„Letzte Generation“-Aktivisten bedauern Tod von Radfahrerin – Stellungnahme zum Unfall

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Foto: Letzte Generation

In Berlin wird eine Radfahrerin nach einem Unfall mit einem Betonmischer für hirntot erklärt. Nun äußern sich Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ dazu, denen vorgeworfen wird, eine Mitschuld zu tragen, weil sie durch eine Aktion einen Stau ausgelöst hatten, den auch das Rettungsfahrzeug durchfahren musste. Ihren „friedlichen Widerstand“ wollen sie aber nicht einstellen. (red)

Von Carla Hinrichs, Sprecherin Letzte Generation

Es ist Zeit, eine Grenze zu ziehen

Wir sind auf die Straße getreten, weil wir das unfassbare Unrecht in unserer Gesellschaft nicht mehr hinnehmen wollen. Weil wir uns moralisch verpflichtet fühlen, zu handeln und nicht sehenden Auges in den Abgrund zu gehen. Und weil die Geschichte gezeigt hat, dass friedlicher ziviler Widerstand funktioniert.

Wir wussten, dass uns einiges entgegenschlagen wird. Wir wussten, dass wir uns viele Feinde machen würden. Weil wir Menschen unterbrechen. Weil wir stören. Weil wir das Schreckliche an die Öffentlichkeit bringen.

Dass ein ganzes Mediensystem sich gegen uns wenden würde, damit haben wir nicht gerechnet.

Seit Montag bricht eine Welle der Vorwürfe, Unwahrheiten und Hetze über uns hinein. Eine Welle anders als je zuvor. Von privaten bis öffentlich-rechtlichen Medien. Vorher wurde uns neutrale, faktenbasierte Berichterstattung als journalistisches Grundprinzip verkauft. Heute lesen, sehen und hören wir in kaum einem einzigen Medium Berichterstattung nach diesem Prinzip.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Dass die Radfahrerin im Straßenverkehr verunglückt ist, ist furchtbar. Wir sind bestürzt und in Trauer. Doch ist es an der Zeit, eine Grenze zu ziehen.

Der Unfall fand mehrere Kilometer von jedem unserer Aktionsorte statt. Auf der A100 befanden wir uns auf einer Schilderbrücke. Die Polizei regelte den Verkehr darunter selbstständig und reduzierte ihn auf eine Fahrspur. Wir hatten die Polizei vor Betreten der Schilderbrücke informiert und um eine Umleitung von Einsatzfahrzeugen und das komplette Sperren der A100 für den Autoverkehr gebeten. Wir haben in all unseren Protesten immer eine Rettungsgasse. Das zum Was-ist. Und jetzt?

Die mediale Öffentlichkeit instrumentalisiert den Unfall der Radfahrerin. Das können wir nicht fassen.
Als sei endlich ein Aufhänger gefunden, unseren friedlichen Protest durch den Dreck zu ziehen. Ist es zu fassen, dass eine Medienlandschaft, die sich die Aufklärung der Gesellschaft auf die Fahnen schreibt, eine Situation in dieser Form fiktiv aufbauscht und damit demokratischen Protest in einer Krisensituation delegitimiert?

Wir wissen, dass unser Protest in vielerlei Hinsicht unangenehm ist. Tag für Tag konfrontieren wir die Menschen mit dem, was wir alle so gerne ignorieren würden. Das stört. Aber dass wir uns nicht einmal auf die einfachsten Prinzipien in einer Demokratie – wie neutrale, faktenbasierte Berichterstattung – verlassen können, schockiert uns.

Doch das haben wir nicht in der Hand. Was wir in der Hand haben, ist, was wir selbst tun. Mögen private Medien weiter zu Gewalt gegen uns aufrufen. Mögen Journalist:innen von öffentlich-rechtlichen Medien uns weiter am Telefon beleidigen.

Was immer uns als Menschen an öffentlicher Hetze entgegenschlagen mag, wird uns nicht davon abbringen, das einzig moralisch Richtige zu tun: In einer alles entscheidenden Krise nicht zu verharren, sondern loszugehen.

Die Bundesregierung soll unseren Protest beenden – jetzt –, indem sie die Krise in den Griff bekommt.
Bis dahin geht der Widerstand weiter.

1 Kommentar

  1. Die Aktionen der „Letzten Generation“ kann man ja unterschiedlich bewerten oder kritisieren.
    Fest steht, dass viel Mut dazu gehört, sich auf die Straße zu setzen, um den tödlichen Feind „Autoverkehr“ zu stoppen. Ich würde mich nicht trauen. Aber nun die AktivistInnen für den Tod einer Radfahrerin, die von einem Betonmischer überrollt wurde, verantwortlich zu machen, ist wirklich eine mediale Schande! Wer steuert diese Presse eigentlich? Unser völlig überlasteter Auto-und LKW-Verkehr in den Großstädten führt doch ständig zu tödlichen Unfällen für die Schwächeren auf den Straßen, die RadfahrerInnen und FußgängerInnen. Da liegt doch die Hauptverantwortung bei denen, die dieses gefährliche Chaos planen und zulassen, nicht aber bei den KlimaaktivistInnen! Was sind das für JournalistInnen? Wer bezahlt diese Berichterstattung? In wessen Interesse wird so die Wirklichkeit verdreht?

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