Feinstaub: Gesundheitliche Folgen und ökonomische Auswirkungen

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Umfangreiche Studien aus den USA und der EU belegen seit Jahren, dass Feinstäube (Partikel) mit Größen von 10 µm (Millionstel Meter) bis weniger als 0,1 µm Atemwegserkrankungen (insb. Asthma), Herz-Kreislauferkankungen, Lungenkrebs, und Allergien verursachen. Zitat Prof. Dr. med. U. Hüttemann, Dt. Ärzteblatt 2/1996: „Ultrafeine Partikel dingen nicht nur in die Lungenbläschen vor, sondern sie verstärken den entzündungsauslösenden Effekt auch von anderen organischen Flugpartikeln (z. B. Pflanzenpollen). Unabhängig davon ist die allergische und akut entzündliche Wirkung an den Atemwegen durch Feinstäube etwa 40 % stärker als eine vergleichsweise Konzentration von Pflanzenpollen. Im Unterschied zum bodennahen Ozon…., lösen Feinstäube permanente und irreversible Gesundheitsstörungen aus“.

Die WHO-Berechnungen und einer erneuten Presseerklärung am 14. 04. 2005 zufolge werden durch die lungengängigen Partikel die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen in der EU um 8,6 Monate und in Deutschland um 10,1 Monate reduziert. Besonders gefährdet sind Kinder. Aus drei Gründen: Deren Lungenepithelien befinden sich im Wachstum, Kinder bewegen sich im bodennahen Raum und sie atmen bis zu 20 mal häufiger als Erwachsene.
· Kinder sind die Zukunft einer Gesellschaft – sie bedürfen unseres besonderen Schutzes

Die von der EU schon 1999 festgelegten und mit Zustimmung des Bundesrates (auch Niedersachsen) in nationales Recht überführten Grenzwerte müssen seit dem 01. Januar 2005 eingehalten werden.
Die in der EU verbindliche Messgröße PM 10 („Particulate Matter – PM“) erfasst nur das Gewicht der relativ großen Partikel. Diese Messgröße kann nach übereinstimmender wissenschaftlicher Erkenntnis nicht mal als grobes Maß für die tatsächlich herrschende Luftqualität dienen. Entscheidend sind die ultrafeinen Partikel, die in die kleinsten Atemwege (Lungenbläschen) eindringen. Diese ultrafeinen Stäube (PM < 0,1) nehmen beständig zu. Aufgrund dieser Gesamtsituation erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie mit Feinstäuben mit einer Größe von PM 2,5 (aveolengängiger Schwebstaub). Wohnräume und Büros in belasteten Straßen bieten keinen Schutz vor den Feinstäuben (pers. Mitt. Prof. Hüttemann).
· Reduktionsmaßnahmen für die ultrafeinen Partikel sind schon heute bei Bau- und Verkehrsentscheidungen auf kommunaler Ebene mit einzubeziehen

Nach WHO-Berechnungen liegen die mit einer akteptablen Feinstaubbelastung verbundenen monetären Einsparungen in der EU zwischen 58 Milliarden und 161 Milliarden Euro pro Jahr. Für Deutschland liegen die Einsparungen nach WHO zwischen 13 und 34 Milliarden Euro (Bertollini, Pressekonferenz am 14.04 2005).
· Ökonomische Langzeitauswirkungen im Gesundheitsbereich sind schon heute bei Bau- und Verkehrsentscheidungen auf kommunaler Ebene mit einzubeziehen

Gutachten zur Feinstaubbelastung und Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung in Braunschweig ist kurzfristig zwingend erforderlich
Der zulässige Grenzwert für Feinstäube liegt bei 50 Mikrogramm (µg)/m3 Luft und darf nur an maximal 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Bereits am 04. April 2005 wurde in der Braunschweiger Innenstadt dieser Jahresgrenzwert erreicht. Inzwischen wurde der 35-Tage-Wert weiter überschritten.
GEONET- Gutachten zur Analyse der klimatisch-lufthygienischen Auswirkungen des geplanten Bauvorhabens ECE-Einkaufszentrum „Schlossparkarkaden“ in der Stadt Braunschweig ist unzureichend und falsch.

· Das Gutachten geht umfangreich auf NO2 ein, und behauptet, dass es ein Leitparameter sei und die anderen Luftschadstoffe, wie Benzol, PM 10 und Dieselruß nicht näher betrachtet werden müssten, da sie ein ähnliches Ausbreitungsmuster und Immissionsniveau aufwiesen. Diese Behauptung trifft nicht zu (Hüttemann, pers. Mitt. am 15.04.2005)!

· Das Gutachten wird der aktuellen hoch problematischen Feinstaubsituation in Braunschweig nicht gerecht, weil diese nicht spezifisch untersucht wurde.

· Das Gutachten wird der hoch problematischen Feinstaubsituation in Braunschweig nicht gerecht, weil nur die PM 10 interpretiert wurden. Zu den noch gesundheitsgefährdenderen PM 2.5 und den PM 0,1 ultrafeinen Partikeln sagt es nichts. Es wird also nur der Rechtsstatus betrachtet und nicht die Partikelgrößen, die von mindestens gleich großer Bedeutung sind.

· Das Gutachten verwertet Immissionsdaten von 1999 bis 2002. Es wird damit der aktuellen hoch problematischen Feinstaubsituation in Braunschweig nicht gerecht.

· Indirekt wird zugegeben, dass die Feinstaubbelastung durch die geplante Schlossparkbebauung zunehmen wird. Nur durch den Prognosefaktor technischer Fortschritt und Regiobahn (die in Frage steht) wird die Feinstaubbelastung (hier PM 10) knapp unter dem Grenzwert gehalten. Ein Unsicherheitsfaktor ist im Gutachten nicht erkennbar (z. B. Streuungsfaktor oder Nichtzutreffen oder Teilzutreffen der verkehrstechnischen Erwartungen, Verkehrsführung oder ÖPNV).

· In der Prognose werden Feinstäube kleiner als PM 10 nicht berücksichtigt, obwohl von denen nachweislich eine mindestens ebenso große Gefahr oder eine größere ausgeht.

Über tatsächliche Gesundheitsgefahr für die Braunschweiger Innenstadt-Bevölkerung (Ist–Zustand), insbesondere für Kinder und Kranke, ist nichts bekannt.
Gesundheitliche Gefahren, insbesondere für Kinder und Kranke, bedürfen unter den gegebenen hoch problematischen Feinstaubbedingungen in der Innenstadt einer gesonderten Bewertung.

Eine einer ökonomischen Analyse über die monetären Auswirkungen deutlich überhöhter Feinstaubwerte ist im Rahmen einer Risiko-Nutzen-Analyse für die Innenstadt Braunschweigs zu erstellen. Das Stadtimage für Bevölkerung und Wirtschaft ist hier mit einzubeziehen, denn im Ranking der am höchsten mit Feinstaub belasteten Stadt liegt Braunschweig derzeit (bis zum Abbau des Messcontainers) an fünfter Stelle.

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