Wir haben gewählt, wir wussten nur nicht was: 1000 Milliarden neue Schulden!

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Das ist Grundgedanke der Demokratie: in freien Wahlen stellen die Parteien das vor, was nach ihren Plänen in den kommenden vier Jahren umgesetzt werden soll; sie begründen die vorgeschlagene Politik, damit die Bürgerinnen und Bürger deren Konsequenzen überblicken können und sich dann zielgerichtet und wohl überlegt entscheiden können.

Nach der Wahl einigen sich CDU und SPD auf ein gigantisches Schuldenprogramm von 1.000 Milliarden plus. Warum plus? Weil sie die Schuldenbremse für alle Militärausgaben über einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) dauerhaft außer Kraft setzen wollen. Zur Zeit werden etwa 2 Prozent des BIP für die Bundeswehr ausgegeben, das sind 91 Milliarden Euro. Wenn nun also die Erhöhung auf 3 Prozent beschlossen wird, wären es schon 135 Milliarden, bei 4 Prozent wären es 180 Milliarden und bei den von Präsident Trump und Alice Weidel anvisierten 5 Prozent wären wir bei 225 Milliarden – pro Jahr!

„Wir haben im Wahlkampf das Gegenteil erzählt“ (Ralf Brinkhaus)

Besonders krass hebt sich dieser Plan von dem ab, was Herr Merz im Wahlkampf vertreten hat. Die Wähler der CDU konnten davon ausgehen, dass die CDU die Schuldenbremse, wenn irgend möglich, einhalten würde; traditionell spielen für sie Stabilitätsgedanken eine wichtige Rolle, die Aussage des Kandidaten Merz dürfte für ihre Wahlentscheidung eine wichtige Rolle gespielt haben. Nun aber sollen alle Dämme gebrochen werden. Wer sein Kreuzchen bei den CDU gemacht hat, muss sich nun getäuscht, ja betrogen fühlen. Niemand anders als der ehemalige Vorsitzende der CDU-Fraktion, Ralf Brinkhaus, beklagt das sehr empört (Bildzeitung, 5.3.25).

Und SPD und Grüne, waren die ehrlicher ihren Wählern gegenüber? Immerhin haben sie nicht erst seit gestern eine Reform der Schuldenbremse gefordert. Aber auch sie haben ihren Wählern nicht offen gesagt, dass sie ein Riesenverschuldungsprogramm befürworten; Frau Baerbock hat sich zwar kurz vor den Wahlen verplappert („700 Milliarden-Paket“), aber ihre Parteifreunde haben sich bemüht, das Thema bis zu den Wahlen unter der Decke zu halten. In allen Talkshows wurden die Versuche, das zum Thema zu machen, abgewimmelt – von CDU, SPD und Grünen unter tätiger Beihilfe der jeweiligen Journalisten und Moderatoren. Offenbar trauten sie sich nicht, vor dem Wähler offen auszusprechen, was ihrer Meinung nach nun notwendig sei, und dann in freier Auseinandersetzung für ihre Position zu werben.

Wir haben gewählt, wir wussten nur nicht was

Nein, die Wähler wussten nicht, was kommen wird. Vielleicht glaubten sie nicht alle Wahlversprechen im Milliardenumfang, aber dass ihnen nun das Gegenteil droht, wussten sie nicht. Damit wird der Grundgedanke der Demokratie mit Füßen getreten. Wir haben gewählt, ohne zu wissen was. Es erübrigt sich, darauf hinzuweisen, wie schädlich das für das Ansehen der Demokratie ist, für deren Erhalt viele Menschen in den letzten Monaten auf die Straße gegangen sind. Die meisten dachten, die Hauptgefahr käme von rechts. Nun lernen sie: Wer die Demokratie in der beschriebenen Weise außer Kraft setzt, schadet ihr vermutlich noch mehr.

