Wie geht es weiter mit den Braunschweiger Klimaschutzmaßnahmen?

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(Foto: Braunschweig Stadtmarketing GmbH/Daniel Möller)

Erste Details aus dem aktualisierten Klimaschutzkonzept 2.0

Am 5.10 2021 wurde vom Rat der Stadt der „Richtungsbeschluss – Klimaschutzkonzept 2.0“ verabschiedet. Zentraler Punkt war das Ziel, Klimaneutralität „nach Möglichkeit bis 2030“ zu erreichen. Das war ein mutiger und ambitionierter Beschluss, und damit steht Braunschweig zusammen mit anderen norddeutschen Städten wie Göttingen und Osnabrück an vorderster Stelle. Hannover und Oldenburg hinken mit dem Ziel „2035“ etwas hinterher. In Bremen wird das Ziel für 2038 angestrebt. Doch das entscheidende ist ja nun die Umsetzung, und dabei muss sich erweisen, wie ernst es die Stadt wirklich meint. Nach den Sommerferien soll das Konzept in detaillierter Form dem Rat präsentiert werden, das wäre der erste Schritt. Am 9.6. 22 wurden an einem Runden Tisch die Ratsfraktionen und andere Beteiligte wie Fridays for Future vom Umweltdezernenten Herlitschke und dem Klimaschutzmanager Hots vorinformiert.

Welche Ergebnisse deuten sich in diesen Mitteilungen an?

Von Klimaneutralität wird Braunschweig nach diesen Plänen 2030 weit entfernt sein. Es heißt: „Es verbleibt ein Rest von 0,46 Mio t CO2 / Jahr“. Die Prozentzahlen der Reduktion seit 1990 werden leider nicht genannt, lassen sich aber errechnen. Es ergibt sich ein Minus von 80% (mit Vorbehalt) gegenüber 1990. Es bleibt also ein dicker Batzen übrig.

Wie ist das einzuschätzen? Der Klimabeschluss lautete: „nach Möglichkeit“ sollen die Ziele erreicht werden. Da bleibt also viel Spielraum! Will die Stadt ihre Möglichkeiten nach den Plänen wirklich ausschöpfen? Einen Hinweis gibt eine Grafik der Präsentation für den Runden Tisch über die prognostizierte Entwicklung des Verkehrs, genauer gesagt des Energiebedarfs des motorisierten Individualverkehrs MIV.

Energiebedarf MIV

Vorangestellt sei, dass für Braunschweig erwartet wird, dass die Anzahl zugelassener Elektro-PKWs bis 2030 auf 80 Tsd. ansteigen wird, auch das wurde beim Runden Tisch mitgeteilt. Die Grafik zeigt, dass in dieser Zeit der Spritverbrauch, also damit auch die Zahl der PKWs um 40% sinkt, damit von 140 Tsd (aktuell) auf 84 Tsd in 2030. Zusammen mit den 80 Tsd E-PKWs ergibt das eine Summe von 164 Tsd PKWs. Wobei auch diese Zahl mit Unsicherheiten belastet ist, denn wir wissen nicht, ob diese E-PKWs auf Dauer in Braunschweig gemeldet bleiben. Dennoch: Nach den Prognosen müssen wir davon ausgehen, dass die Zahl der PKWs deutlich, bis zu 15% ansteigen wird!

Im Richtungsbeschluss 2021 stand u.a. der interessante Satz: „Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs sei eine prioritäre Maßnahme und schnellstmöglich umzusetzen!“ Nun ergibt sich das Gegenteil: Umgesetzt wird eine Steigerung des PKW-Verkehrs. Offenbar wird der Ratsbeschluss nicht ernst genommen.

Wie würden Maßnahmen aussehen, die den Menschen ermuntern, das Auto stehen zu lassen oder zu verkaufen? Der Öffentliche Nahverkehr muss einen schnelleren Takt bekommen, das Ziel schneller erreichen und natürlich preiswerter sein. Bessere Radwege, Vorfahrt für die RadfahrerInnen! Gleichzeitig muss das Parken der Autos verteuert werden, die Parkplätze reduziert. Und vierspurige Straßen auf zweispurige zurückgebaut werden. Es gibt also viele Möglichkeiten, die bis jetzt nicht genutzt werden. Sie sind, was das Parken betrifft, halt unpopulär.

Wenn Braunschweig den Richtungsbeschluss ernst nehmen will, muss die Stadt deutlich mehr tun als sich aus den bisherigen Veröffentlichungen andeutet. Es geht nicht um ein „kann“, sondern ein „muss“. Und das „Mehr“ ist möglich!

Die für jeden spürbaren und bedrohlichen Entwicklungen des Klimawandels lassen uns keine andere Wahl.

Wir dürfen gespannt sein auf die Veröffentlichung des endgültigen Klimaschutzkonzeptes 2.0 und die folgende Diskussion in den politischen Gremien und der Stadtbevölkerung.

1 Kommentar

  1. Der Beschreibung von Bernhard Piest ist kaum etwas hinzu zu fügen, was die Forderungen und die dringend nötigen Maßnahmen angeht.
    Interessant sind hingegen die Zwischentöne, die so zu hören sind.
    – Reduzierung MIV? -> klappt eh nicht!
    – Ausbau ÖPNV? -> Na ja, alles nicht so einfach und teuer!
    – Konsequente Umsetzung Stadtbahnausbau (SB+)? -> Puh, viel Arbeit, wenig Leute (will sagen: wenig Lust), man treibt sich gegenseitig nicht gerade an (BSVG Stadt)
    – Entwicklung MEP? -> business as usual…
    – Rückhalt in der Politik? -> s. FDP-Antrag zu SB+, DAS sagt alles! Mal sehen, wie Rot/Grün reagiert…
    usw.
    Die Hoffnung stirbt zuletzt!

    Cord Kundlich

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