Einige Bemerkungen zum Gerichtsverfahren in Sachen Demonstrationsrecht und Rosenbaum

0

Eigentlich ist es jedem Gericht ein Gräuel, zwischen die politischen Fronten zu geraten. Doch lässt sich das nur schwer vermeiden, wenn ein Streit zwar vor Gericht ausgetragen wird, aber politische Wurzeln hat und auch weiterhin politisch motiviert ist. So wirft die Stadt Ratsherr Rosenbaum vor, dass er sich „grob rechtswidrig“ verhalte und die Grenzen des Versammlungsrechts, wie sie ihm durch Auflagen gesetzt seien, nicht beachte. Rosenbaum wirft der Stadt dagegen – in allegorischer Form – vor, dass sie ihn mit rechtswidrigen Auflagen drangsaliere: „Man trifft den Leithammel, um die Herde unter Kontrolle zu bekommen,“ wird er von der Braunschweiger Zeitung zitiert.

Das salomonisch beseelte Gericht erkannte mit ausgewogenem Urteil, dass beide Parteien ihre Vorwürfe zu Recht erheben, das verbale Hauen und Stechen damit beidseits zu Recht erfolgt.

  • Für drei entschiedene Fälle waren die Auflagen rechtmäßig: wie die Stadt richtig sieht, steht Rosenbaum hier im Unrecht.
  • Für vier entschiedene Fälle waren die Auflagen rechtswidrig: wie Rosenbaum richtig sieht, steht die Stadt hier im Unrecht.

(einen von Rosenbaum zur Entscheidung vorgetragenen Fall nahm das Gericht nicht an).

Beide Seiten stehen also im Unrecht, entschied das Gericht, indem es ihnen hierin recht gab, und implantierte mit seiner ausgleichenden Gerechtigkeit einmal mehr den Genius der kosmischen Harmonie in die unvollkommene soziale Welt. (Röm. 3,5: „wenn aber unsere Ungerechtigkeit Gottes Gerechtigkeit nur noch besser ins Licht stellt, was sollen wir dazu sagen?“)

Ablehnung des Versammlungsleiters im Verfahren 5 A 82/10

Zum Teil wurden die versammlungsrechtlichen Auflagen als rechtswidrig eingestuft, zum Teil als rechtmäßig bestätigt. Eine Zusammenstellung der Entscheidung zu den einzelnen „Auflagen“ findet sich auf der homepage der BIBS-Fraktion.

Den meisten Raum nahm vor Gericht die Verhandlung über die Auflage der Ablehnung Rosenbaums als Versammlungsleiter im Verfahren 5 A 82/10 ein (eine andere Ablehnung als Versammlungsleiter hatte das Gericht als rechtswidrig eingestuft).

Wenig präzise brachte die Braunschweiger Zeitung den Grund für die als rechtmäßig bewertete Ablehnung in die Schlagzeile ihres nicht frei im Internet verfügbaren Berichtes: „Gericht: Rosenbaum gefährdete bei Flughafen-Protesten die Sicherheit“. Das war so, bzw. genau so nicht der Fall.

Als legitimen Grund für die Versammlungsbehörde, Rosenbaum als Versammlungsleiter abzulehnen, sah das Gericht die Polizeiprotokolle, in denen berichtet wurde, dass Rosenbaum in den „Sicherheitsbereich“ eingedrungen war und auch andere nicht davon abgehalten hatte, dies zu tun. Nun sind Sicherheitsbereiche meist „großzügig“ abgesteckt und umfassen regelmäßig auch Bereiche, in denen die Harvester gerade nicht arbeiten. Das Eindringen in den Sicherheitsbereich genügte dem Gericht für seine Entscheidung. Ob darüber hinaus im Einzelfall unmittelbare Gefahr für Leib und Leben bestand, ob die Harvester überhaupt liefen, ob die Grenzen des Sicherheitsbereiches deutlich abgesteckt und sichtbar waren, all das war nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung vor dem Verwaltungsgericht, die Überprüfung und Bewertung solcher Tatsachen sah es als Aufgabe des Strafgerichtes.

Laut den Polizeiberichten konnten die Arbeiten der Harvester jeweils planmäßig zu Ende geführt werden. Tatsächlich hatten die Störungen also mehr symbolischen Charakter, denn eine nachhaltige Störung fand offenbar nicht statt. Verletzt wurde niemand, es ist auch nicht klar, ob je eine Person tatsächlich soweit in den „Sicherheitsbereich“ eindrang, bevor die Maschinen dann ihre Arbeit einige Male für eine kurze Zeit eingestellt hatten, dass sie unmittelbar gefährdet wurde, d. h. ob Personen den arbeitenden Maschinen so nah kamen, dass sie von den Arbeitsgeräten selbst oder von umstürzenden Bäumen verletzt werden konnten. Hierin, trug Rosenbaum vor, sah er seine Aufgabe, mit Hilfe eines Megaphons dieses direkte und unmittelbare Zusammentreffen zu verhindern.

Für das Gericht waren solche Überlegungen nicht entscheidungserheblich. Sie gehören in das Strafverfahren. Und auch die Versammlungsbehörde durfte und musste die Polizeiprotokolle als Grundlage für ihre Entscheidung nehmen, so das Gericht. Ein darin vermerktes Eindringen in den Sicherheitsbereich konnte für die Behörde Grund genug sein, Rosenbaum für ähnliche Situationen als Versammlungsleiter abzulehnen. Dieser Bescheid sei für diese Auflage somit rechtmäßig.

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.