Der alte Bundestag soll den neu gewählten in eine Zwangsjacke stecken

Und damit nicht genug. Da der Sonderverschuldungsposten „Infrastruktur“ wie die Aussetzung der Schuldenbremse für Militärausgaben einer Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Grundgesetzes bedürfen, diese aber im neu gewählten Bundestag wohl nicht hergestellt werden kann, soll nun der bereits abgewählte Bundestag noch schnell dafür herhalten. Sicher, juristisch ist das machbar, aber politisch ist es ein Skandal: denn erstens bildet der alte Bundestag den Volkswillen offenbar nicht mehr korrekt ab und zweitens maßt er sich an, den neu gewählten Bundestag in eine Zwangsjacke zu stecken, aus der er nicht mehr herauskommt; und die später folgenden Bundestage dann ziemlich sicher auch nicht mehr. Und das in einem solchen Tempo, dass die Abgeordneten selber kaum wissen, wie genau das „Sondervermögen“ ausgestaltet werden soll und nach welchem Plan die militärische Aufrüstung geschehen soll. Und ohne ausreichende Informationen darüber, wie sich die krasse Erhöhung der Schuldenbelastung auf Dauer auswirkt. Schließlich zahlen wir schon jetzt über 33 Milliarden pro Jahr an Zinsen für die bisherigen Schulden; daraus würden nach weiteren Schulden von 1.000 Milliarden dann 68 Milliarden, auf Dauer könnten daraus sogar leicht 100 Milliarden im Jahr werden, falls wir etwa wie Italien einen höheren Zinssatz zahlen müssten (Italien ist deutlich höher verschuldet ist als wir, was die Bonität verschlechtert) (FAZ, 4.3.25). Und was ist mit der Tilgung der Schulden? Immerhin steht ab 2031 die Tilgung des 100-Milliarden-„Sondervermögens“ für die Bundeswehr an, außerdem gilt es die Schulden für die Coronahilfen wie für die Energiepreishilfen ebenfalls zu tilgen. Und die 1.000 Milliarden neuer Schulden? Schon wird von Fachleuten erörtert, wie man die Tilgungen zumindest teilweise aussetzen könne, was dann zu einem Dauerschuldenberg mit Dauerzinsbelastung führen würde. Ein wahrer Albtraum.

All diese Zusammenhänge sind also weder ausreichend ausgeleuchtet noch ausführlich diskutiert. Selbst einige CDU-Abgeordnete sagen, dass niemand wisse, was aus den Schuldentöpfen genau bezahlt werden solle; sie vergleichen etwa den Sondertopf für Infrastruktur mit einem, so wörtlich, „Überraschungsei“. Und was für die gewählten Abgeordneten gilt, das gilt natürlich noch viel mehr für die Bürgerschaft, die nur noch zum Zuschauer degradiert werden soll. Wir – und nicht zuletzt kommende Generationen – sind einschneidender als je zuvor betroffen. Allerdings wird das nicht unbedingt sofort, sondern erst im Laufe der nächsten Jahre immer deutlicher spürbar werden – dann allerdings unausweichlich; man sieht schon die Politiker vor dem geistigen Auge, die dann bei allen möglichen Leistungen (nicht zuletzt den sozialen) den Rotstift ansetzen, mit den Schultern zucken: Was sollen wir denn machen, wir können es doch auch nicht mehr ändern!

1 Kommentar

  1. Zweifel an überstürzter Entscheidung für Milliardenprojekt – Pistorius in Bedrängnis

    Die Risiken, die mit überstürzten Entscheidungen verbunden sind, werden an einem Rüstungsprojekt deutlich, das noch schnell im Januar vor den Wahlen im Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossen wurde. Es geht um einen Auftrag, der über zehn Jahre rund 5,5 Milliarden Euro kosten soll: das Richtfunksystem TaWAN LBO. Der Bundesrechnungshof hatte deutliche Kritik an dem Projekt geäußert: „Der Vertragspartner kann die Anforderungen an die Bundeswehr an die Software überwiegend nicht erfüllen.“ Der Einsatzwert der angestrebten Software überzeuge noch nicht, außerdem gebe es eine kostengünstigere Variante, die nicht vorrangig umgesetzt werde.

    Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz bestätigt das überstürzte Vorgehen: Das Parlament sei im Januar, kurz vor den Wahlen, „ein wilder Hühnerhaufen“ gewesen. (Quelle für alle Informationen: t-onlie, 6.3.25)

    Ebenso überstürzt soll nun ein Projekt ganz anderer Größenordnung über´s Knie gebrochen werden. Auch jetzt stehen nur noch wenige Tage zur Verfügung, nun kommt sozusagen „Hühnerhaufen 2.0“.

    Und noch eins: Man kann sich jetzt schon vorstellen, dass eine ähnlich planlose Ausgabenpolitik für die militärische Beschaffung einreißen wird, wenn erst der Weg für Hunderte von Milliarden frei gemacht wird.

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