Weißrussland: die EU mischt sich ein und zündelt

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Zündeln Foto: Pixabay

Der Braunschweig – Spiegel hat den Artikel „Hände weg von Belarus“ veröffentlicht. Er verdeutlicht, dass die Wahlen dort nicht frei und fair waren. Ebenso, dass es das Recht der Weißrussen ist, dies zu kritisieren und dagegen zu demonstrieren. Weiter, dass es stinknormales, abstoßendes Diktatorenverhalten ist, die demonstrierenden Menschen zu diskriminieren und gewaltsam an der Ausübung ihrer Rechte hindern zu wollen. Daraus wird die Forderung nach Neuwahlen abgeleitet, die möglichst von der OSZE beobachtet werden sollten.

Kennt die EU den Willen des Volkes von Belarus wirklich besser?

Wichtige Teile der EU tun nun aber, als wüssten sie es besser. So hat das Parlament der EU vorgestern den Koordinierungsrat, den die oppositionellen Kräfte gebildet haben, als „vorübergehende Vertretung des Volkes von Belarus“ anerkannt (Spiegel Online 17.9.). Wie das? Zu Recht wird behauptet, dass das Wahlergebnis nicht den Willen des Volkes widerspiegele, aber woher weiß das EU – Parlament, wie genau dieser Wille aussieht? In seiner Begeisterung für das eigene Auftreten hat es gleich noch die belarussische Opposition für den Sacharow – Preis für die Verteidigung der Menschenrechte nominiert.

Damit nicht genug. Schon vorher hat die Kommission der EU beschlossen, eine Million Euro für die Opfer der staatlichen Repression zu geben und zwei Millionen für „unabhängige Medien“ in Belarus; weitere 50 Millionen sollen für „Corona – Schutzmaßnahmen“ gezahlt werden. Das Geld soll aber nach dem Willen der Kommission unter Mitwirkung des Koordinierungsrates verteilt werden.

Kolesnikowa: „Erklärung der EU hat uns geschadet“

Die mutige Oppositionelle Maria Kolesnikowa kritisiert das in der FAZ heftig:

„Die Erklärung der EU … hat uns sehr geschadet. Dem Koordinierungsrat, gegen den ein Strafermittlungsverfahren läuft, erweist die EU … so einen Bärendienst. Wir haben nie um Geld gebeten, sondern im Gegenteil immer wie ein Papagei gesagt, dass wir mit unseren Problemen selbst fertig werden wollen.“ (FAZ, 29.8.)

Auch auf die Frage der FAZ, ob sie für oder gegen EU – Sanktionen gegen das Regime sei, antwortet sie sehr klar:

„Als jemand, der zu Kompromissen und Dialog aufruft, bin ich gegen Sanktionen.“

Dessen ungeachtet schlagen nun der polnische und der litauische Ministerpräsident sogar vor, die EU solle einen Fonds von „mindestens einer Milliarde Euro“ auflegen, den sie „Wirtschaftspaket für ein demokratisches Belarus“ nennen. Damit solle dem „Mythos“ entgegengewirkt werden, dass das Land „ohne Russlands Wirtschaft nicht überleben“ könne. Obwohl die beiden treuherzig versichern, es gehe nicht um „eine geopolitische Entscheidung der Belarussen“ (also weg von Russland, hin zur EU und NATO), wird doch überdeutlich, dass das Ziel verfolgt wird, die belarussischen Verbindungen zu Russland zu kappen und das Land zur EU herüberzuziehen. Man wird in der kommenden Woche sehen, wie weit die EU – Außenminister und die EU-Regierungschefs dabei gehen wollen.

Soll eine neue Kuba – Krise riskiert werden?

Dass eine solche Abspaltung kaum vorstellbar ist, weiß die EU natürlich. Russland und Belarus sind in einem Staatenbund zusammengeschlossen, beide gehören der Eurasischen Union wie der Eurasischen Wirtschaftsunion an, ebenso dem Verteidigungsbündnis „OVKS“.

Natürlich wäre es ein Albtraum für Russland, wenn Belarus zu EU und NATO überwechseln würde.

Erinnern wir uns an die Kubakrise 1962: die USA befürchteten, dass Kuba in das damalige sowjetische Lager überwechseln würde und dass auf Kuba Raketen gegen die USA in Stellung gebracht würden. Nachdem schon die Militärintervention in der kubanischen Schweinebucht gescheitert war, griff man zur Seeblockade und einem Ultimatum an die Sowjetunion, was die Welt erzittern ließ. Ganz ähnlich könnte sich die Sache aus russischer Sicht heute darstellen, mit dem Unterschied, dass zwischen Kuba und den USA immerhin 200 Kilometer Meer liegen, während sich Weißrussland direkt vor Russlands Haustür befindet und gegnerische Raketen im Ernstfall nur noch 400 Kilometer bis Moskau zurückzulegen hätten.

Wer den Erfolg des belarussischen Volkes will, darf keine antirussische Politik verfolgen;

wer es trotzdem tut, dem dürfte das Schicksal der Weißrussen egal sein

Wir müssen davon ausgehen, dass diese geopolitischen Zusammenhänge dem Personal der EU wie der deutschen Bundesregierung bekannt sind, ebenso dem Parlament der EU wie dem Bundestag. Wenn sich dennoch in die inneren Verhältnisse Weißrusslands eingemischt wird, muss das Gründe haben. Soll Russland provoziert werden? Soll es weiter isoliert werden? Braucht man zusätzliche Gründe, um weitere Aufrüstung zu rechtfertigen? Soll erneut bewiesen werden, dass „wir die Guten sind“? Jedenfalls wird mit dieser Politik in Kauf genommen, dass die Spannungen steigen und eine Eskalation entstehen kann.

Ist das Volk von Weißrussland deshalb zum Stillhalten verdammt? Ist es in einer Zwickmühle? Viele Fachleute und die meisten Medien weisen darauf hin, dass dieses Volk keineswegs antirussisch ist, dass es vielmehr enge Bindungen zwischen beiden Völkern gibt (zwischen deren Wirtschaften ohnehin). Frau Kolesnikowa weist darauf hin, dass nur die „traditionelle Opposition“ in Belarus denke, man brauche keine Beziehungen zu Russland; dem gegenüber sagt sie:

„Das Land ist unser wichtigster Partner. Niemand hat vor, diese Beziehungen zu ändern.“ Und: „Wir müssen die pragmatischen Beziehungen zu Russland bewahren.“

Wenn dies die Leitlinie der Opposition bliebe, wäre ein Erfolg nicht ausgeschlossen. Die Armenier haben das 2018 überzeugend demonstriert. Der Wandel ist möglich. Wenn den westlichen Einmischungsversuchen widerstanden wird.

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