Dr. Hoffmann, die CDU und die Verachtung der Demokratie (zweiter Teil)

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Ungeachtet des Verlustes seiner Mehrheit (schlechtestes CDU-Ergebnis einer Ratswahl seit 37 Jahren) will Dr. Hoffmann noch schnell Fakten schaffen, und zwar mit dem alten, überholten Verwaltungsausschuss und dem alten, ebenfalls überholten Rat. Den ersten Streich hat er am vergangenen Dienstag ausgeführt (500 000 Euro, um dem Spruch der Vergabekammer zuvor zu kommen). Am kommenden Donnerstag soll der zweite Streich folgen.

Fall Nr.2: Schnellverkauf eines First-Class-Superior-Grundstücks für wenig Geld ?

Die Stadt soll nun schnell noch mit alter Ratsmehrheit das 10.500 Quadratmeter große Grundstück im Bürgerpark verkaufen, und zwar für 850.000 Euro. Das ist nicht viel, es entspricht einem Quadratmeterpreis von knapp 90 Euro. Für das Schlossparkgrundstück wurde von einem Quadratmeterpreis von 1.350 Euro ausgegangen ( ECE zahlte allerdings bekanntlich gar nichts für das Areal, aber das ist ein anderes Thema). Im Wallringgebiet mag der Quadratmeterpreis bei 400-500 Euro liegen. Selbst wenn man für das Grundstück im Bürgerpark nur 350 Euro veranschlagte, bliebe immer noch ein Kaufpreis von über 3,6 Millionen übrig – statt lediglich 850.000 Euro.

Das ist aber noch nicht alles.

Dem Käufer mit dem poetischen Namen „Zwanzigste bauwo Business Center GmbH“ wird der Kaufpreis gemindert „um die Kosten der Baureifmachung des Grundstücks“ (Ratsvorlage vom 22. September); da das nach Schätzung des Käufers 416.500 Euro wären, blieben 433.500 Euro als Kaufpreis übrig, also etwa die Hälfte.

Baureifmachung“ – hatten wir das nicht schon einmal ?

Tatsächlich, die Kanada Bau, der erste Vertragspartner in derselben Sache, hat für die „Baureifmachung“ desselben Grundstücks bereits satte 340.000 Euro von der Stadt erstattet bekommen. Die zu erledigenden Aufgaben wie das Problem der Schadstoffbelastung im Boden waren in der damaligen Ratsvorlage bereits klar benannt worden, dennoch hatte die Stadt nach eigener Aussage darauf verzichtet, eine Obergrenze bei der Übernahme von Entsorgungskosten festzulegen (also eine Summe für die Abrissarbeiten usw.). Kanada Bau fand keinen Investor, konnte das Grundstück zurückgeben, nur baureif ist es offenbar immer noch nicht. Nun sind noch einmal 416.500 Euro notwendig, die wiederum die Stadt zahlen soll.

Steigenberger will Hotel im Bürgerpark bauen“ (BZ) ? Stimmt nicht !

Was soll die Stadt dafür bekommen? Angeblich ein Spitzenhotel, von dem die Stadt in vielfacher Hinsicht profitiere. Diese verlockende Aussicht war dem Rat aber schon 2008 wie eine Mohrrübe dem Esel vor die Nase gehalten worden. Offenbar hat das die Mehrheit so betört, dass sie die Einzelheiten gar nicht mehr überprüft hat. Nachdem der Plan gescheitert ist, soll er nun erneut nach einem sehr ähnlichen Strickmuster angegangen werden. Und das geht so: keineswegs will Steigenberger das Hotel bauen (in der Pressemitteilung der Stadt ist deshalb der Name auch in Anführungszeichen gesetzt, die hat BZ-Redakteur Rothermund in seiner Begeisterung gleich mal weg gelassen). Steigenberger will das Hotel auch nicht betreiben.

Geschäftspartner der Stadt soll vielmehr schon genannte „Zwanzigste“ werden, eine 100%ige Tochter der bauwo AG, die einem Herrn Rathenow gehört, der Alleinaktionär und zugleich Vorstandsvorsitzender dieser AG ist. Zur Beruhigung hat die AG eine sogenannte Patronatserklärung für ihre Tochter vorgelegt (die „Zwanzigste“ haftet ja nur beschränkt). Aber wer weiß schon, was da drin steht? Es gibt höchst unterschiedliche Ausführungen, zum Beispiel „weiche“ und „harte“.

Die „Zwanzigste“ nun will einen Pachtvertrag mit der „arcona 10. Betriebsgesellschaft mbH“ realisieren. „Arcona“ – so die Ratsvorlage – „beabsichtigt das Hotel in Braunschweig mit dem Brand (also unter der Marke, A. M.)´Steigenberger´ zu betreiben“.

Entscheidung im Schnellverfahren trotz Unklarheiten und Ungereimtheiten ?

Viele Einzelheiten der Zusammenarbeit der Stadt mit Kanada Bau waren – milde gesagt – seltsam, wie auf „braunschweig-online.com“ ausführlich dokumentiert wird. Allein das wäre Grund genug, den geplanten neuerlichen Deal in gleicher Sache seitens des Rates besonders kritisch zu überprüfen.

Doch erst am 22. September haben die Ratsvertreter die Vorlage bekommen, also zwei Wochen vor dem geplanten Beschluss. Vor allem aber: sie kennen nicht den Vertrag, den die Stadt mit der „Zwanzigsten“ nach dem Willen von Dr. Hoffmann vereinbaren soll. Er liegt den Männern und Frauen bis zur Stunde gar nicht vor. Selbst wenn sie ihn noch vor Donnerstag zu Gesicht bekämen, wäre die Zeit zur Prüfung viel zu kurz, zumal dazu juristischer Sachverstand hinzugezogen werden muss. Der Rat soll also die Hand heben für die Annahme des „notariellen Angebots bezüglich des Verkaufs des städtischen Grundstücks“, ohne den konkreten Inhalt überprüfen zu können. Entscheidung ohne ausreichende Information – das ging schon öfter schief.

Aber der „Investor“ fordert Entscheidung bis 31. Oktober ?

Schon erstaunlich, dass die „Zwanzigste“ nicht ein, zwei Wochen länger warten kann, schließlich tritt der neue Rat eine Woche nach der angeblich gesetzten Frist zusammen, am 8. November. Begründet wird die Eile von der Stadt mit dem gegenwärtigen „historisch niedrigen“ Zinsniveau. Die in Wirtschaftskreisen hoch angesehene FAZ schreibt dazu in ihrer jüngsten Ausgabe vom 1. Oktober, dass Baukredite auch „weiterhin günstig bleiben“. Die EZB halte die Zinsen niedrig und werde sie auf absehbare Zeit auch nicht erhöhen. Und: „Der Verband der privaten Banken sieht derzeit auch kaum die Gefahr steigender Preise, zumal sich das Wirtschaftswachstum gerade verlangsame.“

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