Offener Brief an den Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz Wolfram König

0


Sehr geehrter Herr Präsident,

mit großem Interesse habe ich Ihr beachtenswertes Interview „Jeder muss für sein Tun geradestehen“ in „Asse Einblicke“ Nr. 16 vom Februar 2012 gelesen.

Aus Ihrem Interview wird viel Verantwortungsbewusstsein und eine wirkliche Sorge um das Wohl der Bürger in der Asse-Region deutlich. Das will ich ausdrücklich anerkennen, zumal Sie persönlich vor dem Hintergrund Ihrer beruflichen Geschichte auch Vertrauen verdient haben. Ich glaube Ihnen also all das, was Sie über die Rückholung des radioaktiven Assemülls im Interview gesagt haben. Auf einige Aussagen möchte ich eingehen, und darum dieser Brief:

Zitat: „Zwar wünsche auch ich mir weiter zu sein auf dem Weg der sicheren Schließung der Asse. Aber es gerät offenbar in Vergessenheit, in welchem Zustand und unter welchen Bedingungen dem Bundesamt für Strahlenschutz die Verantwortung dieser Anlage zum Jahreswechsel 2009 übergeben wurde.“

 

Nein Herr König, es gerät nicht in Vergessenheit, in welchem Zustand Sie die Mitverantwortung für die Asse übernommen haben. Nichts wird vergessen! Der Zustand wird so gewesen sein, wie es die Bürgerinitiativen schon immer vermuteten und die Verantwortlichen immer abstritten, nämlich desaströs . Und das ist der Kern der Asse-Katastrophe. Wir vergessen nicht, wie uns 40 Jahre lang vorgelogen wurde, dass die Asse sicher sei. Es waren Lügen der Politik, des Betreibers, der zuständigen Behörden und der Industrie. Mit der Helmholtz-Gesellschaft als Betreiber hat sogar eine wissenschaftliche Institution gelogen. Es war ein konzertiertes Lügengebäude. Sie müssen nun die Laugen-Suppe und einiges mehr auslöffeln, wobei nicht nur die Asse-Lauge gemeint ist, sondern der fundamentale Vertrauensverlust in die oben genannten Institutionen. Dieses Vertrauen zurück zu gewinnen, ist mindestens so schwierig wie die Räumung der Asse selbst.

 

In den vergangen zwei Jahren gab es keinen Anlass Vertrauen in die Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit der politischen Institutionen zu setzen. Die politisch Verantwortlichen, die Umweltminister Röttgen und Sander, übernahmen nur verbal und zuständigkeitshalber Verantwortung – das war`s.

Erst durch erneute Bürgerproteste seit vergangenem Herbst bewegt sich wieder etwas. Sollten die abermaligen Versäumnisse mit dem Minister Sander zusammen hängen, so fragt sich, warum dieser nicht schon vor Jahren entlassen wurde. Das wäre aus der Politik das richtige und vertrauensschaffende Signal gewesen.

Nun wird auf die Firma Eckert&Ziegler in Braunschweig-Thune gesetzt, damit die die Asse-Lauge und später vielleicht noch mehr entsorgt. Sie erwarten Solidarität der Städte Braunschweig und Salzgitter.

Zitat: „In direkter Nachbarschaft zu Braunschweig existiert mit der Asse ein großes Umweltproblem mit Auswirkungen, die in letzter Konsequenz auch Folgen für die Region haben könnten. Dennoch lehnt Braunschweig es ab, die Laugen aus der Asse dort behandeln zu lassen. Ähnliches erleben wir in Salzgitter, wo man den rückgeholten Abfall nicht im Endlager Konrad einlagern möchte. Unabhängig von berechtigten Fragen an das Entsorgungsunternehmen in Braunschweig geht es für mich um Solidarität. […]. Wir müssen alle für eine bessere Situation sorgen. Dazu gehört es auch, ein Stück Verantwortung zu übernehmen für Probleme, die man nicht selbst verursacht hat.“

Bei dem Problem E&Z geht es zunächst nicht um Solidarität, die im Protest sehr wohl gezeigt wird. Es geht zunächst um die Bringschuld der Verantwortlichen. Es ist nicht erkennbar, dass die maßgeblichen Institutionen verantwortlich handeln. Es reicht eben nicht aus, nur auf die Rechtslage zu verweisen und dass E&Z die rechtlichen Bestimmungen einhält, so sie es denn tut. Und selbstverständlich sind nach den schlimmen Erfahrungen mit den Institutionen die Bürger Braunschweigs auf der Straße, wenn neben einer Schule und an Wohngebiete angrenzend radioaktiver Asse-Müll aufgearbeitet werden soll.

Es gab bisher keinen Anlass zu der Hoffnung, dass sich diese Firma verantwortlich verhält. Die scheint noch nicht mal das Problem erkannt zu haben. Die Äußerungen des Firmeninhabers Dr. Eckert bei seinen öffentlichen Auftritten weisen darauf hin, dass er die Verantwortung nicht wahrnehmen kann. Ein erfolgreicher Unternehmer muss noch lange nicht die hier besonders erforderliche sittliche Reife haben, ein solches Projekt erfolgreich zu bearbeiten.

Selbstverständlich müssen wir Lehren aus der Asse ziehen. Darauf gehen Sie näher ein:

 „Welche Lehren kann man aus der Asse ziehen?

