Für brennende Urwälder sind auch wir verantwortlich

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Abgebrannter Regenwald, um Palmöl in den riesigen Plantagen zu gewinnen. Das Ökosystem ostasiatischer Regenwald ist völlig zerstört. Foto: Sandra Hoyn

Der Feind ist ausgemacht: Jair Bolsonaro lässt „seine“ brasilianischen Urwälder abbrennen, um Agrarflächen zu gewinnen. „Unsere Lungen brennen“, so die Bildzeitung empört. Gebrannt wird, weil die Sojabohne Land braucht, denn der weltweite Bedarf nach Protein-Viehfutter für die industrielle Tiermast (Schweine, Rinder, Milchkühe, Geflügel und Aquafarming) ist riesig, zumal im derzeitigen Handelskrieg. Bolsonaro reagiert also auf den Weltmarkt. Der braucht nun mal gentechnisch verändertes Soja, damit es billig mit Hilfe von Glyphosat produziert werden kann und wir (auch China) unsere Tiere damit billig füttern können. So bekommen wir billiges Fleisch auf unseren Teller oder können billige Schweinehälften nach China exportieren.

Urwälder werden auch verbrannt, weil auf unseren EU-Markt verstärkt Mercosur-Rindfleisch kommen soll; wir wollen schließlich auch unsere Industriewaren dort verkaufen. Der ausgehandelte Mercosur-Vertrag soll das regeln. Klimaschutz und Schutz der Biodiversität und Schutz der Menschenrechte kommen in diesem Vertrag nicht vor (Problem: Indigene, Kleinbauern, Landgrabbing). Es ist anscheinend doch nicht so wichtig, wenn Kulturen sterben, Kleinbauern hungern oder gar Guerillakriege beginnen und Land wie seit Jahrhunderten geraubt wird.

Rinder der wärmeliebenden Zebu-Rasse auf ehemaliger Regenwaldfläche in extensiver Haltung im nördlichen Amazonasbecken. Foto: Uwe Meier

Die verlogene Diskussion

Ohne den rechtsradikalen Bolsonaro mit seiner Brandschatzung in Schutz nehmen zu wollen, das Problem ist nicht nur der rechtsradikale Präsident sondern auch unser Fleischhunger und damit „unsere CO2- und Methanemission. Wo kein Markt, da keine Soja-Produktion und kein Feuer. Der freie Markt wird ja insbesondere in Deutschland als der Pfeiler des Wohlstands hoch gelobt. Die Folgen des „freien Marktes“ werden wir tragen müssen – z.B. den Klimawandel und den Verlust an Biodiversität. Dieser Verlust ist nicht in unserem Fleischpreis eingepreist, auch nicht das Nitrat im Grundwasser aus der Güllewirtschaft. Diese Kosten sind ausgelagert (externalisiert). Unsere Fleischpreise basieren also auf Lügen.

Wir, die Industrienationen, reichern die Atmosphäre mit CO2 an. Wir in Deutschland, die nun gerne auf die brennenden Wälder in Brasilien zeichen, sind noch nicht mal in der Lage die CO2-Emission geringfügig zu reduzieren und das Klimaabkommen von Paris einzuhalten oder gar eine wirksame Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn einzuführen. Aber wenn Brasilien seine Wälder abfackelt, geht ein Aufschrei durchs Land. Nicht der SUV wird in Frage gestellt, geschweige denn unsere Industriepolitik. Schließlich wollen wir weiter unsere SUVs kaufen und in den Urlaub fliegen.

Die Boden – Soja – Glyphosat – Tierfutter – Fleisch/Milch – Folge

Die Landwirtschaft lebt von und mit natürlichen Kreisläufen. Nicht so die industrielle Landwirtschaft; sie wirtschaftet nicht in Kreisläufen sondern linear. Jeder oben aufgeführte Produktionsfaktor hat seine speziellen Probleme, die kaum lösbar scheinen.

Mit RoundUp Ready (Wirkstoff: Glyphosat) abgespritzter Boden mit Erosionsschäden in dem Department Caqueta (Süden Kolumbiens) Oben links ohne Glyphosat.
  • Der Boden ist nicht vermehrbar, er wird ausgebeutet, degradiert und durch Landgrabbing auch geraubt.
Sojabohnenfeld in Rio Grande do Sul (Brasilien)
  • Soja ist eine hoch wertvolle Pflanze mit phantastischen Eigenschaften. Sie wird jedoch, um sie zu „optimieren“ gentechnisch verändert, damit sie glyphosatverträglich wird. Das hat diverse negative Folgen.
Sojapflanze. Quelle: Ed. Uwe Meier 1996: BBCH-Monograph. „Growth stages of Plants.“ Blackwell Science
  • Glyphosat ist ein Herbizid, das aus medizinischen und ökologischen Gründen in Diskussion steht. Die deutsche Firma Bayer stellt es her.
  • Tierfutter, also importiertes Sojaschrot, ist genetisch verändert. Die Sojaproduktion wird dadurch kosteneffizienter und kann dadurch billiger auf dem Weltmarkt angeboten werden. Dadurch lohnt sich die industrielle Produktion von Tieren. Die Folge ist das billige Fleisch für uns und den Export nach China.
Plakat auf einer Domonstration gegen die Massentierhaltung
  • Industrielle Massentierhaltung hat natürlich die bekannten Folgen wie Gülle- und Nitratprobleme im Grundwasser, Antibiotika im Grund- und Oberflächenwasser. Verstümmelung und Massentötung von „lebensunwertem Leben“ (Küken).
Gebratener Hahn. Hier ein Biohahn von 2,5 kg, aufgezogen ohne Soja. Preis 25 Euro. Das ist gerechtfertigt für so ein tolles Tier, das ein gutes Leben hatte. Es geht auch anders, wenn man seltener Fleisch isst.

Um es verkürzt zu sagen: Die brasilianischen Wälder brennen auch, weil wir unsere Autos und Maschinen verkaufen müssen, denn unsere Exportgüter müssen schließlich bezahlt werden. Und bezahlt wird auch mit dem Erlös aus Soja. Doch zuvor müssen die Wälder brennen! Denn seit dem Handelskrieg mit China gibt es nicht genug Soja außerhalb der USA.

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