Alternativer Klimahaushalt 2020 der BIBS – kritische Würdigung

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Am 20.8. stellte die BIBS im Rahmen einer Pressekonferenz ihren „alternativen Klimahaus-halt 2020“ vor . Eine Auseinandersetzung mit den Forderungen der BIBS erscheint dringend – geht es doch bei dieser Thematik um die Lebensgrundlagen der Welt in der nahen Zukunft. Es steht so viel auf dem Spiel. Der folgende Beitrag thematisiert die Klimarelevanz der 32 Punkte. Die umweltbezogenen Punkte und die sozialen Themenkomplexe werden nicht erörtert.

Auffällig ist zu Beginn die fehlende quantitative Zielbeschreibung. Um wieviel Prozent soll die Stadt ihre Treibhausgase bis 2025 und 2030 reduzieren? Wohin soll die Reise gehen?

Da die BIBS eng mit Fridays for Future zusammenarbeitet, können wir davon ausgehen, dass die Klimaschutzziele von FFF übernommen werden. Diese lauten: Netto-Null-Emisionen und 100% regenerative Energien 2035 – damit kann das 1,5°-Ziel erreicht werden, nicht aber mit den bisherigen Plänen der Bundesregierung. Die FFF-Vorgaben lassen sich umrechnen auf näherliegende Zeitpunkte: Für Deutschland würde gelten, 2025 eine 39%ige und 2030 eine 67%ige Reduktion gegenüber dem aktuellen Stand erreichen zu müssen. Sind die BIBS-Pläne mit diesen Zielen übereinstimmend?

Durch den geplanten Umbau des Heizkraftwerks gibt es für die Stadt ein „Emissions-minderungsgeschenk“. Bleibt es bei den Plänen von BS-Energy, kann die Stadt allein durch die Umstellung auf Gas- und Altholzverbrennung mit 10% weniger Treibhausgasemissionen rechnen, wird ausschließlich Erdgas als Übergangstechnik verwendet (wie von der BIBS bevorzugt wegen giftiger Abgase bei der Altholzverbrennung), kommt es immerhin noch zu einer etwa 5%igen Minderung. Es verbleibt also ein Soll von 34 bzw. 29%, das bis 2025 gepackt werden muss.

Eine Stadt hat große gestalterische Spielräume in den klimarelevanten Bereichen Verkehr und Wohnungsbau. Der Sektor „Verkehr“ wird im BIBS-Konzept in den Punkten 4, 21-28 mit den Schwerpunkten Minderung der Pendler im Individualverkehr (1), statt dessen verbesserter öffentlicher Nahverkehr (2), autofreie Innenstadt bis 2030 (3), Erhöhung des Anteils der Radler (Verdopplung bis 2030) (4) breit abgehandelt. Die Maßnahmen 1, 2 und 4 sind freiwillige, „Kann“-Lösungen: Der Verkehrsteilnehmer entscheidet, ob er sich umstellt oder nicht. Nur Maßnahme 3 ist eine „Muss“-Lösung. In Anbetracht der Krisensituation ist es notwendig, verstärkt auf „Muss“-Maßnahmen zu setzen. Eine zusätzliche Möglichkeit wäre eine zunehmende Parkplatzreduktion im gesamten Stadtbereich. Ziel sollte sein, den individuellen Autoverkehr in der gesamten Stadt bis 2025 um ca. ein Drittel zu vermindern.

Die Altbausanierung ist der zweite große Sektor, in dem eine Stadt punkten kann, um Treibhausgase einzusparen. Dieser Bereich wird in zwei Punkten erwähnt (19, 20), allerdings nur knapp. Liegt das daran, dass Vorgaben und Zuschüsse nur vom Bund gesetzt oder gewährt werden? Dämmung und Umstellung auf ein Heizungssystem, das auf regenerativ erzeugtem Strom basiert (Wärmepumpe), wären zentrale Sanierungsprojekte. Welche Möglichkeiten hat die Stadt, solche Maßnahmen zu fördern? Zu beachten wären auch an diesem Punkt die zeitlichen und quantitativen Vorgaben.

In den Bereich Alt- und Neubauten gehört auch der Ausbau der Photovoltaik (Punkt 4). Hier hat Braunschweig gewaltigen Nachholbedarf! Dem von FFF formulierten Ziel, bis 2035 die Energieproduktion zu 100% auf regenerative umzustellen, sollte sich jede Kommune stellen. Die Stadt könnte unterstützend tätig werden, indem sie selber als PV-Stromerzeuger agiert. Immerhin verfügt sie über ein Potenzial von 1,9 km2 Dachfläche, die für eine PV-Anlage infrage kommt (Stand 2008)! Dazu könnte sie von Privatpersonen, Wohnungsgesell-schaften oder Gewerbetreibenden Dächer mieten, um dort in Eigenregie Anlagen zu errichten.

Baumprojekte, Baumschutzsatzung (Punkte 9,10) und vegetarische Gerichte an Kinder-gärten und Schulen (Punkt 32) haben hohe Bedeutung für langfristigen Klimaschutz. Für die Erreichung der Ziele bis 2025 / 2030 stehen sie eher im Hintergrund.

Zusammenfassung:

Die BIBS ist die erste Ratsfraktion, die einen Klimahaushalt 2020 der Öffentlichkeit vorstellt, also ihren Haushaltsentwurf komplett auf die aktuelle Weltsituation bezieht. Das ist vorbildlich!

Die wesentlichen Sektoren im Zusammenhang der Klimagase werden einbezogen, vor allem der Sektor Verkehr.

Es gibt Kritik:

. Wichtig ist eine Nennung der Treibhausgas-Reduktionsziele, eventuell angelehnt an die Forderungen von Fridays for Future, und zwar zumindest für 2025 und 2030. Diese Ziele sind Orientierungspunkt und auch Herausforderung für die anderen Fraktionen, ihre Ziele zu benennen. Ganz entscheidend ist das Ziel 2025. Wird das deutschlandweit gerissen, hat Deutschland seine Zusagen für den Pariser Vertrag nicht eingehalten.

· Es wäre sinnvoll und dringend, im Sektor Verkehr noch weitere „Muss“-Punkte zu ergänzen.

· Wünschenswert wären detailliertere Beschreibungen von Maßnahmen im Gebäudesektor.

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