Die Wasserwelten – Was ist fehl gelaufen?

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Um die Antwort vorweg zu nehmen: Wenn man die Planung und Umsetzung der Wasserwelten betrachtet, dann ist so ziemlich alles fehl gelaufen, was fehl laufen kann. Im Projektmanagement gibt es drei Variablen, die vor Beginn eines Projektes klar definiert werden müssen: das Ziel, das Budget und der Zeitrahmen. Das Budget ist mit derzeit 32 Millionen Euro fast doppelt so teuer wie geplant. Die Eröffnung im Frühjahr 2012 ist um mindestens zwei Jahre verschoben. Schlimmer ist jedoch, dass schon bei der Zielfindung keiner wusste, worum es eigentlich geht.

Es spricht nichts dagegen, ein großes, innovatives Spaßbad zu bauen, das Schwimmen mit Spaß, Kultur, einer Saunalandschaft und Gastronomie verbindet. Ein solches Schwimmbad wäre für Braunschweig ein Aushängeschild, das – sofern es gut umgesetzt wird – auch eine Attraktion für die ganze Umgebung ist. Das Badeland Wolfsburg, Norddeutschlands größtes Freizeit- und Erlebnisbad, ist ein gutes Beispiel für ein gelungenes Schwimmbad. Vermutlich hatten die Ratsmitglieder ähnliche Bilder im Kopf, als 2007 über das neue Bäderkonzept abgestimmt wurde.

Das Konzept der Wasserwelten ist jedoch nur als halbgar. Für Schwimmer bietet das Bad nur wenig Raum. Wochentags bietet das Schwimmbad weniger Bahnen als das Gliesmaroder Bad, und Turmspringer müssen sich den Platz mit den Schwimmern teilen, weil es kein eigenes Sprungbecken gibt. Und welche Besonderheiten gibt es? Zwei so genannte Riesenrutschen, die gar nicht so riesig sind, und einen Strömungskanal. Innovation? Fehlanzeige.

Im Beschlussvorschlag „Neues Freizeit- und Erlebnisbad“ von 2007 klingt das noch anders, da wird noch eine Eislaufhalle geplant:

Nach dem Ratsbeschluss vom 29. September 2004 „soll in der Planung optional die Möglichkeit dargestellt werden, dem Freizeit- und Erlebnisbad eine Eislaufanlage anzugliedern. Die Entscheidung, ob diese Option im weiteren Ausschreibungsverfahren beibehalten wird, trifft der Verwaltungsausschuss.“ Eine entsprechende Fläche ist südlich des Bades vorgesehen.

Und eine Diskothek:

Weiterhin ist auf dem Grundstück ein ca. 1.200 m² großes Areal für den Bau einer Diskothek eingeplant. Hier besteht die Absicht, dass ein Dritter – voraussichtlich im Rahmen eines Erbbaurechtes – die Diskothek auf eigene Kosten errichtet und betreibt. Dadurch ergeben sich zusätzliche Einnahmen (Erbbauzins, Pachtzahlungen für die gemeinsam zu nutzende Parkplatzfläche).

Beides spannende Ideen, welche gut zum Schwimmbad gepasst hätten. In die Wasserwelten integriert wurde jedoch ein privates Fitness-Studio, von dem im Ratsbeschluss keine Rede ist. Gegenüber normalen Schwimmbadbesuchern muss man die Mitglieder dieses Studios als privilegiert bezeichnen. Der Monatsbeitrag im Fitness-Studio kostet 54,99 €, weniger als ein wöchentlicher Saunabesuch in den Wasserwelten. Dafür erhalten die Mitglieder kostenfreie Parkplätze, jederzeit freien Eintritt in Schwimmbad und Sauna, diverse Fitnesskurse, kostenfreie Getränke und was entscheidend ist: Sie können auch wochentags Schwimm- und Aquakurse im Sportbad der Wasserwelten besuchen. Wer also die Wasserwelten häufig und günstig nutzen möchte, sollte also schnellstmöglich Mitglied im workout wasserwelt werden. Hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Stadt nicht den Wettbewerb verzerrt, indem ein Fitness-Studio die Wasserwelten nutzen kann, andere Fitness-Studios außen vor bleiben. Auch erhöht sich vermutlich der städtische Zuschussbedarf, wenn viele Schwimmbad- und Saunabesucher nur den geringen Fitness-Studio-Beitrag bezahlen.

Es wäre spannend, Einsicht in die Verträge zu bekommen. Die derzeitige Mitgliedschaft im Fitness-Studio ohne Schwimmbad kostet 26,99 €, ich vermute daher, dass das Studio für jedes Mitglied rund 30 Euro monatlich für die Benutzung der Wasserwelten zahlt. Eine ähnliche Schwimmbad-Flatrate inklusive kostenfreier Parkplätze, Saunabesuch und Fitnesskursen im Sportbecken ist für „normale“ Besucher leider nicht vorgesehen.

Noch einmal kurz zusammengefasst: Aufgrund unrealistischer, zum Teil falscher Zahlen wurde gegen den Willen der Bürger ein langweiliges, viel zu teures Schwimmbad viel zu lange gebaut, das wenig Spaß und wenig Raum zum Schwimmen bietet, jedoch für ein privates Fitness-Studio von großem Vorteil ist.

Gibt es auch Lichtblicke dabei? Ja, die gibt es!

Das Freibad in Waggum bleibt erhalten und erfreut sich großer Beliebtheit. Und auch beim Badezentrum Gliesmarode gibt es gute Hoffnung, dass es erhalten bleibt. Beide Schwimmbäder haben sehr aktive Fördervereine und sind kleine soziokulturelle Zentren, die in ihren Stadtteilen eine wichtige Funktion erfüllen. Zusammen mit dem Kennelbad gibt es also bald drei Schwimmbäder, die von bürgerschaftlichem Engagement in Verbindung mit Sponsoren getragen werden. Und vielleicht lässt sich auch das Nordbad noch retten. Wenn man dazu noch das Schwimmen in der Oker erlaubt – viele Anwohner schwimmen schon in der Oker -, dann haben wir eine spannende Badelandschaft in Ergänzung zu den Wasserwelten.

Ein Beispiel für gelungenes Engagement: das Freibad Waggum

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