Bericht: Zwischen Integration und Agitation

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In der Abt Jerusalem Akademie fand am 11. und 12. November die Veranstaltung „Zwischen Integration und Agitation – Vom Zusammenleben von Christen und Muslimen in Deutschland“ statt (siehe Ankündigung). Hier der Bericht zu dieser Veranstaltung:

„Reichtum ist Heimat in der Fremde“ (arabisches Sprichtwort) – Vom Zusammenleben von Christen und Muslimen in Deutschland


Bildquelle: © Gerd Altmann  / PIXELIO

Jeder, der hier lebe, müsse Deutsch lernen, um an der Gesellschaft teilhaben zu können. Integration bedeute vor allem Teilhabe an Bildung, Kultur und sozialem Leben, mit gleichen Rechten und Pflichten, meinte die niedersächsische Integrationsministerin Aygül Özkan in der Evangelischen Akademie Abt Jerusalem, in der sie am Freitag, dem 11. November zum Thema „Praktische Integrationspolitik in Niedersachsen“ vor rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sprach. Leider seien die alten Klassifizierungen noch nicht vollständig überwunden. Man spreche auch angesichts der Tatsache, dass inzwischen die dritte Generation der so genannten „Gastarbeiter“ in Deutschland lebe, immer noch von „Ausländern“ und „Migranten“ und zu wenig von den vielen Beispielen gelungener Integration. Aber auch bei den Menschen mit Migrationshintergrund müsse ein Bewusstseinswandeln stattfinden: „Unsere Zukunft ist hier!“, sagte die Ministerin und forderte eine wechselseitige Anerkennungskultur, zu der auch die Kirchen und muslimischen Religionsgemeinschaften beitragen könnten. Mit dem universitären Weiterbildungsprojekt für Imame an der Universität Osnabrück versuche man zum Beispiel, die Sprachkompetenz und interkulturelle Kompetenz der muslimischen Geistlichen zu steigern; sie sei Voraussetzung offener Begegnungen.

In der anschließenden Akademietagung wurden insbesondere die religiösen Aspekte in der Begegnung zwischen Christen und Muslimen bearbeitet. Hans-Ludwig Frese von der Universität Bremen referierte über die Ergebnisse einer bundesweiten Studie über die christlich-muslimischen Dialoggruppen. Die Toleranz gegenüber Minderheiten in Deutschland nehme gegenwärtig zwar ab, aber wo man Dialogerfahrungen sammle, wachse der gegenseitige Respekt. Es gehe darum, Religion im Plural zu denken und das Vorhandensein unterschiedlicher Glaubensgewissheiten zu akzeptieren. Auch Bacem Dsiri, wissenschaftlicher Mitarbeiter für islamische Religionspädagogik an der Universität Osnabrück, unterstrich die Bedeutung des Dialogs. Wer im Dialog lerne, sich im Spiegel des anderen zu betrachten, gewinne einen vertieften Blick auf das Eigene. Allerdings würden sich viele Mitbürger islamischen Glaubens  über eine verzerrte Darstellung ihrer Religion u.a. in den Medien ärgern. Die Islamfeindlichkeit habe in den letzten zehn Jahren zugenommen. Unter den Jugendlichen entstehe daraus nicht selten eine Tendenz zur Selbstausgrenzung.  „Sie sehen sich als Teil einer Welt, die sie nicht will“, sagte Dsiri.

Die Tagung endete mit einer Podiumsdiskussion, an der neben den Referenten auch Domprediger Joachim Hempel und Dr. Al-Mahdi, der Sprecher des Kreises deutschsprachiger Muslime in Braunschweig, teilnahmen. Am Ende stand als gemeinsame Einschätzung, dass man den Dialog in der Akademie, möglicherwiese sogar in der Form eines übergreifenden Forums der Religionen fortführen wolle. Daneben seien aber gerade für Braunschweig die vielen Projekte  zu nennen und zu pflegen, die helfen, Interkulturalität konkret auszugestalten. „Wir brauchen dafür ein besseres Netz von Kontakten zu unseren muslimischen Nachbarn und wollen auf sie zugehen“, meinte Pfarrer Janis Berzins, der als Islambeauftragter der Landeskirche zusammen mit Landesjugendpfarrer Lars Dedekind die Gespräche moderierte. Es gibt viele Gründe, das Thema des christlich-muslimischen Dialogs auf der Tagesordnung der Evangelischen Akademie zu halten.

 

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