Grüne Ratsfraktion bedauert Betreiberwechsel durch Vergabe nach Best-Price-Prinzip
Leonore Köhler, sozialpolitische Sprecherin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende, erklärt: „Mit großer Bestürzung haben wir den Betreiberwechsel der Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine im „Vienna Easy House“ Anfang des Monats zur Kenntnis genommen. Wie aus Stellenausschreibungen zu entnehmen ist, wird die Unterkunft jetzt von Ecolog, einem Militärdienstleister mit Sitz in Dubai, betrieben.
Dies ist insbesondere ethisch und moralisch höchst fragwürdig, da es hier um den Umgang mit traumatisierten, vor dem Krieg Geflüchteten geht. Außerdem müssen wir anzweifeln, ob die notwendigen fachlichen Standards, die für einen verantwortungsvollen Betrieb der Unterkunft notwendig sind, wie der Einsatz von qualifizierten Sozialpädagog*innen, bei einem Militärdienstleister gegeben sind.
Die Stellenausschreibungen, welche Ecolog für Personal zum Betrieb der Unterkunft geschaltet hat, legen diese Vermutung jedenfalls nahe. Die Neuvergabe selbst ist nicht öffentlich, daher können wir uns dazu nicht äußern, die Ausschreibung jedoch schon. Diese listet für die Neuvergabe der Unterkunft eine Reihe von sehr guten Qualitätsanforderungen an den künftigen Betreiber der Unterkunft auf, endet jedoch letztlich damit, dass das einzige Zuschlagskriterium der angebotene Preis ist. Wir haben es hier also mit einer Vergabe nach Best-Price-Prinzip zu tun.
Dies kann und darf nicht der Anspruch von Braunschweig als soziale Stadt sein! Wir brauchen, insbesondere bei Ausschreibungen im Sozialbereich, weitere Kriterien, die fachliche Standards sichern – schließlich geht es hier um Menschen!“
Dr. Elke Flake, Mitglied des Ausschusses für Soziales und Gesundheit sowie des Ausschusses für Vielfalt und Integration, ergänzt: „Die Ausschreibung fiel in die Zeit des unbesetzten Sozialdezernats in der Stadt Braunschweig. Mit unserer neuen Sozialdezernentin Dr. Christina Rentzsch konnten wir bereits erste positive Gespräche führen, damit in Zukunft die Ausschreibungen des Sozialbereichs entsprechende fachliche Anforderungskriterien auch für die Vergabe enthalten.
Daher haben wir auch für den morgen stattfindenden Ausschuss für Vielfalt und Integration einen Tagesordnungspunkt zur Vergabe von Geflüchtetenunterkünften beantragt. Hier wollen wir den aktuellen Fall sowie ein weiteres mögliches Vorgehen diskutieren. Das sind wir den geflüchteten Menschen, aber auch den bisherigen Betreibern schuldig. Das DRK, welches bisher die Unterkunft betrieben hat, hat bisher ausgezeichnete Arbeit geleistet und insbesondere zu Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen die Ukraine schnell reagiert und ein umfassendes Hilfsangebot für Geflüchtete in unserer Stadt bereitgestellt.
Für die qualifizierten Sozialpädagog*innen, die unter anderem Beratungen für die Geflüchteten durchgeführt haben, musste durch das DRK schnell eine Übergangslösung geschaffen werden, um das Personal nicht zu verlieren. Wie es hier jedoch weiter geht, ist offen. Wie jetzt die Integration in die vielfältigen Unterstützungsangebote des kommunalen Netzwerkes geschehen soll mit einem Betreiber, der ohne lokale Kenntnisse von weit außen kommt, ist ebenfalls offen. Diese Fragen und wie wir die Lücke schließen, die nun im Beratungsbereich in unserer Soziallandschaft der Stadt klafft, müssen wir als Politik im morgigen Ausschuss diskutieren.“