[…] Vor allem geht es um die Grenzen des Wissens, die Übernahme von Verantwortung und die öffentliche Auseinandersetzung mit der Frage, wie sicher eine derartige Anlage ist. Ich würde mir übrigens wünschen, dass sich nicht nur die Politik, sondern auch die Wissenschaft damit beschäftigt, die Fehlentwicklung in dem ehemaligen Forschungsbergwerk Asse II systematisch aufzuarbeiten. […] Das Wichtigste aber: Die Vergangenheit zeigt, dass heute jeder, der am Prozess beteiligt ist, sein Tun legitimieren muss. Jeder der Beteiligten muss Verantwortung für das Gelingen der sicheren Schließung übernehmen. Keiner der Beteiligten darf sich auf die Rolle des Kommentators am Spielfeldrand zurückziehen.“

 

Dem ist vorbehaltlos zuzustimmen. Falls Sie mit dem letzten Satz auch die Bürgerinitiativen gemeint haben sollten, muss ich jedoch widersprechen. Die Bürgerinitiativen waren bisher die einzigen, die Verantwortung gezeigt haben! Und das werden sie auch weiterhin tun.

 

Mit freundlichem Gruß

Uwe Meier

 


Kommentare   
 
0 #6 Lilo 2012-02-11 12:41
Das Umweltministerin schrieb am 22.3.2011: „…Danach gebe es gegen untertägige Versuche zur Entfernung von Cs-137 aus Lauge und späteren Verarbeitung keine Eiwände…“ Weiter ist von einer „3x3m großen Bearbeitungsbox “ die Rede, die dort zu installieren wäre.
Diese „Boxen“ benutzt die Firma auch auf ihrem Gelände. Wo liegt das Platzproblem?
 
 
 
0 #5 Castor 2012-02-10 13:06
Dann beauftragt doch Eckert und Ziegler die Lauge mit Hilfe seines russischen Sub-Unternehmers auf dem Assegelände aufzubereiten!_ _Ich glaube, dass andere Gründe dagegen sprechen, um in naher Zukunft die Lauge in der ASSE zu behandeln.__Räumliche Gründe: die Asse bietet eben momentan nicht die erforderliche Arbeitsumgebung , um Umwelt und Mitarbeiter bei der Behandlung der Lauge vernünftig abzuschirmen__Auch hier muss die verstrahlte Restmenge transportiert werden._Schacht Konrad steht als Lagerstätte nicht oder noch nicht zur Verfügung, so dass das gleiche Risiko beim Transport andere Städte und Gemeinden betreffen würde.__Also wäre die Behandlung in Thune eine mögliche Alternative. Selbstverständl ich unter Ausschöpfung aller möglichen Sicherheitsmaßn ahmen beim Transport und bei der Behandlung.__Es handelt sich bei der Behandlung der Lauge nicht um einen Dauerzustand. Ich bin der Meinung, man könnte diesen Kompromiss den Bürgern in Thune zumuten!__Eine weitere Alternative wäre zum Beispiel, die Lauge unbehandelt zwischenzulagern! Aber wo? Auch hier sind wieder die gleichen Probleme. Oder lasst doch die Lauge dort, wo Sie ist und wartet auf ein Wunder!_Wie will man überhaupt nur ein Fass aus der Asse bergen, wenn schon die Behandlung der Lauge so ein Problem darstellt?
 
 
 
0 #4 Peter Rosenbaum 2012-02-09 12:39
Leider ist hier mein letzter Kommentar nur verstümmelt freigeschaltet worden, es ging natürlich noch weiter mit dem Briefausschnitt , worin sich am 18.3.2011 der Minister mit Herrn König BfS über die unterTage Filtrierung der Lauge ausgetauscht hatten.

Warum das nicht gemacht wurde? Weil der sog. Abgrenzungsvert rag zwischen Eckert&Ziegler (die die Kompetenz der Filtrierung gar nicht beherrschen) zur Sub-Fachfirma Alliance Gamma das eben nicht erlaubte.

Man kann nur spekulieren, warum das Auftauchen der Moskauer Firma am und im ASSE-Schacht evtl. nicht erwünscht war, von keiner Seite.
 
 
 
0 #3 Wilma Armbrecht 2012-02-09 12:00
@ Peter Rosenbaum: Na, was steht denn da? Wer treibt hier seine Spielchen?
Wenn die Lauge direkt am Asse-Schacht unter Tage filtriert werden kann, warum wird es dann nicht gemacht?

Herr König hat einen Job, bei dem er nur verlieren kann
Das Thema wird inzwischen politisch ausgeschlachtet und da wir bald wieder Wahlen haben, wird bei der Asse vermutlich nichts passieren.
Die Asselauge wird vermutlich in der Asse bleiben, weil durch die Panikmache niemand mehr den schwarzen Peter haben will!
So wird die Sanierung der Asse erfolgreich verhindert! Ist das das Ziel?
Dabei konnte bei der Laugenprobe das radioaktive Cäsium restlos aus dem Laugenwasser entfernt werden!
Hier nachzulesen:
http://www.umwelt.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=2147&article_id=100054&_psmand=10
 
 
 
0 #2 Peter Rosenbaum 2012-02-08 20:38
Auch Herr König (BfS) treibt ein Spielchen (von wegen Solidarität der Braunschweiger, nicht die ASSE-Lauge in Thune haben zu wollen)…_Die sollte doch mit seinem fachlichen Einverständnis gar nicht in Thune, sondern problemlos im ASSE-Schacht unter Tage filtriert werden, wie_ein Brief des Umweltministeri ums vom 22. März 2011 Auskunft gibt. Da steht:__
 
 
 
0 #1 Lilo 2012-02-08 13:49
„Die politisch Verantwortlichen, die Umweltminister Röttgen und Sander übernahmen nur verbal und zuständigkeitshalber Verantwortung – das war`s.“

Schön reden? Kann man verbal überhaupt Verantwortung zeigen? Ich denke, nur durch Taten. Und das, was die Verantwortliche n wie Merkel, Röttgen, Sanders bislang getan haben, war unverantwortlich. Punkt.

 
 

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.