1055 Bäume in der Stadt überlebten die Hitzesommer 2018 und 2019 nicht. Um sie zu ersetzen, warb die Stadt 1,7 Millionen Fördergelder ein, so dass sie nur 200.000 Euro dazugeben musste. Aus verschiedenen Gründen reicht nun das Geld nicht für alle Bäume, sondern nur für 700; sie werden bis Frühjahr 2025 gepflanzt. Für die noch nicht finanzierten 355 Bäume müsste die Stadt nun 900.000 Euro nachschießen. Sie tut das aber nicht und verzichtet auch auf einen Haushaltsantrag, um die fehlenden Gelder doch noch freizumachen.
Dieselbe Stadt gibt aber Millionen Euro für ein neues Terminal des Flughafens aus, also für eine Einrichtung, die im Wesentlichen der Bequemlichkeit der touristischen Fluggäste dienen wird. Fluggäste? Ja, richtig gelesen, das Etikett „Forschungsflughafen“ war wohl doch nicht wirklich ernst gemeint. Ein neues Terminal zieht mehr Fluggäste an, sorgt also auf Dauer für eine Erhöhung der Zahl der Flüge, also für etwas, das klimapolitisch alles andere als wünschenswert ist. Mit anderen Worten: die Stadt gibt Millionen für ein Projekt aus, das dem Klimaschutz entgegenwirkt, während sie das Geld für den Ersatz von 355 Bäumen verweigert.
Noch schlimmer: im Haushalt 2025/26 sind 9 Millionen weniger für die Grünflächenabteilung geplant
Aber damit nicht genug: Gleichzeitig wird bekannt, dass die Grünflächenabteilung der Stadt in den kommenden zwei Haushaltsjahren auch noch jeweils 4,5 Millionen einsparen soll – insgesamt also 9 Millionen Euro! Um die katastrophale Bedeutung dieser Entscheidung zu verstehen, muss man sich Folgendes vergegenwärtigen: Der Deutsche Städte- und Gemeindebund schätzt die Folgen des schon begonnenen Klimawandels als so schwerwiegend ein, dass er bei den Städten einen Investitionsbedarf von acht Milliarden Euro für Maßnahmen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung sieht. Die klimapolitisch eher zurückhaltende FAZ spricht von einer „Herkulesaufgabe Klimaanpassung“ und betont, dass der Hitzeschutz nicht warten könne. Es brauche u. a. eine „realistische Kaltluftplanung für Städte und mehr Grünflächen“. Die Pflanzung möglichst klimaangepasster Bäume und Sträucher gehört dabei zu den unverzichtbaren Maßnahmen, um unsere Städte trotz des Klimawandels lebenswert zu erhalten.
Bisher haben aber nur zwölf Prozent der deutschen Kommunen ein Klimaanpassungskonzept. Städte wie Nürnberg, die diese Aufgabe schon vor mehr als 10 Jahren angegangen sind, sind die Ausnahme. In der Stadt Braunschweig ist immerhin ein Prozess begonnen worden, der zur Ausarbeitung eines solchen Konzeptes führen soll. Bedienstete der Stadt, Wissenschaftler der TU und interessierte Bürger nehmen sehr motiviert an diesem Prozess teil, der in einen Ratsbeschluss im kommenden Jahr münden soll.
Klimaanpassung mit weniger Bäumen und weniger Geld – ein Ding der Unmöglichkeit
Vor diesem Hintergrund erscheinen die oben genannten Entscheidungen der Stadt geradezu widersinnig. Man wird einfach den Eindruck nicht los, dass die Ratsmehrheit und besonders die Stadtspitze den Begriff „Klimaanpassung“ zwar gern in ihre Reden einflechten, die Sache selber aber überhaupt nicht ernst nehmen. Sie machen einfach weiter wie bisher. Das führt zu Frustrationen bei denen, die an einer erfolgreichen Klimaanpassung unserer Stadt arbeiten, und es verhindert, dass die Aufgabe zügig und umfassend angegangen werden kann. Es schadet letztlich der Zukunft unserer Stadt. Natürlich fragt man sich, warum sich insbesondere die grüne Ratsfraktion (und der von ihr gestellte Dezernent) derart massiv gegen die vor den Wahlen angegebenen Ziele versündigen. Oder kommt da noch etwas?
(Verwendete Quellen: BZ vom 17.9.24, FAZ vom 17.8.24 und FAZ vom 14.9.24)