Herbert Kastner zum Bildungskonzept der Kultusministerin

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Die Integrierten Gesamtschulen Niedersachsens sind in großer Gefahr. Nachdem die Wulff-Regierung Neugründungen von IGSen per Gesetz 2002 verboten hatte, musste sie aufgrund der landesweiten Proteste vor der Landtagswahl versprechen, das Verbot zurückzunehmen. Das tat die Wulf-Regierung auch. Das neue Gesetz lässt die Gründung von Gesamtschulen, wie auch in Braunschweig die 4. IGS, wieder zu, jedoch unter höchst schwierigen Bedingungen. Die vorgeschriebenen Elternumfragen, die vor einer möglichen Gründung durchgeführt werden müssen, belegen, dass eine große Mehrheit der Eltern IGSen für ihre Kinder haben möchten. In Braunschweig ist die Mehrheit so hoch, dass eine 5. IGS inzwischen gefordert wird.

Doch die Wulff-Regierung und mit ihr die CDU und FDP, lässt nicht locker. Sie wollen die Attraktivität der Gesamtschulen inzwischen zerstören, indem sie die besondere Pädagogik dieser Schulform zerstören. Damit erhofft sich MP Wulff, dass diese Schulform bei den Eltern unbeliebter wird. Das ist aus ihrer Sicht wahltaktisch klüger als ein Verbot.

Siehe dazu auch den folgenden Beitrag des Schulexperten einer früheren Landesregierung.

Das Bildungskonzept der Kultusministerin
von Herbert Kastner

Frau Heister-Neumann, Kultusministerin, „will die IGS nicht kaputt machen“. Diese Aussage kann leider nicht ernst genommen werden. Es wird vielmehr wieder einmal deutlich, dass die Kultusministerin von der Aufgabe, der Struktur und den Arbeitsweisen der IGS keine Ahnung hat oder – und darauf deuten die zahlreichen Hürden hin, die sie gegen die Errichtung neuer Gesamtschule aufgebaut hat – die IGS in der Tat zerstören will.

Das von ihr vertretene „Bildungskonzept“, die Unterscheidung zwischen einer „akademisch ausgerichteten Schullaufbahn mit dem Abitur nach zwölf Jahren und einer berufsorientierten Laufbahn“ ist das Konzept des gegliederten Schulsystems, widerspricht aber grundsätzlich und im einzelnen dem der IGS. Anscheinend verwechselt Frau Heister-Neumann, die doch wenigstens Grundlinien des von ihr verantworteten Schulsystems kennen sollte, auch die IGS mit der Kooperativen Gesamtschule.

Wenn eine Ministerin auch nicht alles wissen und kennen muss, dann sollte sie aber zumindest Mitarbeiter und Berater suchen, die von der Materie etwas verstehen. Doch auch das ist anscheinend leider nicht der Fall. Sonst wäre nicht ein ausgewiesener Fachmann und jahrzehntelanger Referatsleiter für Gymnasien nicht auch zuständig für Gesamtschulen. Die Struktur, die Herr Bade, den ich als Kollegen noch aus meiner Zeit im Kultusministerium kenne, für eine andere IGS vorschlägt, widerspricht absolut den Aufgaben und Arbeitsweisen einer wirklichen IGS, eine Entscheidung über Schulabschlüsse möglichst spät zu treffen und die Schüler nicht vorzeitig in abschlussorientierte Klassen zu sortieren.

Mit ihrem „Bildungskonzept“ macht Frau Heister-Neumann die IGS kaputt und verschließt damit einem großen Teil von Schülerinnen und Schülern einen für diese immer noch möglichen Bildungs- und Lebensweg. Wird sie mit diesen Maßnahmen ihrem Auftrag, für alle Schülerinnen und Schüler da zu sein, noch gerecht? Wer eine solche Entscheidung schönredet, belügt sich selbst und alle anderen, Er stärkt das Misstrauen in und die Unglaubwürdigkeit von Politikern und der Politik schlechthin. Er schadet dadurch unserer Demokratie.

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