Am 17. Juli hatte das Friedenszentrum seinen alten Mitstreiter Fawzy Naji im Rahmen der Reihe WEGE ZU EINER KULTUR DES FRIEDENS im Speicher der Alten Waage zu Gast. Der in Palästina geborene Fawzy kam aus Hannover, wo er nun wohnt und lehrt, nach Braunschweig, um zum heißen Thema Syrien zu sprechen
Am wichtigsten sind für ihn die Fragen: Warum wird das Land zerstört? Warum musste es so viele Tote geben und wem nutzt das Ganze?
Er sprach zunächst den Fakt an, dass die meisten Demonstranten in der Region friedlich sein wollen. Gewaltfrei wollten sie zunächst Reformen erzwingen. Leider sind alle arabischen Staaten durch Diktaturen bestimmt. Von diesen Systemen profitieren ausschließlich die ansässigen Eliten. Korruption hat das Land überzogen.
Seit 1963 regiert die Baath-Partei in Syrien. In der syrischen Verfassung stand sogar „die Baath-Partei muss regieren“. Damit ist es faktisch ein Einparteiensystem. Die Assad-Familie herrscht ununterbrochen seit 1971.
Im aktuellen Bürgerkrieg sind die Fronten verhärtet. Das Assad-Regime hält an einer Verschwörungstheorie fest. Sie bezeichnen die Protestierenden als „von außen aufgewiegelte Terrorbanden“. Hier zeigte sich eine starke Ignoranz gegenüber den Reformideen der aufbegehrenden Demonstranten. Frustriert davon wendeten sich viele Syrer – auch viele Intellektuelle und gut ausgebildete Fachkräfte wie z.B. Lehrer – den islamistischen Terroristen zu, obwohl gerade aus diesen beiden Gruppen heraus viele zunächst vor den Fundamentalisten gewarnt hatten. Aber die offensichtliche Unmöglichkeit von Reformen trieb viele Menschen aus diesen Gruppen auch in die Arme der Terroristen.
Als doppelseitiger Wendepunkt kann das Auftreten der ISIS (Islamic State in Irak and Syria, jetzt nur noch IS = Islamic State) gewertet werden. Nach dem großen militärischen Erfolg schlossen sich ihnen Menschen freiwillig und weniger freiwillig an. Trotzdem wuchs genauso der Widerstand der Syrer gegen diese Gruppe, die ein Kalifat im Bereich der Staaten Irak und Syrien errichten will und schon ausgerufen hat.
Menschen, die vorher gegen die Regierung gekämpft hatten, schlossen sich dem Regime nun wieder an um ISIS zu vertreiben. Zum Abschluss seines Vortrages ging Fawzy Naji noch auf die Perspektive der drei großen Akteure in der erweiterten Region ein.
Israel: Es würde lieber mit dem alten Regime zusammenarbeiten, da es seine Politik kennt. Auf der anderen Seite könnte man neue Machthaber beeinflussen, die Zusammenarbeit mit dem Iran und der Hisbollah einzustellen.
Russland: Es unterstützt das syrische Regime. Russland will seinen Stützpunkt in Syrien erhalten und ist gegen die Einmischung der USA in innere Angelegenheiten eines anderen Landes.
Die EU: Sie hat keine gemeinsame Linie in der Außenpolitik. Eine gemeinsame diplomatische Absprache der Nationalstaaten wäre hier wünschenswert!
Die 22. Sendung des Friedenszentrums bei Radio Okerwelle wird sich auch dem Thema Syrien widmen. Erstsendung: 28.7., Wiederholung Do., 1.8., 10 h auf UKW 104,6.