„Ewige Zuchthäusler?!“ – Entschädigung für Justizverurteilte

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Das Projektteam der Gedenkstätte zusammen mit den Familienangehörigen Grete Refsum und André Charon sowie den Kooperationspartnern Dr. Thomas Kubetzky und Benedict Wydooghe

Von Janna Lölke, Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel

Projektstart: „Ewige Zuchthäusler?!“ – Entschädigung für Justizverurteilte und die individuellen sowie gesellschaftlichen Auswirkungen“

Gestern, am 27. Januar 2023, fand zum Auftakt unseres Projektes in Kooperation mit unseren Projektpartner_innen und in Anwesenheit von Familienangehörigen ehemaliger Inhaftierter des Strafgefängnisses Wolfenbüttel aus Belgien und Norwegen eine Pressekonferenz im Dokumentationszentrum der Gedenkstätte statt. Vor dem Hintergrund des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern wir damit an die Verfolgten der NS-Justiz, denen sich auch unser Pilotprojet „Ewige Zuchthäusler?! – Entschädigung für Justizverurteilte und die individuellen sowie gesellschaftlichen Auswirkungen“ widmet.

Als Leiterin der Gedenkstätte und Projektleiterin begrüßte Martina Staats die Anwesenden: „Ich freue mich sehr, dass die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel mit dem bundesweiten Pilotprojekt „Ewige Zuchthäusler?!“ die Entschädigung von Justizverurteilten und die individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen europaweit erforschen und Bildungsangebote entwickeln wird. Damit wird die Verfolgtengruppe der Justizverurteilten stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt.“

Das zweijährige Projekt wird in der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft und dem Bundesministerium der Finanzen mit einer Summe von 580.477,00 € gefördert. Dr. Andrea Despot, Vorstandsvorsitzende der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft ging in Ihrem Grußwort auf die Ziele der Bildungsagenda ein: „Das Projekt beleuchtet eine Opfergruppe, die in der Erinnerungskultur kaum berücksichtigt wird und über die es wenig Wissen gibt: während des Nationalsozialismus inhaftierte und hingerichtete Justizverurteilte.

Damit steht das Engagement der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel beispielhaft für das Förderprogramm Bildungsagenda NS-Unrecht, mit dem wir die Schicksale verfolgter Menschen und Gruppen sichtbar machen, die bisher wenig öffentliche Aufmerksamkeit erhalten haben. Das Projekt ermöglicht durch Qualifizierungsangebote für Berufsgruppen Wissenstransfer und stärkt Interventionskompetenzen.“

Der Sohn des ehemaligen politischen Gefangenen André Charon aus Belgien, der nach seinem Vater ebenfalls André Charon benannt wurde, übergab der Gedenkstätte den ersten Teil einer umfangreichen Sammlung von Nachkriegsdokumenten aus dem Nachlass seines 2013 verstorbenen Vaters. Als Arzt hatte dieser viele Jahre als medizinischer Gutachter für Kriegsopfer gewirkt und war zudem Mitbegründer des belgischen Überlebendenverbandes der politischen Gefangenen Wolfenbüttels.
„Es erfüllt mich daher mit großer Freude und Stolz, dass ich diese Dokumente und Akten meines Papas zur Entschädigung der belgischen NS-Opfer der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel übergebe, um einen Beitrag zu diesem wichtigen Forschungsprojekt zu leisten.“

Grete Refsum ist Schwiegertochter des norwegischen „Nacht und Nebel“-Gefangenen Wilfred Jensenius, dessen umfangreicher Nachlass sich in der Sammlung der Gedenkstätte befindet. Sie berichtete von den schwerwiegenden Auswirkungen der Hafterfahrungen auch auf die Familienangehörigen der Justizverurteilten:
„Was ich mir von diesem Projekt erhoffe, ist nicht nur über die zweifellos sehr wichtige Forschung zu sprechen, sondern sich auch mit der Frage auseinanderzusetzen, wie wir mit den emotionalen Wunden und den Traumata umgehen können, die an unseren Familien haften.“

Abschließend stellte das Projektteam der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel gemeinsam
mit den Kooperationspartnern Dr. Thomas Kubetzky, Geschäftsführer des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte (IBRG), sowie Benedict Wydooghe von der Hogeschool VIVES Kortrijk erste Rechercheergebnisse und Details zu den geplanten Vermittlungsangeboten sowie der Zusammenarbeit der Studierenden der TU Braunschweig und der belgischen Hogeschool VIVES Kortrijk vor. Ein Ziel des Projektes ist es, das Thema „Entschädigung von Justizverurteilten“ dauerhaft in die Hochschullehre zu integrieren. Dr.
Thomas Kubetzky betonte, dass durch die Verbindung der Institutionen ein Scharnier zwischen jenen Orten geschaffen werde, an denen Forschung stattfindet und an denen künftige Forschende und Lehrende ausgebildet werden.

Darüber hinaus werden zusammen mit der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel berufsspezifische Vermittlungsangebote entwickelt, so dass die Ergebnisse des Projektes beständig für die Bildungsarbeit nutzbar gemacht werden. Im Rahmen des Projektes wird Martina Staats zudem eine Reihe lebensgeschichtlicher Interviews mit Angehörigen durchführen, die als wichtige Quellen für die weitere Forschung genutzt werden.
Abschließend werden die Projektergebnisse mit dem Launch einer interaktiven Website einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Herzstück der Website soll ein Zeitzeug_innenportal werden. Weitere Informationen finden Sie auch auf unserem Projekt-Blog:
http://blog.projekt-ezu.de/

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