Eine kurze Bilanz der Generalversammlung 2022 der Vereinten Nationen

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Von FIR

Es ist bezeichnend für die mediale Wahrnehmung der Rolle der Vereinten Nationen, dass in vielen Ländern die Medien nur die Ansprachen der eigenen nationalen Repräsentanten wiedergaben, jedoch die breite Debatte der diesjährigen Generalversammlung ansonsten ignorierten. Dabei war es wieder einmal eine hochrangige Konferenz, auf der 76 Staatschefs, 50 Regierungschefs, zahlreiche Vizepräsidenten, stellvertretende Ministerpräsidenten, Minister und Delegationsleiter unter den 190 Rednern waren. Dass nur 23 Frauen ans Rednerpult traten, zeigt den Nachholbedarf bezogen auf die Geschlechtergerechtigkeit.

Ein Drittel der Ansprachen beschäftigten sich auch mit dem Krieg in der Ukraine und riefen eindringlich zu Friedensverhandlungen in der Ukraine auf. Die meisten dieser Länder gehören zum Globalen Süden und repräsentieren eine Mehrheit der Weltbevölkerung, darunter viele derjenigen, die infolge des eskalierenden Krieges in der Ukraine und der westlichen Sanktionen am stärksten von Armut, Hunger und Hungersnot bedroht sind. Beeindruckend war der Appell des kongolesischen Außenministers Jean-Claude Gakosso, den dieser direkt an seine „lieben russischen und ukrainischen Freunde“ richtete:
„Nelson Mandela, ein Mann der ewigen Vergebung, sagte, der Frieden sei ein langer Weg, aber er sei alternativlos, er habe keinen Preis. In Wirklichkeit haben die Russen und Ukrainer keine andere Wahl, als diesen Weg zu gehen, den Weg des Friedens.
Und auch wir sollten mit ihnen gehen, denn wir müssen in der ganzen Welt zu solidarischen Legionen werden, und wir müssen in der Lage sein, den Kriegslobbys die bedingungslose Option des Friedens aufzuzwingen.

(Die nächsten drei Absätze auf Russisch) Jetzt möchte ich mich direkt an meine lieben russischen und ukrainischen Freunde wenden.
Zu viel Blut ist vergossen worden – das heilige Blut eurer lieben Kinder. Es ist an der Zeit, diese Massenvernichtung zu beenden. Es ist an der Zeit, diesen Krieg zu beenden. Die ganze Welt schaut auf euch. Es ist an der Zeit, für das Leben zu kämpfen, so wie ihr während des Zweiten Weltkriegs mutig und selbstlos gemeinsam gegen die Nazis gekämpft habt, insbesondere in Leningrad, Stalingrad, Kursk und Berlin.
Denken Sie an die Jugend in Ihren beiden Ländern. Denken Sie an das Schicksal Ihrer künftigen Generationen. Die Zeit ist gekommen, um für den Frieden zu kämpfen, um für ihn zu kämpfen. Bitte geben Sie dem Frieden eine echte Chance, heute, bevor es für uns alle zu spät ist. Darum bitte ich Sie in aller Bescheidenheit.“

Csaba Kőrösi, Präsident der 77. Sitzung der Generalversammlung, wies in seiner Schlussbilanz darauf hin, dass der Krieg in der Ukraine Auswirkungen in der ganzen Welt habe. Genannt werden müssten Lebensmittelknappheit, Inflation und Flüchtlingselend. Er betonte, dass der Krieg in der Ukraine aber nur einer von fast dreißig bewaffneten Konflikten weltweit sei, auch wenn er der größte und akuteste ist. Und bei keinem der Kriege sind Fortschritte in Richtung Frieden zu erkennen.  

Viele Ansprachen beschäftigten sich mit dem zerstörerischen Klimawandel. Es gibt Länder, die gleichzeitig von Dürren und Überschwemmungen betroffen sind. Die Überfischung und Verschmutzung der Weltmeere zerstöre die Existenz von vielen Regionen. Länder klagten an, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, der nicht von ihnen selbst verursacht wurde. Es gehe also um Klimagerechtigkeit und die Einhaltung von Verpflichtungen zur Reduzierung von Umweltbelastungen.

Aus vielen Ländern waren Forderungen nach einer Verbesserung der Menschenrechtslage und der Erfüllung der Bedürfnisse derjenigen, die am stärksten von Ausbeutung betroffen sind, zu hören. Das Ansprechen von Menschenrechtsverletzungen ist mit Risiken verbunden. Aber die Freiheit, sich zu äußern, wird nachdrücklich unterstützt. Dabei geht es auch um die Rechte von Angehörigen nationaler oder ethnischer, religiöser und sprachlicher Minderheiten. Vielfalt ist eine Stärke, keine Belastung – das wurde auf der Generalversammlung bekräftigt.
Mit dieser Generalversammlung haben die Vereinten Nationen erneut ihre Bedeutung als internationales Forum des Austausches unter Beweis gestellt. Es gilt, sie weiterhin zu stärken.

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