Die Braunschweiger Zeitung und die Liebe zur Wahrheit (I)

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Vorbemerkung
Wir wissen: Monopole sind schädlich. Monopole können missbraucht werden. Ein wirtschaftliches Monopol schadet der Marktwirtschaft,  ein politisches Monopol – etwa das einer Partei  –  schadet der Demokratie, ein Pressemonopol schadet der Freiheit der Information und der Meinungsbildung.

Die Braunschweiger Zeitung ist ein Quasi-Monopol: auf die lokale Ebene bezogen hat sie seit langer Zeit keine wirkliche Konkurrenz, wenn man einmal von einigen kleinen Medien mit geringem Verbreitungsgrad absieht. Aber werden Monopole denn immer gleich missbraucht?  Können sie nicht auch „gezähmt“ und kontrolliert werden? Wäre zum Beispiel die Liebe zur Wahrheit die oberste Richtschnur des Verlegers wie der Redaktion eines solchen Mediums, so wäre doch denkbar, dass die Gefahren des Missbrauchs in engen Grenzen gehalten würden. Wie also steht es um diese Liebe zur Wahrheit? Das soll in einer kleinen Serie an einigen Beispielen untersucht werden.

I: „Peinlich für die Redaktion“ – aber keiner erfährt es

Dezember 2006, kurz nach der Kommunalwahl. Der Oberbürgermeister, der während des Wahlkampfes immer beteuert hatte, er werde keinen Cent in das „Schloss“ stecken, gibt 14 Tage vor der Ratssitzung, in der er dann doch viel Geld für den Innenausbau mit bewilligen wird, eine Pressemitteilung heraus. Darin stellt er sich als hin- und hergerissen dar, als ringe er noch mit sich. Das ist sein gutes Recht, jeder kann selbst entscheiden, ob er ihm das abnimmt oder nicht.

Doch was macht die Braunschweiger Zeitung? Sie druckt die gesamte Mitteilung der städtischen Pressestelle wörtlich ab (sogar einschließlich eines Grammatikfehlers), setzt das Kürzel „red.“ darunter  und erweckt so den Eindruck eines redaktionellen Beitrags. Sie macht sich schlicht zum Sprachrohr des Oberbürgermeisters. Im Übrigen verstößt sie damit gegen den Kodex des Presserats, der in Richtlinie 1.3 ausdrücklich verlangt, dass abgedruckte Pressemitteilungen von Behörden als solche gekennzeichnet werden müssen.

Die Sache wird dem Pressrat vorgelegt  (Beschwerdesache BK 1 – 363 / 06). Im Schreiben des Presserats zur Entscheidung wird ausgeführt, dass der Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung ausgeführt habe, „es sei peinlich für die Redaktion, dass die Pressemitteilung nicht als solche gekennzeichnet wurde“. Er habe Vorkehrungen dafür getroffen, dass so etwas nicht mehr vorkomme. Der Presserat stellt fest, dass die Beschwerde begründet ist und spricht einen „Hinweis“ aus.

Hat die Redaktion gegenüber ihren Lesern klargestellt, dass sie ihnen die Darstellung des OB als redaktionellen Beitrag vorgespiegelt hatte, hat sich Herr Raue bei den Lesern für die „Peinlichkeit“ entschuldigt? Nein. Nicht einmal über den „Hinweis“ des Presserats hat die Braunschweiger Zeitung ihre Leser je informiert.

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