Michael Müller sieht große Gefahren aufziehen – gerade in Europa. In der gut besuchten Paulikirche warnte er eindringlich vor einer Entwicklung, die dazu führen werde, dass Europa eine Brücke zum Krieg bietet: 700 Mitarbeiter der NATO sollen in einem neu aufgebauten Kommandozentrum auf deutschem Boden (in Wiesbaden) den Krieg der Ukraine koordinieren. Die Rüstungsausgaben werden immer weiter nach oben getrieben, und zwar weltweit. Dabei brauchten wir eine ganz andere Zeitenwende, als die vom Bundekanzler ausgerufene: die einer weltweiten Transformation der Wirtschaft in Richtung Klimaverträglichkeit. Und die für Militärausgaben angestrebten „2 Prozent“ würden ausreichen, um die Klimakrise erheblich einzugrenzen.
Sieht das denn niemand? Müller beklagt einen unglaublichen „Kriegskonformismus“, der sich besonders stark in Deutschland herausgebildet habe, in der Sprache und vor allem in Politik und Medien. In einer Studie zu Talkshows im deutschen Fernsehen im Jahre 2022 sei herausgearbeitet worden, dass 92 Prozent der Eingeladenen den Kriegskurs und das einseitige Betonen der Waffenlieferungen vertraten, ohne zumindest gleichzeitig für diplomatische Schritte zur Beendigung des Krieges einzutreten. Die Beobachtung haben viele schon selber gemacht. Auch die, dass inzwischen oft nicht einmal mehr eine Gegenstimme als Feigenblatt eingeladen wird.
Müller befürchtet, dass die jüngeren Generationen die Geschichte nicht kennen. Während die Älteren, jedenfalls diejenigen, die in der Nachkriegszeit aufwuchsen, noch ein klares Bild vom Krieg vor Augen hatten, erscheint vielen später Geborenen die Sache wie ein Spiel. Aber, so Müller, es gebe keine sauberen Kriege. Im Irakkrieg etwa hätten die USA ihre Maßnahmen als „chirurgische Eingriffe“ mit minimalen Schäden dargestellt, nach dem Ende des Krieges seien aber in Wirklichkeit 600.000 Menschen tot gewesen, wahrscheinlich sogar eine Million.
„Der Westen hat die ausgestreckte Hand nicht angenommen“
Nach Auflösung des Ost-West-Konfliktes habe es die einmalige Chance gegeben, eine friedliche Welt aufzubauen. Die sei offenbar verspielt worden. Warum? „Der Westen hat die ausgestreckte Hand Russlands nicht angenommen.“ Anschaulich berichtet Müller über die Aufnahme der Rede Putins vor dem Deutschen Bundestag, in dem es auch die Abgeordneten von CDU und CSU vor Begeisterung nicht auf den Stühlen gehalten habe.
Müller versucht Erklärungsansätze für die Entwicklung zu finden, aber mehr als einmal sagt er auch in aller Offenheit „Ich verstehe das nicht!“ Vor allem plagt ihn, dass all die Erfolge der Entspannungspolitik von Willy Brandt heute geleugnet werden. Sogar das Motto für diese Politik, „Wandel durch Annäherung“, werde heute verfälscht zu „Wandel durch Handel“. Er weist übrigens darauf hin, dass der Grundgedanke der Entspannungspolitik aus den USA kam: in einer berühmten Rede vom Juni 1963 habe Präsident Kennedy ihn vorgestellt. Unter anderem fiel der Satz „Frieden ist ein Prozess, ein Weg, um Probleme zu lösen“. Kennedy beschwor die Gefahren eines Atomkrieges: „Alles, was wir aufgebaut haben, würde in den ersten 24 Stunden zerstört werden.“ Und er stellte fest: “Wir geben enorme Geldsummen für Waffen aus, die besser für die Bekämpfung von Unwissenheit, Armut und Krankheit eingesetzt werden könnten.“
Entspannungspolitik für die SPD ein toter Hund?
Willy Brandt und Egon Bahr hätten daraus ein Konzept erarbeitet, das dann Jahre später umgesetzt werden konnte und letztlich zur Auflösung des Kalten Krieges führte. Nachdem das erreicht war, habe Brandt noch viel weitere Ziele gesteckt: neben einem umfassenden Konzept der gemeinsamen Sicherheit führte er den Gedanken der ökologischen Nachhaltigkeit und vor allem den der Solidarität des Nordens mit dem Süden in die internationale Diskussion ein, natürlich zusammen mit anderen. Wieso diese stolze Tradition der Sozialdemokratischen Partei wie ein toter Hund behandelt wird und heute als großer Fehler verdammt wird? Hier könnte man wieder den Satz „Ich verstehe das nicht!“ anführen. Jedenfalls vertreten Müller und einige Mitstreiter in der SPD eine klare Minderheitsposition. Offene Diskussionen darüber sind bisher nicht bekannt geworden.
