Wir fragen – Politik antwortet: 30 Jahre Mietvertrag der Stadt mit Volksbank BRAWO (Teil IV Die BIBS)

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So soll es mal Aussehen. Montage und Foto: Stadt Braunschweig

Die Redaktion des Braunschweig-Spiegels konnte die Motivationen der Stadt zu diesem sehr langfristigen und teuren Projekt nicht erkennen, wir konnten keinen Plan erkennen – auch nicht wie die verschiedenen dezentralen Anmietungen z.B. im Packhofprojekt und Langerfeldhaus einzuordnen sind. Wir finden dass Entscheidungen dieser Größenordnung den Bürgern umfassend und verständlich vermittelt werden sollten. Daher fragten wir die Fraktionen des Rates, warum sie sich für oder gegen den Mietvertrag zwischen der Stadt Braunschweig und der Volksbank vom 15. Juli des Jahres entschieden haben.

Umfrage bei allen Rats – Fraktionen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Stadt hat mit der Volksbank BRAWO einen Mietvertrag abgeschlossen, der für 3o Jahre gilt und einen Quadratmeterpreis von 14 Euro festlegt.

Durch eine „Indexierung“ kann alle acht Jahre geprüft werden, ob die allgemeine Marktentwicklung eine Erhöhung hergibt.

Zusätzlich zu den so vereinbarten 90 Millionen Mieteinnahmen hat die Stadt der Volksbank noch einen Baukostenzuschuss von 2 Millionen zugesagt. Es gibt nun erhebliche Kritik an diesem Vertrag. Dabei wird der Eindruck geäußert, dass hier ein für unsere Stadt unvorteilhaftes Geschäft vorliege und dass der Rat eine schlecht durchdachte Entscheidung getroffen habe.

Damit die interessierten BürgerInnen diesen Eindruck überprüfen können, bittet der Braunschweig-Spiegel nun alle Fraktionen, ihre jeweilige Entscheidung in dieser Sache und die jeweiligen Gründe dafür offen zu legen. Dazu legen wir Ihnen den unten aufgeführten Fragenkatalog vor. Sollten bei der Entscheidung Ihrer Fraktion Aspekte eine Rolle gespielt haben, die in unserem Fragenkatalog nicht berücksichtigt werden, notieren Sie bitte auch diese. Wir werden alle Antworten veröffentlichen. Im Hinblick auf die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen dürfte Ihre Antwort für viele Bürger von hohem Interesse sein.

Wir werden die interessanten und recht unterschiedlichen Antworten der Fraktionen in kurzen Zeitabständen veröffentlichen. Heute bringen wir die Antworten der BIBS-Fraktion, die sich gegen den Vertrag ausgesprochen haben:

1. Wie stehen Sie zu der Kritik, dass der vereinbarte Preis von 14 Euro / qm deutlich überhöht sei angesichts eines derzeitigen Marktpreises von etwa 9 Euro / qm?

Der Mietpreis ist viel zu hoch – angesichts sinkender Gewerbemieten in diesem Bereich und vor dem Hintergrund, dass für vergleichbare Objekte derzeit ein deutlich geringerer Preis pro Quadratmeter gezahlt wird, muss sich die Stadt den Vorwurf gefallen lassen, nicht gut genug zum eigenen Vorteil mit der Volksbank verhandelt zu haben.

2. Für die Volksbank BRAWO ergeben sich aus dem langjährigen Mietvertrag erhebliche Vorteile: mit der Stadt als jederzeit solventem Mieter entfällt jegliches Risiko der Vermietung, die anfallenden Verwaltungskosten sind äußerst niedrig und die Eigenkapitalbewertung verbessert sich. Wurden diese Vorteile bei der Preisgestaltung Ihrer Ansicht nach ausreichend beachtet?

