PM: Mit oder ohne Kirche – Zwang oder Toleranz?

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Nachdem die Evangelische Stiftung Neuerkerode kürzlich das Restaurant des Paläons in Schöningen als Betreiber übernommen hat wird die Unternehmensgruppe ihre Arbeit noch mehr nach Braunschweig verlagern – nun in historische Gebäude in Riddagshausen. Gleichzeitig wird jedoch auch bekannt, dass Neuerkerode speziell auf eine Gruppe Mitarbeiter einen gehörigen Druck ausübt. Die Mitarbeitervertretung informierte in ihrer MAV-Post darüber und schrieb unter anderem: „Auch in Neuerkerode gibt es Kolleginnen und Kollegen, die nicht Mitglied in einer christlichen Kirche sind. Eigentlich scheint es unmöglich zu sein aber bei ihrer Einstellung wurde darauf kein Wert gelegt. Vielleicht wurde es vergessen oder es wurde auch bewusst darauf verzichtet. Die Gründe sind sicher unterschiedlich, nur das Ergebnis ist das Gleiche: Keine Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche.“ Ob sich unter den angesprochenen auch Mitarbeitende mit jüdischer oder muslimischer Religion befinden, ist bisher nicht bekannt.

Foto: Kiche in Neuerkerode (Jürgen Kumlehhn)

Tatsächlich gab es vor allem unter Direktorenschaft von Pastor Joachim Klieme nach 1972 die Möglichkeit, ohne Kirchenmitgliedschaft in Neuerkerode ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Der Autor dieses Berichts hat ohne die Mitgliedschaft und ohne Kirchensteuern zahlen zu müssen von 1973 bis Ende 2006 in Neuerkerode gearbeitet. Auch unter Kliemes Nachfolger, Pastor Bernhard Isermeyer, wurden die kirchenfreien Mitarbeiter nicht unter Druck gesetzt, Mitglied zu werden. Nun wird diese tolerante Haltung abgeschafft. Denn, so schreibt die MAV: „Nun sollen alle eintreten. Diese Aufforderung wurde von der Personalabteilung an alle betroffenen Kolleginnen und Kollegen geschickt. Sie wurden nicht zu einem pastoralen Gespräch gebeten, in dem die persönlichen Gründe diskutiert werden, sondern sie werden um eine Bescheinigung gebeten, die eine Mitgliedschaft nachweist. Das verursacht natürlich Unbehagen. Es wird ein Druck aufgebaut.“

Die rechtliche Lage sei, so die MAV, eindeutig: Da bei der Einstellung bekannt war, dass keine Mitgliedschaft bestand, habe der Arbeitgeber diesen Umstand billigend in Kauf genommen: „Nun nachträglich eine Mitgliedschaft zu verlangen, ist rechtlich nicht zu halten.“

Wenn dieses rechtlich auch so zutrifft, bleibt jedoch die fatale Situation für die betroffenen Mitarbeiter. Sie befinden sich nun in einem Gewissenskonflikt und erleben die kommende Zeit mit dem Gedanken, dass ihr christlicher Arbeitgeber ihre bisherige sicher auch geschätzte Arbeit nur fortgesetzt haben möchte, wenn sie so tun, als seien sie gläubig.

Gerade gestern (12.9.2013) hat der Neuerkeröder Geschäftsführer Pastor Rüdiger Becker während einer Podiumsdiskussion der Sickter Grünen zum Thema „Stark gegen Rechts“ im Zusammenhang mit dem Thema „Fremdenfeindlichkeit“ darauf hingewiesen, dass es neben der Gemeinsamkeit mit Menschen mit Migrationshintergrund auch eine Gemeinsamkeit mit behinderten Menschen geben müsse, um rechtsradikale Haltungen nicht zum Zuge kommen zu lassen. Bereits im September 2009 hatte Becker der Neuerkeröder Mitarbeiterschaft dieses mitgeteilt: „Der Ernstfall Alltag entscheidet darüber, ob wir nur über Menschenwürde und Gleichberechtigung reden oder sie auch leben. Wer die Menschenwürde ernst nimmt, der ist notwendigerweise auch ein politischer Mensch, weil unsere Gesellschaft immer wieder auf den Diskurs angewiesen ist, damit sie die Erinnerung an ihre Wurzeln lebendig hält, damit wir nicht noch einmal der simplen Propaganda von alten und neuen Nazis auf den Leim gehen.“ .

Foto: Jürgen Kumlehn

Kirche in Neuerkerode

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