Müller fordert jedenfalls in der Frage des Ukrainefrage diplomatische Schritte, die zur Beendigung des Krieges führen können. Der Westen habe allein durch die Ablehnung der im April 2022 in Istanbul erzielten vorläufigen Vereinbarungen zwischen Russland und der Ukraine erhebliche Verantwortung für die Entwicklung auf sich geladen. Sehr optimistisch wirkte Müller allerdings nicht. Zumal am Horizont schon der nächste Großkonflikt inszeniert werde: mit dem Konzept „2030“ bringe sich die NATO gegen China in Stellung, „eine der gefährlichsten Entwicklungen“.
Lang anhaltender Beifall zeigte, dass Müllers Informationen und Positionen dankbar aufgenommen wurden – und nicht zuletzt seine Offenheit.
Quelle Kennedy-Rede „American University Speech“, 10. Juni 1963: JFKLibrary.org (auf englisch)
Verfolgt man die Nachrichten
https://www.deutschlandfunk.de/gespaltene-reaktionen-der-deutschen-politik-auf-geplante-us-raketenstationierung-100.html
dann ist da die Rede von ‚Langstreckenwaffen‘.
Neben der Flugabwehrrakete SM-6, die wohl auch gegen Raketen wirken soll (also ein ABM-System?) tauchen auch Marschflugkoerper Tomahawk auf, die (wie bei der ‚Nachruestung‘ in den 80ern) wahlweise konventionelle oder Atomsprengkoepfe tragen koennen.
Was es mit ’neuen Ueberschallraketen‘ auf sich hat, ist weniger deutlich. Es koennte sich um eine Waffe neuer Qualitaet handeln, amerikanische Hyperschallraketen (‚Black Eagle‘?) – neue Qualitaet insofern, da ihre hohe Geschwindigkeit die Zeit fuer Radarerkennung und Reaktionen darauf stark verkuerzt und das ‚Gleichgewicht des Schreckens‘ eher weniger stabilisiert.
In den gleichen Standardcontainern untergebracht sind diese Raketen und ihr Standort aus der Luft nicht zu identifizieren.
Diese Waffen zu stationieren, ohne Diskussion (oder wenigstens Information) erscheint mir keine gute Praxis.
Sind das schon Kriegsvorbereitungen, oder ist das noch Abschreckung? Was ist mit der Diplomatie?
Und wer befeuert nun den Krieg in der Ukraine? Waere Deeskalation nicht die bessere Option?
Das erscheint auch etwas komisch von der Logik her:
schnelle Atomwaffen, die die Abwehr unterlaufen koennen, sind Erstschlagwaffen (um einen Gegener sofort auszuschalten).
Das braucht man _nur_, wenn man ungestraft angreifen will.
Wir wollen doch nicht angreifen? Wir wollen doch nur verteidigen und verlassen uns auf die Abschreckung – wir brauchen _nur_ eine gesicherte Zweitschlagkapazitaet (etwa in Bunkern, getarnt oder auf U-Booten).
Die Russen verwenden bisher nur konventionelle Hyperschallraketen, um die Flugabwehr zu umgehen, und keine Atomwaffen, aber selbst wenn sie welche haetten, waere es egal!
Weil: _wir_ verteidigen nur, wir schrecken ab, wir brauchen keine Erstschlag-, sondern (hoechstens 🙂 Zweitschlagkapazitaet!
(Motto: „Wer zuerst schiesst, stirbt als zweiter“)
Bleibt die Gretchenfrage: will hier jemand Ueberschall-(Hyperschall?)Raketen mit A-Sprengkopf?
[Kontrollieren koennte man das uebrigens mit gegenseitiger Ueberwachung vor Ort, wie es im ‚kalten Krieg‘ noch praktiziert wurde …]
Erst man ein Hinweis auf Kennedys Friedensrede: Präsident John F. Kennedy, 1963, Rede über den Weltfrieden https://wp.me/paI27O-4VX .
Wir müssen als Menschheitsfamilie das Ruder herumreißen, wieder gemeinsame Sicherheit im Namen von Willy Brandt und Egon Bahr und unbedingten Friedenswillen beschwören und uns auf das Manifest von Russell und Einstein berufen: Nie wieder Krieg! Dann haben wir die Chance, unser Leben in Frieden und nachhaltig zu führen und können die Erde und das Weltall und die Kunst in aller Tiefe erkunden… Ich hoffe auf BSW, Sahra for president…