Was ist Wahrheit oder die Verschiebung von Schulden (Teil 6)

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a) Zum strittigen Punkt im Rechtsstreit Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann vs. Peter Rosenbaum; worum geht es da? – Oberbürgermeister und Finanzdezernent Dr. Gert Hoffmann reichen die regulären, regelmäßigen Einnahmen der Stadt bei weitem nicht aus, um die jährlichen Ausgaben zu decken. Folglich muss er Schulden machen, wie andere Bürgermeister auch. Da er aber diese Schulden selbst nicht machen will, kann oder darf, bastelt er einen Ersatzschuldenmacher, dem er das aufgenommene Geld aus der Tasche ziehen kann, um damit die Löcher seines Haushalts zu stopfen: Hoffmann gründet den städtischen Abwasserverband, läßt diesen Verband einen Kredit von 238 Millionen Euro aufnehmen, von welchem Geld er dann mehr als 100 Millionen hinüberschiebt in den regulären Haushalt.

238 Millionen Euro Schulden des Abwasserverbandes wollen bedient werden für Zins und Tilgung, und die Gläubigerbanken wollen sicher sein, dass der Dienst auch geleistet werden kann. Um dies zu bewerkstelligen verpfändet Hoffmann nun einen erklecklichen Teil der Braunschweiger Abwassergebühren zum Bedienen der Bankschulden (die der Abwasserverband macht, damit im städtischen Haushalt Schulden ausgeglichen werden können).

Die dem Abwasserhaushalt entzogenen Gebühren stehen folglich dem Zweck, für den sie erhoben werden, nicht mehr zur Verfügung: dem Betrieb der Abwasserwirtschaft und dem Erhalt des Systems aus Kläranlagen und Kanälen.

Ein neues Loch wird im Gebührenhaushalt aufgerissen. Das neue Loch muss neu gestopft werden, indem dafür Jahr für Jahr neue Schulden gemacht werden. Alljährlich werden vom Betreiber Veolia Millionenkredite aufgenommen, und der Gebührenzahler merkt nicht einmal, was ihm da neu aufgelastet wird, denn 30 Jahre lang bleibt das verdeckt und versteckt. Hoffmann wälzt den Schuldenberg auf die nächste Generation ab, erst nach 30 Jahren werden all die Millionen als „Rückkaufwert“ dem Gebührenzahler aufgelastet. Der kritische Punkt im Rechtsstreit ist nun eben die Genehmigungsbedürftigkeit dieses von Hoffmann geplanten neuen Schuldenturms.

Rechtsanwalt Reinhardt, den Peter Rosenbaum als Fachanwalt zur Beratung hinzugezogen hat, meint, dass diese Kreditierung – in der die Einzelkredite zwar jährlich von Veolia aufgenommen, am Ende aber dann im Gesamtpaket doch dem Gebührenzahler aufgelastet werden – dass diese Kreditierung folglich auch als Gesamtpaket zu überprüfen und genehmigungsbedürftig sei.

Hat Reinhardt Recht, sind nicht alle Kredite, die der Genehmigung bedürfen, genehmigt und damit handelte es sich um eine wahre Aussage von Peter Rosenberg, die von Hoffmann und nun auch vom Landgericht gegen eine Strafe von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise bis zu 6 Monate Haft, untersagt wird und gegebenenfalls bestraft werden soll.

b) Zum Urteil und zur Urteilsbegründung durch das Gericht

Das Gericht hat zwar die Klage der Stadt verworfen, hat aber für Recht erkannt, dass Dr. Gert Hoffmann wie beantragt eine Unterlassungsklage gegen Peter Rosenbaum erwirkt, die streitige Aussage nicht zu wiederholen.

Zur Entscheidungsbegründung im strittigen Detail (S. 6-7 der Urteilsbegründung):“ Die Auffassung des Beklagten, dass es sich wegen der unterschiedlichen Auffassungen über die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit um eine Meinungsäußerung handele kann nicht gefolgt werden. Ein solches Verständnis würde den Schutz vor unwahren Tatsachenbehauptungen in unzulässiger Weise verengen, da sich solche dann allenfalls noch im naturwissenschaftlich nachprüfbaren Rahmen finden ließen.“

Offensichtlich ein Kategorienfehler des Gerichts, wenn letzte Nachprüfbarkeit für den Wahrheitsgehalt der streitigen Rosenbergschen Aussage hier im „naturwissenschaftlich unmittelbar nachprüfbaren Rahmen“ angesiedelt wird. – Es geht um die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit von privaten Kreditierungen, mit denen aber die Gebührenzahler über den öffentlichen Gebührenhaushalt nach 30 Jahren belastet werden sollen – daher ist das dann wahrlich keine reine Privatsache mehr zwischen Veolia und der kreditgebenden Bank.

Ob eine Genehmigung nötig ist, ist doch keine naturwissenschaftliche, es ist eine verwaltungsjuristische Frage, und da hat das Gericht, soweit sichtbar, überhaupt nicht ermittelt, wie es meiner Ansicht nach zwingend geboten gewesen wäre ….

Es war eine durch und durch politische Auseinandersetzung, die vor das Landgericht getragen wurde, Dr. Gert Hoffmann hat das mit letzter Pressemitteilung noch einmal unterstrichen, indem es ihm darum gegangen sei, Ruhe an der Gebührenfront zu bekommen.

Der vorsitzende Richter machte klar, dass er unmissverständlich gewillt war, das Politische beiseite zu lassen um das Verfahren auf rein juristischem Boden zu führen. Ein salomonisches Urteil war angesagt. Die eine Klage wurde angenommen, die andere verworfen. Zwar sei im politischen Kampfe vieles erlaubt, aber es müssen klar Grenzen gesetzt werden.

Der Rechtsstaat wurde durch dieses – meiner Meinung nach klar defizitäre Verfahren – mitnichten in Frage gestellt. Im Gegenteil, der Wille zur Rechtsstaatlichkeit schien so groß, dass der leitende Richter darüber gänzlich sein Handwerkszeug zur ordnungsgemäßen Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit vergaß: das Ermitteln der Tatsachen, die in Frage gestellt waren.

Denn es ging nicht um die Frage, ob eine – in der speziellen Fachproblematik womöglich wenig erfahrene Kommunalaufsicht – der Meinung sei, dass alle genehmigungsbedürftigen Kredite genehmigt seien. Untersagt wude die absolute Aussage, dass genehmigungsbedürftige Kredite noch nicht genehmigt seien, eine verwaltungsjuristische Frage, die überhaupt nicht untersucht wurde.

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