grüßen mit Pomp und Gloria.

Das ist mehr als nur Nostalgie inmitten eines wild gewordenen Kapitalismus. Hier wird eine Tradition ins Spiel gebracht, die vordemokratischem Denken entspringt. Die Erinnerung soll geweckt (oder erst durch redselige Kommunikatoren erzeugt werden) an eine Zeit, in der noch klare und allseitig respektiert Standesunterschiede bestanden. Oben war oben und mischte sich nicht mit denen da unten. Und wenn oben einer befahl, dann hatten die da unten zu gehorchen ohne zu räsonieren oder gar zu kritisieren. Die Macht bewies, wenn sie es für erforderlich hielt, ihre Durchsetzungsfähigkeit, notfalls auch mit Kanonen(booten). Und sie war von keiner Reflexion, von keinem Selbstzweifel angekränkelt. Rücksichtslos bahnte sie sich ihren Weg.

Dieser Macht (Heinrich Mann hat sie in seinem Roman „Der Untertan“ beschrieben) huldigt der Zeitgeist und der von ihm beflügelte Oberbürgermeister. Vom Steuergeld der Bürger lässt er mit mehr oder weniger undurchsichtiger Kabinettspolitik ein „Schlossmuseum“ errichten, das dann direkt oder indirekt auch weiterhin aus öffentlichen Geldern leben soll. Der Inhalt des Museums: welfische Devotionalien aus dem 19. und 20. Jahrhundert, dem staunenden Volk zur Bewunderung und Erbauung vorgesetzt.

Nun wurde auf der letzten Ratssitzung auch ein ambitioniertes und inhaltlich durchaus pluralistisches Vortragsprogramm präsentiert. Braunschweig könnte sich freuen, wenn es zustande kommt. Aber abgesehen davon, dass der Geschmack tonangebender Braunschweiger Kreise sich nicht mit allen Themen vertragen würde (und der Kommunikator bei früherer Gelegenheit bekundet hat, dass für ihn nach 1918 die Geschichte aufhört interessant zu sein): Es wären meist Veranstaltungen, die ihren legitimen Platz im Landesmuseum hätten. Zu befürchten steht demnach eine massive inhaltliche und finanzielle Austrocknung des Landesmuseum zugunsten des „Schlossmuseums“.

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