Abriss des Rathaus-Neubaus, die Zweite?

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Schon einmal, vor etwas mehr als zwei Jahren, sollte die Zertrümmerung des Rathausanbaus eingeleitet werden. Die Braunschweiger Zeitung meldete: „Rathaus-Neubau soll im nächsten Jahr abgerissen werden.“ (BZ, 26. Oktober 2005). Die CDU-Ratsherren Sehrt und Manlik versprachen, der Abriss sei in einem Monat erledigt und sei auch keineswegs dramatisch teuer. Es ging um die Herstellung der „Sichtachse Schloss / Rathaus“. Von Klimaschutz war damals nicht die Rede.

Zwei Varianten hatten sich die Herren auch schon überlegt – entweder den Abriss über dem ersten Stock oder:

Ein privater Investor reißt komplett alles ab und entschädigt die Miteigentümer. Er baut auf dem Areal eine flache, neue Ladenzeile, …

Dr. Hoffmann bezeichnete den Vorstoß als „interessante Idee, die städtebaulich wünschenswert wäre.“

Fünf Tage später aber meldete die BZ: „CDU: Abriss nur eine Alternative“, auch der OB rudert – fürs Erste – zurück und erklärte, der Neubau – Abriss solle „nicht mehr in dieser Periode“ angegangen werden.

Was war geschehen? Zum einen waren die zehn Miteigentümer des Gebäudes verärgert: niemand hatte mit ihnen vorher gesprochen, auch erlitten sie gerade durch das ECE-Bauprojek massive Umsatzverluste. Miteigentümer Hiller drohte unmissverständlich, man habe sich schon juristischen Beistandes versichert und denke auch über „Entschädigungen für die 1971 bezahlten Mehrkosten für die aufwändige Gründung des Hochhauses und mögliche finanzielle Einbußen während der Abrißphase“ nach. Dann war auch noch der CDU-Partner FDP auf Distanz gegangen, schließlich war die Stimmung in der Stadt schon angesichts des umstrittenen ECE-Projektes dem neuen Vorhaben nicht eben gewogen.

Nun kommt der zweite Vorstoß, diesmal von der BZ eingeleitet. Mit großflächig abgedruckten Aufnahmen der Wärmebildkamera macht sie den Abriss erneut zum Thema. Dass Energieexperte Volker Huckemann vom TU-Institut für Gebäude- und Solartechnik (IGS) das Gebäude als „energetisch in einem noch zu vertretenden Zustand“ bewertet und sogar feststellt, dass der Rathaus-Neubau besser abschneide als erwartet, geht fast unter; jedenfalls wird es in den Erörterungen auf den Lokalseiten nicht mehr aufgegriffen.

Also ein zweiter Anlauf für dieselbe Sache – nur diesmal unter der ungleich populäreren Fahne des Klimaschutzes?

Einiges spricht dafür:

  • 1. Die Stadt verfügt über 85 Schulgebäude, rund 80 Kindertagesstätten und 450 weitere Gebäude (BZ vom 25. Mai 2007). Die Stadt selber gibt an, in den nächsten 15 Jahren dafür etwa 230 Millionen Euro an „Sanierungskosten“ aufbringen zu müssen. Dabei wird etwas zu leichtfertig der Begriff „Sanierungsstau“ verwendet, denn ein erheblicher Teil der Kosten ergibt sich aus den Auflagen der erst seit dem 1. Oktober 2007 geltenden novellierten Energieeinsparverordnung (EnEV). Ohne Zweifel eine gewaltige, produktive Aufgabe, für die es offenbar eines umfassenden Gesamtkonzeptes bedarf, das nicht zuletzt beachtet, wo am schnellsten und mit den geringsten Mitteln Energie eingespart werden kann. Warum dann jetzt die Fokussierung auf ein Gebäude, das zudem nach Aussage des Experten die „Richtwerte für alte Gebäude“ erfüllt?
  • 2. Für den Rathaus-Neubau wurde bereits 2006 ein Energiepass erstellt. Drei Institute der TU haben sich im Rahmen des Forschungsprojektes PROsab (übrigens von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert) intensiv mit diesem Gebäude beschäftigt. Wenn wir richtig informiert sind, enthält ein Energiepass bereits Angaben darüber, was getan werden kann, um die Kosten zu senken. Das PROsab-Projekt war übrigens darauf gerichtet, ein Sanierungskonzept zu entwickeln, das das Ziel verfolgt, „für die Altbauten in architektonischer, technischer und ökologischer Hinsicht den Standart eines Neubaus zu erreichen“ (Professor Fisch in der BZ vom 19.08.2006). Möglicherweise könnte die Stadt also aus der Sanierung so etwas wie ein Modellprojekt entwickeln. Immerhin, so Professor Fisch, gehe es in Deutschland zu 80 % um Sanierungen und nur zu 20 % um Neubauten. (Nebenbei: das IGS – Institut arbeitet zur Zeit auch an einem Projekt der ganzheitlichen Sanierung von Schulen (GASS), das ließe sich wohl auch praktisch nutzen.)
  • 3. Die dargebotenen oder nahe gelegten Gedanken zur Finanzierung sind doch so schlicht, dass man den Eindruck gewinnt, das sei den Urhebern nicht wirklich wichtig. So meinen etwa die Ratsherren Sehrt und Manlik in Hinsicht auf den Abriss des Gebäudes: Das wäre mit den für den Rathaus-Neubau anstehenden Sanierungskosten … zu bezahlen.“ (BZ, 26.10.2005) Die „Rechnung“ scheint so gemeint zu sein: 8 Millionen für die Sanierung gespart, 6 Millionen für den Abriss ausgegeben, da bleiben glatt noch zwei Millionen „Gewinn“ übrig. Einziger Unterschied beider Varianten: im ersten Fall steht ein Gebäude, in dem 350 Menschen arbeiten können, im zweiten Fall klafft eine Baulücke – und für die 350 Beschäftigten müssen Räume angemietet werden, für die noch unsre Kindeskinder die jährliche Miete zu entrichten haben werden (nach Schätzung der Grünen-Ratsfraktion jährlich fast eine Million Euro).

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