Wenn mein Schwager mich begrüßt, tätschelt er zärtlich meinen Bauch. „In welchem Monat bist du denn?“, fragt er dann.
In Wirklichkeit meint er natürlich: „Du bist zu dick.“
Das stimmt aber gar nicht, denn in Wirklichkeit bin ich bloß co-schwanger.
Co-schwanger wird man, wenn man sich so in seine schwangere Frau einfühlt, dass man die gleichen Symptome zeigt wie sie.
Sie hat einen Bauch. Ich auch.
Sie hat Rückenschmerzen. Ich auch.
Sie übergibt sich jeden Morgen. Ich nicht.
Irgendwo hört die Solidarität ja auch mal auf. Ich übergebe mich nur, wenn ich am Abend zuvor zuviel Bier getrunken habe.
Meine Frau sagt, ich solle kein Bier trinken. „Co-Schwangere trinken keinen Alkohol“, sagt sie, „nur Kamillen- und Rotbuschtee.“
„Okay“, sage ich, „mir ist sowieso schon schlecht, dann kann ich auch Pflanzensud schlucken.“
Gegen Abend – die Kopfschmerzen haben bereits deutlich nachgelassen – bekomme ich Hunger. Ich durchsuche unsere Vorratskammer und den Kühlschrank.
Vorwurfsvoll gucke ich Anita an. „Hattest du eine Fressattacke?“, frage ich sie.
„Nein, ich bin bloß nicht zum Einkaufen gekommen“, antwortet sie. „Mein Rücken…“
„Du kannst es ruhig zugeben“, sage ich „du bist doch schwanger, du darfst ruhig Fressattacken haben.“
„Aber…“
„Ahh, hier sind ja noch saure Gurken“, stelle ich erfreut fest. „Und Salzstangen und Schokoküsse. Und Trockenobst.“
„Das willst du doch wohl nicht alles essen!“ Anita ist entsetzt.
„Natürlich nicht, ich mag doch gar kein Trockenobst.“
Dann setze ich mich vor den Fernseher, esse erst die Gurken (viel Wasser, das ist gut), dann die Salzstangen (viel Salz, das ist noch besser), dann die Schokoküsse (viel Zucker und Fett, das ist am besten). Dann wieder Gurken.
Dann renne ich aufs Klo und übergebe mich erneut. Wie gute Ehemänner das eben so tun, wenn sie sich einbilden, sie seien schwanger.
Anita ruft mir durch die Badezimmertür zu, ich solle im Wohnzimmer schlafen. Manchmal denke ich, dass sie irgendwie sensibler sein könnte. Als ich ihr das sage, schlägt sie mir vor, in eine Selbsthilfegruppe für Co-Schwangere zu gehen.
Ich halte das für eine gute Idee. Nächsten Samstag treffe ich mich deshalb wieder mit dem Dieter in der Kneipe. Der ist nämlich auch co-schwanger.
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– Zum letzten Bericht aus Bumsdorf, XVII
– Zum ersten Bericht aus Bumsdorf, I
… der Boden ist winterfrostig gefroren, Männer in roten Mänteln schleichen durch die Straßen unserer kleinen Stadt und aus dem Radio säuselt „Last Christmas“. Kein Zweifel: Weihnachten steht vor der Tür. Höchste Zeit, Vorhängeschlösser zu kaufen.
Aber vielleicht sollte man einfach mutig diesem Feste entgegensehen und sich mental schon mal darauf einstellen. Die folgende Veranstaltung könnte dabei helfen:
Mit adventösen Grüßen
Axel Klingenberg