ARBEIT UND KÖRPER –

0

die Dokumentarfotografie-Förderpreise der Wüstenrot Stiftung – bis zum 18. Juni 2023 im Museum für Photographie

Alle vier Projekte des präsentierten 13. Förderpreis-Jahrgangs richten ihren künstlerisch-dokumentarischen Blick auf die Welt der Arbeit und den menschlichen Körper, allerdings aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln.

Preisträger Heiko Schäfers beobachtete für seine Bild- und Textarbeit “Disziplinierte Produktion” über eine längere Zeit Arbeiter*innen in einer Wuppertaler Textilfabrik, fotografierte Menschen in einer Lebensmittelausgabe in Krefeld und war mit seiner Kamera bei einer selbstorganisierten Hartz-IV-Beratung in Köln. Schäfers sieht seine eindrucksvollen schwarz-weiß Fotos als seine dokumentarisch-künstlerische Beschreibung der prekären Situation von Arbeitern und Arbeiterinnen, die im (Miß)-Verhältnis stehen zu den Versprechungen der Politik.

aus Disziplinierte Produktion, 2020-2021: Samantha betritt das Betriebsbüro des Textilwerks Carl Friedrich am 9.9.2021 um 11:17 Uhr, um mit dem Betriebsleiter Herrn Thorack zu sprechen.© Heiko Schäfer und VG Bild-Kunst, Bonn

Die Fotografin Luise Marchand  spürt in ihrer orange-rot beleuchteten multimedialen Installation “Liquid Company – Flüssige Gesellschaft “ den Ideen vom Übergang von ‘Work-Life-Balance’ zum ‘Work-Life-Blending’ nach. Für ihr Projekt legte sie Profile von sich in Job-Portalen an, jobte in Startups, machte bei Teambuildings in Unternehmen mit, arbeitete in Co-Working-Spaces. Die Künstlerin beobachtete dabei ihr eigenes Verhalten und das der Kolleg*innen und beschäftigte sich mit den Sprachwelten und Plattitüden dieser Lebenswelten. Mit ihrer Arbeit will sie den Traum von Selbstbestimmung und dem Gleichgewicht von Beruf und Privatleben künstlerisch reflektieren. Im Grunde stellt ihre Installation die Frage, ob diese Idee durch die Digitalisierung tatsächlich zu einer greifbaren Realität werden kann.

Luise Marchand: Green Detox, Your Company Loves You, Now aus: Liquid Company – Flüssige Gesellschaft, 2020-2021 Inkjet-Print © Luise Marchand

Sabrina Asche lebte in Bangladesh und beschäftigte sich für ihre Arbeit “Textilarbeiterinnen fotografieren” mit den vielen unsichtbaren und namenlosen Frauen, die in der bengalischen Textilindustrie unter meist ausbeuterischen Bedingungen arbeiten.

Sabrina Asche, This Is Why I Have Taken the Photo, 2022 aus: Textilarbeiterinnen fotografieren, 2018-2022 Video © Sabrina Asche

Durch Sabrina Asches Foto-Workshop-Projekt wurden einige von ihnen zu sichtbaren Protagonistinnen und Dokumentaristinnen ihres eigenen Lebensalltags. Jede Teilnehmerin bekam von der Künstlerin eine Kamera und konnte fotografieren, was ihr wichtig war.

Das Bildmaterial verwebt die Künstlerin in Siebdrucken zu vorhang-ähnlichen Stoffinstallationen und einem Video mit vielschichtigen Bild- und Textcollagen.

Im Mittelpunkt von Wenzel Stählins Projekt “Konstruktionen. Vorschlag für eine Recherche”, stehen mit dem weißen männlichen Körper verbundene normative Vorstellungen und Ideologien. Er untersucht anhand der fotografischen Gegenüberstellung von Architekturmodellen und seinem eigenen (weißen und männlichen) Körper, welche Ideologien den Architekturen innewohnen und wie der männliche Körper schon seit Vitruv (römischer Architekt im 1. Jahrhundert v.Chr.) bis in die Postmoderne als Maßstab für die architektonischen Gestaltungen unserer Lebenswelt dient.

Wenzel Stählin: Ruins (Pose II) aus: Konstruktionen. Vorschlag für eine Recherche, 2021 Inkjet-Print © Wenzel Stählin

Zur Ausstellung ist ein kostenfreier Katalog erschienen.

Weitere Informationen auf der Website des Museums http://www.photomuseum.de

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.