Ist stilles Gedenken in Zeiten lauten Kriegsgeschreis angemessen?

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Grabsätte von der Schulenburg auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof Foto: Patrick Lücke

Kranzniederlegung am Grab von Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg

Am 20. Juli 2024, 11:00 Uhr setzte sich eine kleine Schar Menschen, Repräsentanten von SPD, CDU, FDP, BSW, AfD und IPPNW am Eingang des Hauptfriedhofes in Bewe­gung, um die Grabstätte derer von der Schulenburg zu erreichen. Am Grab erfolgte eine Kranzniederlegung durch die Bürgermeisterin Antonelli-Ngameni, der die Anwesen­den mit intensivem Schweigen folgten.

Dem schloss sich eine Gedenkminute an, mit der die Veranstaltung beendet wurde. Eine verbale Würdigung des Eintretens von Friedrich Werner Graf von der Schulenburg für Frieden und die Beendigung des Krieges unterblieb.

Christoph Krämer, ein Braunschweiger Bürger und Mitglied der IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War) wollte Bürgermeisterin Antonelli-Ngameni einen Hinweis auf das aktuelle Wirken eines Nach­fahren des ermordeten deutschen Botschafters überreichen, was sie aber abwies.

Ein Nachtrag

Am 20. Juli 1944 nahm Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg am Umsturzversuch des militärischen Widerstandes in der Zeit des Nationalsozialismus teil. Das Attentat scheiterte. Von der Schulenburg wurde am 10. November 1944  in der Hinrichtungsstätte des Strafgefängnisses Berlin-Plötzensee gehängt.

Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg war fraglos eine vielschichtige Persönlich­keit. Letztendlich aber ein Mann mit Gewissen – und schließlich, wie die anderen Mit­glieder der von-Stauffenberg-Gruppe, beseelt von dem Gedanken, den Weltkrieg zu stoppen. Was selbst zu diesem späten Zeitpunkt noch mindestens Hundertausende von Menschenleben gerettet hätte.

Auch heute macht einer derer von der Schulenburg, Michael Graf von der Schulenburg, von sich reden. Ein ebenfalls mutiger Mann, der für den Frieden und für die Beendigung des Krieges in Europa eintritt.  Er wurde gerade ins EU-Parlament gewählt. Als partei­loses Mitglied der Gruppe ver­öffent­lichte er hier am 17. Juli 2024 die Stellungnahme des BSW gegen die Kriegsresolution des neu gewählten Parlaments. Es ist ein flammender Aufruf zur Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und daher für Verhandlungen statt Eskalation.

Michael von der Schulenburg schöpft aus jahrzehntelanger Erfahrung als UN-Spitzen­diplomat in Friedensmissionen – in Iran, Irak, Afghanistan, Afrika –, für die er hoch ausgezeichnet wurde.

Der Krieg in der Ukraine hat die Welt näher an eine nukleare Katastrophe gebracht als irgendein anderer Konflikt seit dem Ende des Kalten Krieges – vielleicht sogar seit Ende des 2. Weltkriegs. Um den Frieden zu erhalten, bleibt uns nur ein einziger Weg, der Weg über eine freiwillige Einigung zwischen den Staaten. Konflikte sind nur friedlich und nicht durch militärische Eskalation zu lösen (Michael von der Schulenburg).

Worte, die dem Gedenken Friedrich-Werner Graf von der Schulenburgs am 20. Juli 2024 würdig gewesen wären.

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