Nach-Corona-Wirtschaft: Nichts bleibt wie es mal war

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Foto: Frauke Feind pixabay

„Diese Krise beschleunigt Entwicklungen, die wir schon vorher beobachtet haben“, so Breton, der frühere Chef des IT-Konzerns Atos. Ursula von der Leyen spricht von einer „achtsamen Globalisierung“ und meint, dass man Handelsströme und Lieferketten nicht mehr ausschließlich ökonomisch sehen könne.

Über ein Drittel aller weltweit produzierten Industrieprodukte kommen heute von chinesischen Unternehmen. Seit dem WTO-Beitritt 2001 ist China zur Werkbank für die Welt geworden. Das McKinsey Global Institute (MGI) hat errechnet, dass die Weltwirtschaft – gemessen an Handels-, Technologie- und Kapitalströmen – 2017 drei Mal abhängiger von China war als im Jahr 2000.

Etwa 50.000 Unternehmen weltweit haben nach einer Untersuchung der Unternehmensberatung Dun & Bradstreet einen Systemlieferanten in der Region um Wuhan. „Viele Länder und Unternehmen denken jetzt verstärkt darüber nach, ob sie zu stark auf Lieferungen aus China angewiesen sind“, sagt Max Zenglein, Chefökonom des Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin.

„Wache Leute hatten die Globalisierung schon lange als gefährliche Sackgasse erkannt. Die Corona-Krise zeigt, wie recht sie haben“, so Niklaus Ramseier in INfosperber. Auch Handels- und Wirtschaftszeitungen weltweit thematisieren nun die «Relokalisierung» (Rückverlagerung) der Produktion. Teils nur unter engem, betriebswirtschaftlichem Blickwinkel (Es könnte sich lohnen). Zusehends aber auch mit breiterem Blick auf die fatalen Folgen der Globalisierung für die Umwelt und die Lebensgrundlagen sowie auf die rasch schwindenden endlichen (nicht erneuerbaren) Ressourcen.

Der englische Philosoph John Gray nennt darum die Corona-Krise einen «Wendepunkt». Er hat am 1. April im «New Statesman» in einer grundsätzlichen Analyse gewarnt, sonst werde die endlos wachsende, globalisierte Wirtschaft «den Planeten in eine Müllhalde verwandeln». Gray stellt fest: Mit zunehmender Globalisierung habe auch das Risiko der Ausbreitung gefährlicher Krankheiten zugenommen. Er schreibt: «Für globale Probleme gibt es nicht immer eine globale Lösung.» Denn die Idee, dass diese Krise durch einen «nie dagewesenen Ausbruch internationaler Kooperation gelöst werden könnte», habe sich «als Wunschdenken in der reinsten Form» erwiesen.“

Doch die eigentliche Gefahr lauert am Bahnübergang, an dem die Schranke nur halb hoch ist. „Wenn sie wieder ganz hoch geht und der Corona-Zug weg ist, lauern dahinter gleich mehrere und langfristig viel gefährlichere Probleme: Vorab die Klimaerwärmung. Sie ist eine Folge der fast total(itär)en, neoliberalen Profit-, Wachstums- und Verschleiss-Wirtschaft.“ Lesen sie dazu: „Corona beschleunigt die unausweichliche Deglobalisierung.“

Aktuell: Export-Schock: Hoffnung auf rasche Erholung schwindet

1 Kommentar

  1. s.o.: Ursula v.d. Leyen spricht von einer „achtsamen Globalisierung“ …
    Tatsächlich? Für mich zeigt ihr praktisches Vorgehen mit dem Engagement von´Blackrock´ als „Beratungsunternehmen“ für den vermeintlich geplanten Green New Deal der EU wesentlich präziser,
    wohin der Zug fährt.
    Strukturelle Gewalt des weiter expandierenden Neoliberalismus und die Jagd nach Rendite um jeden Preis sind bis auf weiteres VdL´s ewiggestrige, bereits beschlossene – „Vision“ für Europa. Der Markt wird es richten…
    Globalisierung bleibt damit ein „unverzichtbarer“ Teil des Systems, in dem Wachstum künftig ausschliesslich den Superreichen vorbehalten sein soll.
    Die Lockdown-bedingte Verschuldungsfalle kann die meisten Staaten zu Grunde richten, bzw. in die Verschuldungsfalle nach dem Modell Griechenlands treiben (Lockdownbedingte Hilfen u. Bürgschaften in BRD bis jetzt lt. Deutsche Bank 1,9 Bio.).
    Am Ende verwandelt sich staatliches Handeln eine diffuse, digital organisierte global Governance, ein paar Handlanger besorgen die Politik mit Nostalgie und Lokalkolorit, um die Weltbevölkerung medial bei Laune zu halten…
    Systembedingt noch stärker vereinzelte Menschen sollen Umweltkrisen im planetarischen Ausmass dann verantwortlich managen? Lächerlich.
    Ohne Systemwechsel und Sturz der so genannten Eliten wird es auf ein Ende mit Schrecken hinauslaufen. Wesentliche Kipppunkte sind bereits überschritten.
    Corona hat den Stellenwert eines perfekten Ablenkmanövers und ich bin nun gespannt auf die Grössenordnung der sogenannten Kollateralschäden.

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