Nein, offensichtlich nicht: Auf die Fragen von Peter Rosenbaum im Bauausschuss und Rat konnte nicht zufriedenstellend geantwortet werden. Es bleibt also offen, ob die folgenden Punkte bei den Verhandlungen ins Feld geführt wurden: 1. Die BraWo könnte für das eingesetzte Kapital sogar ein Zinsplus (Negativzinsen) für sich verbuchen. 2. Sie geht kein Vermietrisiko mit dem festen Ankermieter über 30 Jahre hinweg ein. 3. es entstehen für die BraWo äußerst niedrige Verwaltungskosten, weil keinerlei Mieterwechsel, Annoncen etc. anfallen, 4. und die Volksbank könnte durch diesen Super-Deal im Bank-Ranking und wegen besserer Eigenkapital-Bewertung immer solider dastehen.

3. Die Stadt hat zusätzlich einen Baukosten-Zuschuss von 2 Millionen Euro zugesagt. Halten Sie das angesichts der langfristigen Bindung für gerechtfertigt?

Nein, überhaupt nicht. Zum einen muss sich die Stadt den Vorwurf gefallen lassen, nicht vernünftig mit der Volksbank verhandelt zu haben. So will man vergessen haben, gleich von vornherein einen Serverraum im Untergeschoss (Zusatzkosten 686 000 Euro), WC für alle (Mehrkosten 46 000 Euro) und weitere IT-Installationen wie Kühlung für Datenräume (244 000 Euro mehr), IT-Anschlüsse für Mitarbeiter (305 000 Euro mehr) sowie W-Lan-Anschlüsse (42 000 Euro) zu planen. Das ist unglaublich, zumal beim Bau eines „Büroturms“ dieser Größe Serverräume, WLAN-Anschlüsse und WCs etc. zur Grundausstattung gehören sollten. Dies ist ein Beleg dafür, wie schlecht die Stadt verhandelt hat.

Angesichts der langfristigen Bindung halten wir diese Mehrkosten natürlich keineswegs für gerechtfertigt.

4.Wie stehen Sie zu dem Argument, dass gerade nach der Corona-Pandemie in Zukunft erhebliche preisdämpfende Effekte auf dem Büroflächenmarkt zu erwarten sind? Insbesondere im Hinblick auf die stark gestiegene Nutzung von „Homeoffice“-Regelungen?

Die Corona-Krise wird signifikante Auswirkungen auf den Büroflächenbedarf haben, fasst der Leiter des Research bei JLL, Helge Scheunemann, die Ergebnisse einer Befragung unter Büromietern, Investoren und Projektentwicklern vom April zusammen (Wirtschaftswoche 30.Juni 2020 „Killt der Heimarbeitsplatz den Büro-Immobilienmarkt?). Geht die Stadt etwa davon aus, dass sich über die Dauer des Mietvertrags mit der BRAWO an der Arbeitsplatzgestaltung nichts ändern wird? Kommunale Verwaltungsbüros sind doch geradezu prädestiniert für das Homeoffice. Insofern wird wohl in den kommenden 30 Jahren langfristig weniger Bürofläche benötigt werden, wenn viel Büroarbeitsplätze künftig wegfallen durch die neuen „Homeoffice“-Regelungen.

5. Wie hat sich ihre Fraktion bei der Abstimmung des Rates entschieden?

Die BIBS-Fraktion hat die in der Ratssitzung vom 29.9. beschlossenen Mehrkosten für „Nutzerspezifische zusätzliche Ausbauten“ für das geplante „Business Center III“ in Höhe von derzeit geschätzten 2,06 Millionen (Vorlage Ds. 20-13800) abgelehnt und ihre Beweggründe mit einer Pressemitteilung näher erläutert.
Auch den zuvor schon beschlossenen 30jährigen Mietabschluss hat die BIBS-Fraktion abgelehnt.

BIBS-Fraktion im Rat der Stadt Braunschweig: Astrid Buchholz – Prof. Dr. Dr. Wolfgang Büchs – Peter Rosenbaum

Wir fragen – Politik antwortet:

Teil I Die Grünen

Teil II Die Linke

Teil III Fraktion P2

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