Die Redaktion des Braunschweig-Spiegels konnte die Motivationen der Stadt zu diesem sehr langfristigen und teuren Projekt nicht erkennen, wir konnten keinen Plan erkennen – auch nicht wie die verschiedenen dezentralen Anmietungen z.B. im Packhofprojekt und Langerfeldhaus einzuordnen sind. Wir finden dass Entscheidungen dieser Größenordnung den Bürgern umfassend und verständlich vermittelt werden sollten. Daher fragten wir die Fraktionen des Rates, warum sie sich für oder gegen den Mietvertrag zwischen der Stadt Braunschweig und der Volksbank vom 15. Juli des Jahres entschieden haben.
Umfrage bei allen Rats – Fraktionen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Stadt hat mit der Volksbank BRAWO einen Mietvertrag abgeschlossen, der für 30 Jahre gilt und einen Quadratmeterpreis von 14 Euro festlegt.
Durch eine „Indexierung“ kann alle acht Jahre geprüft werden, ob die allgemeine Marktentwicklung eine Erhöhung hergibt.
Zusätzlich zu den so vereinbarten 90 Millionen Mieteinnahmen hat die Stadt der Volksbank noch einen Baukostenzuschuss von 2 Millionen zugesagt. Es gibt nun erhebliche Kritik an diesem Vertrag. Dabei wird der Eindruck geäußert, dass hier ein für unsere Stadt unvorteilhaftes Geschäft vorliege und dass der Rat eine schlecht durchdachte Entscheidung getroffen habe.
Damit die interessierten Bürger/-innen diesen Eindruck überprüfen können, bittet der Braunschweig-Spiegel nun alle Fraktionen, ihre jeweilige Entscheidung in dieser Sache und die jeweiligen Gründe dafür offen zu legen. Dazu legen wir Ihnen den unten aufgeführten Fragenkatalog vor. Sollten bei der Entscheidung Ihrer Fraktion Aspekte eine Rolle gespielt haben, die in unserem Fragenkatalog nicht berücksichtigt werden, notieren Sie bitte auch diese. Wir werden alle Antworten veröffentlichen. Im Hinblick auf die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen dürfte Ihre Antwort für viele Bürger von hohem Interesse sein.
Wir werden die interessanten und recht unterschiedlichen Antworten der Fraktionen in kurzen Zeitabständen veröffentlichen. Wir beginnen mit den Grünen, die sich für den Vertrag ausgesprochen haben:
Im Namen der Grünen Ratsfraktion antwortete Sven Wöhler auf die Fragen zum Business Center III:
1. Wie stehen Sie zu der Kritik, dass der vereinbarte Preis von 14 Euro / qm deutlich überhöht sei angesichts eines derzeitigen Marktpreises von etwa 9 Euro / qm?
2. Für die Volksbank BRAWO ergeben sich aus dem langjährigen Mietvertrag erhebliche Vorteile: mit der Stadt als jederzeit solventem Mieter entfällt jegliches Vermietrisiko, die anfallenden Verwaltungskosten sind äußerst niedrig und die Eigenkapitalbewertung verbessert sich. Wurden diese Vorteile bei der Preisgestaltung Ihrer Ansicht nach ausreichend beachtet?
Zu Frage 1 und 2: Tatsächlich liegt der durchschnittliche Mietpreis für Büroflächen in der Braunschweiger Innenstadt laut dem “Büromarktbericht Braunschweig 2019” im Moment bei durchschnittlich ca. 9 € / m². Allerdings gibt es hier je nach Lage und Ausstattung große Schwankungen vom 3 € / m² bis hin zu 18 € / m². Der Büromarktbericht, der vor der Corona-Pandemie veröffentlicht wurde, geht für Braunschweig insgesamt von einer angespannten Lage auch auf dem Markt für Büroimmobilien aus und rechnet mit steigenden Preisen. Von den in der Innenstadt insgesamt zur Verfügung stehenden 435.000 m² waren zum Zeitpunkt des Berichts nur 7.000 m², also 1,6 %, verfügbar.
Die Stadt Braunschweig beabsichtigt, im Business Center III im BraWo Park eine Fläche von knapp 13.000 m² anzumieten, und benötigt damit fast doppelt so viel Fläche, wie im Moment in der gesamten Innenstadt verfügbar ist. Dies macht deutlich, dass das Angebot an Flächen für die besonderen Bedürfnisse der Stadtverwaltung und in der gewünschten Größe nicht ohne weiteres auf dem Markt zur Verfügung stehen. Dies wird aus unserer Sicht von den Kritikern nicht hinreichend berücksichtigt, so dass wir uns diesen Argumenten nicht anschließen können.
3. Die Stadt hat zusätzlich einen Baukosten-Zuschuss von 2 Millionen Euro zugesagt. Halten Sie das angesichts der langfristigen Bindung für gerechtfertigt?
Es handelt sich bei diesem Baukosten-Zuschuss im Wesentlichen um eine anteilige Finanzierung von Kosten, die durch die spezifischen Anforderungen der Stadtverwaltung an die Büroflächen entstehen, also nicht zur Standardausstattung einer Büroimmobilie gehören. Ein solcher Zuschuss ist somit auch in dieser Höhe durchaus üblich.
4. Wie stehen Sie zu dem Argument, dass gerade nach der Corona-Pandemie in Zukunft erhebliche preisdämpfende Effekte auf dem Büroflächenmarkt zu erwarten sind? Insbesondere im Hinblick auf die stark gestiegene Nutzung von „Homeoffice“-Regelungen?
Darüber, ob und inwieweit sich die Corona-Epidemie auf den Markt für Büroimmobilien auswirken wird, lässt sich im Moment nur spekulieren. Der eigentliche Anlass für die Anmietung der Flächen im Business Center ist jedoch die Notwendigkeit, den Rathaus-Neubau am Bohlweg leerzuziehen, um hier endlich die dringend notwendigen Sanierungen durchführen zu können. Ein weiterer Grund war die starke Zersplitterung der einzelnen Verwaltungsstandorte und die Verteilung einzelner Abteilungen über nahezu das gesamte Stadtgebiet. Diese nach der Sanierung des Rathaus-Neubaus an dann zwei Standorten bündeln zu können, ist aus unserer Sicht auch nach dem Ende der Corona-Pandemie sinnvoll und spart übrigens Kosten ein, die mit den Mietkosten für das Business Center III gegengerechnet werden können.
5. Wie hat sich Ihre Fraktion bei der Abstimmung des Rates entschieden?
Wie sich aus dem bislang Gesagten ergibt, konnte die Grüne Ratsfraktion den Argumenten der Verwaltung zur Anmietung des Business Centers III folgen und hat der Vorlage im Fachausschuss und im Rat zugestimmt. Gruß Sven