„Es geht bei diesem Streit nicht um Arbeitnehmerinteressen, sondern um Machtverteilung.“ Porsche-Betriebsratschef Hück bringt es auf den Punkt. Der öffentlich ausgetragene Streit mit seinem VW-Kollegen Osterloh beleuchtet den brutalen Machtkampf aus Sicht der Arbeitnehmer. Die Vorarbeiter von Porsche und VW keilen sich in aller Öffentlichkeit. Informationsfetzen fliegen unkontrolliert durch die Presselandschaft. Die Nerven liegen blank. Der ehemalige Thaibox-Europameister Hück bezeichnet seinen VW-Kollegen als „angeschlagenen Boxer“. „So jemand ist dann unkontrolliert.“ Osterloh rede „wie ein Kapitalist“, wenn er sage, „eine Belegschaft von 324.000 Mitarbeitern sei mehr wert, als eine mit 12.000.“ Osterloh kocht, sieht sich seinerseits von Hück verraten und verkauft. Er und seine Kollegen wurden eiskalt über den Tisch gezogen. Inzwischen ist klar: die mysteriöse Heuschrecke, die an VW knabberte, hört auf den Namen Porsche. Damit erzeugte man Angst und Schrecken. Die übernahme, die angeblich verhindern werden sollte, hatte man selbst angezettelt. Mehr als 31 Prozent der Aktien hat Porsche bereits. Optionen auf weitere Anteile ebenfalls. Denn in Wirklichkeit geht es um viel mehr. Man will nicht nur die Aktienmehrheit. Porsche will VW vollständig schlucken. Ein großer deutscher Konzern wird auf ganz spezielle Weise „privatisiert“. „Piech will VW kaufen“, so Automobilexperte Dudenhöfer in der Welt vom 17. November 2006. „Heim ins Reich der Familie seines Großvaters“, vermeldete das Handelsblatt zu Piechs Plänen am 27. Dezember 2006. Porsche-Miteigentümer Piech beaufsichtigt das übernahmegeschäft derweil direkt aus dem VW-Konzern.
Osterloh weiß inzwischen, das Geld, mit dem Porsche VW kauft, stammt von VW. Von den VW-Werkern selbst erarbeitet. VW baut für den Konkurrenten Porsche den Geländewagen Cayenne. Für Porsche war dies technologisches Neuland. Neben dem Wissen fehlten 1999 auch die finanziellen Mittel für ein solches SUV-Projekt. Das gibt Hück offen zu. Der Porsche-Cayenne basiert auf der Plattform des VW-Touareg. Gebaut wird er in Bratislava. Selbstverständlich auf einer VW-Anlage. Nur Reifen und Motor installiert man in Leipzig. Ein gigantisches Täuschungsmanöver – nicht nur für die Porsche-Kunden. Aber extrem profitabel. In der Slowakei zahlt Porsche nur 1/6 der deutschen Löhne. Bei einem Cayenne Turbo S verbleiben somit bis zu 50.000 Euro Profit in der Porsche-Kasse. Osterloh weiß, dass es für VW strategisch sinnvoller und außerdem sehr viel profitabler gewesen wäre, den hochpreisigeren SUV ebenfalls im VW-Konzern zu belassen. Z. B. bei der VW-Tochter Audi. Die Milliardengewinne wären so bei VW geblieben. Nun kauft sich Konkurrent Porsche mit den Milliarden, die von VW stammen, nicht nur bei VW ein. Das Weltunternehmen VW wird sogar zur Porsche-Filiale degradiert.
„Gekaufte Betriebsräte verraten die Belegschaft“, urteilte Prof. Rüthers am 19. Dezember 2006 in der FAZ. Osterlohs Vorgänger Volkert hatte dem Cayenne-Deal zu Lasten des VW-Konzerns zugestimmt. Im VW-Konzernbordell in Braunschweig hatten die Herren damals andere Sorgen. Dort verbrachten sie ihre Zeit mit käuflichen Damen. Gebucht auf das Konto 1860. Die VW-Revision war vorsätzlich abgeschaltet worden, hatte dies Konto für die Rotlichtrechnungen freigeschaltet. So schuf man rechtsfreie Räume im Konzern. Das ist zwar extrem kriminell, stört die darob informierte Justiz bis dato aber nicht im Geringsten. Zuständig für die ordnungsgemäße Arbeit der Revision ist der Vorstandschef. Der hatte den Staatsanwälten gestanden, das Konto sei nicht überprüft worden. Begründung: zu geringe Beträge. Das ist oberdreist. Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat veruntreuten allein über dies Konto Konzernvermögen in Millionenhöhe. Inzwischen ist belegt, dass bei VW sogar Original-Bordellrechnungen abgebucht wurden!
Im Aufsichtsrat begleiteten auch die jeweiligen Ministerpräsidenten den für den Konzern extrem schädlichen Cayenne-Deal. Bar jeder Managementerfahrung dürfen sie dort dilettieren. Staatsanwälte bearbeiten die kriminellen Vorgänge bei VW daher mit gebremstem Elan oder gar nicht. Siehe VW-Revision. Sie sind politisch weisungsgebunden. Damit rechnen die Täter. Die Folgen sind nicht nur für VW dramatisch. Die kriminelle Historie der WestLB ist ein weiteres Beispiel für die Folgen dieses Krebsgeschwürs unseres Rechtssystems. Der Deutsche Richterbund fordert daher die Abschaffung der Weisungsgebundenheit. Sonst kommt durch die grob ungesetzlichen Machtspiele der Polit-Justiz nicht nur VW, sondern der gesamte Rechtsstaat unter die Räder.
Peine, den 24.09.2007 Prof. Dr. Ing. Hans-Joachim Selenz