Schon länger war Martin Meier, der Vorsitzende des Fördervereins Heeseberg-Museum – und im Grunde ja auch der Museumsdirektor dieses wunderbaren kleinen Heimatmuseums – auf der Suche nach dem Meisterbrief von Erich Brandes, Müller und Besitzer der zwischen Watenstedt und Gevensleben gelegenen Bockwindmühle.
Henning Brandes, der älteste Sohn des 1962 verstorbenen Müllermeisters, der selber noch bei seinem Vater gelernt hat und danach die Müllerschule in Braunschweig absolvierte, übergab in der letzten Juniwoche Martin Meier nun den wiedergefundenen Meisterbrief seines Vaters aus dem Jahr 1935.
Henning Brandes lebt seit mehr als 50 Jahren in Madrid. Er war bis zu seiner Pensionierung dort als Chefingenieur weltweit für die Firma Bühler tätig. Seinen eigenen Meisterbrief von 1965 hat er dem Museum bei seinem Besuch natürlich auch bereits fest versprochen.
Immer aktiv auf der Suche nach den verschwundenen und vergessenen Dingen eines historischen Alltags, den Gegenständen und Dokumenten alter dörflicher Strukturen, ist für Martin Meier dieser gut erhaltene Meisterbrief aus dem Jahr 1935 nicht nur ein wertvolles lokal-historisches Einzeldokument.

Für ihn ist es vor allem auch ein weiterer Baustein, die Sammlung von historischen Dokumenten und Fotos zu erweitern, um so die Strukturen des vergangenen dörflichen Lebens, die Vielfalt der dörflichen Berufe fundierter dokumentieren zu können.

Im Museums-Archiv liegen auch die schriftlichen Auszeichnungen von Ilse Brandes, geb. Mävers, der Witwe von Erich Brandes, über ihre Kindheit und Jugend in Gevensleben und ihre Ehejahre auf der Mühle.
Der Müllereibetrieb Brandes, mit einer separaten Schrotmühle für Futtermittel in Watenstedt, war bis Anfang der 1960er Jahre Teil der lokalen Wirtschaftsstrukturen.
Damals war die Mitte des 19. Jahrhunderts gebaute Mühle auch ein kulturlandschaftlicher Fixpunkt (man hätte das damals allerdings wohl nicht so bezeichnet), erwähnt in heimatkundlichen Schriften. Heute kann man sie nur noch auf Fotos anschauen.
Tatsächlich gab es damals in vielen Dörfern Mühlenbetriebe und praktisch in jedem Dorf gab es in der 50er und 60er Jahren natürlich auch Kaufläden, Schuster, Metzger, Friseure, Bäcker, Tischler, Maler und auch Ärzte.
Martin Meier hofft natürlich auf noch mehr lokal-historisch wichtige Dokumente für sein Archiv. Er erwartet damit mittel- und langfristig eine höhere Sichtbarkeit für das Museum, für die Arbeit des Fördervereins und das ehrenamtliche Engagement seiner Mitglieder.

Mehr Sichtbarkeit steigert vielleicht auch die Zahl der “Mitmacher”, die sich für diese wichtige Sammel- und Erinnerungsarbeit engagieren.
Auch fachlich engagierte Studierende, die im Rahmen ihres Studiums mit dem stetig wachsenden Dokumenten- und Fotoarchiv des Museums arbeiten wollen, wären sehr willkommen.
Für Besucher ist das Schöne am Heeseberg-Museum:
Es gibt hier nichts Weggesperrtes, nichts Ikonisches und es ist auch nichts zu spüren von der Glattheit und manchmal klinischen Sterilität moderner Museumspräsentationen.
In der Sammlung des Heeseberg-Museums ist alles zum Anfassen.
Die Maschinen von damals – Mähdrescher, Trecker, Pferdewagen, all die kleinen Handwerkszeuge wie Sense, Sichel, Heugabel.
Das Museum verfügt sogar über eine funktionsfähige Schmiede.
Eine traditionelle Schuhmacherwerkstatt ließe sich mit dem vorhandenen Werkzeugen wohl auch einrichten.
Sehr schön anzuschauen ist der alte Watenstedter Dorfladen.

Das Heeseberg-Museum ist wunderbarer Ort für Kinder und Erwachsene, sich durch unmittelbare Anschauung und Kontakt der vergangenen dörflichen Zeit zu nähern, entweder geführt oder natürlich auch auf eigene Faust.
Siehe auch unseren Beitrag EINE SCHATZINSEL DER HEIMATLUST vom Juni des letzten Jahres.